Zollcompliance (Trade Compliance) beim Import und Export ist oft eine komplexe Angelegenheit. Unternehmen schalten für den Import und Export in der Regel spezialisierte Zolldienstleister ein. Doch die Erfahrung zeigt, dass es selbst dort oft zu Fehlern kommt.

Gerade vor dem Hintergrund zunehmender Wirtschaftsbeschränkungen, wie beispielsweise nach Russland oder in die Ukraine, stellt die Geschäftsleitung vieler Unternehmen vor Herausforderungen.

Dann gerät die Geschäftsleitung des Unternehmens in den Vordergrund – denn sie muss auch externe Dienstleister sorgsam auswählen und kontrollieren. Es obliegt Ihnen als Geschäftsführer eines importierenden oder exportierenden Unternehmens, dass alle relevanten Handels- und Zollvorschriften eingehalten werden.

In der Geschäftsführung ist das Bewusstsein für Zollrisiken (Compliance-Aspekt) meist nicht sehr ausgeprägt. Erst wenn es zu Strafverfahren oder Bußgeldverfahren wegen Compliance-Verstößen gegen die Geschäftsführung selbst kommt, wird der Zoll-Compliance erhöhte Aufmerksamkeit geschenkt.

Compliance beim Zoll muss aber nicht nur als notwendiges Übel gesehen werden. Vielmehr stecken hierin auch erhebliche Chancen in Form von Kosteneinsparungen. Zollcompliance sollte daher in keiner Gesamtorganisation eines Unternehmens fehlen.

Im Übrigen ist es ein weit verbreiteter Irrglaube, dass Compliance nur für Großunternehmen ein wichtiger Baustein in der Organisation ist. Natürlich hat ein multinationales Unternehmen ganz andere Anforderungen an eine funktionierende Compliance als ein Unternehmen des Mittelstandes. Eine ganze Complianceabteilung wird sich bei KMUs oft nicht einrichten lassen. Aber auch bei KMUs kann mit wenigen Handgriffen eine Compliance-Struktur geschaffen werden, die Risiken für die Geschäftsführung minimiert und nicht kostenintensiv ist. Wichtig ist, dass sich Geschäftsführer und Vorstände überhaupt mit der Thematik befassen. Denn „ein bisschen“ Compliance ist immer noch besser, als überhaupt keine Vorkehrungen gegen Verstöße getroffen zu haben und dann bei einer Prüfung eiskalt erwischt zu werden.

Was bedeutet Compliance?

Compliance bedeutet nichts anderes, als dass es ein niedergelegtes Konzept gibt, das sicherstellt, dass alle offiziellen Anforderungen des Zollrechts eingehalten werden. Deren Einhaltung wird durch den Zoll im Rahmen von Zoll- und Außenwirtschaftsprüfungen kontrolliert.  Es geht darum, dass ein Unternehmen sicherstellt, dass Zölle und Steuern richtig abgeführt werden und z.B. Präferenzzolltarife richtig angewendet werden.

Zollcompliance ist auch für Zollbeauftragte ein Muss – denn Zollbeauftragte haften genauso persönlich, wie die Geschäftsführung, wenn sie die Zollorganisation nicht effektiv gestalten.

Wieso benötigen wir ein Compliancekonzept für den Zoll?

Viele Unternehmer beschäftigen sich nicht hinreichend mit einem Compliance-Konzept bezüglich des Zolls. Die damit in Kauf genommenen Risiken können aber für den Fortbestand des Unternehmens beachtlich sein und schlimmstenfalls sogar dessen Existenz bedrohen.

Ein belastbares Konzept für die Zollcompliance ist deswegen so wichtig, weil die Waren bestimmten Verboten, Beschränkungen oder Produktanforderungen unterliegen können. Wenn die Bestimmungen nicht eingehalten werden, können die Konsequenzen für Ihr Unternehmen teuer und nachteilig sein. So drohen beispielsweise

  • Geldstrafen und Strafverfahren gegen die Geschäftsleitung persönlich
  • Erhöhte Kontrollen, häufigere Prüfungen der Waren
  • Verzögerungen bei eingehenden Sendungen
  • Unbeabsichtigte Überzahlung von Zöllen
  • Aussetzung von Einfuhrrechten bestimmter Waren

Ferner können zu wenig entrichtete Einfuhrabgaben durch die Zollverwaltung nachgefordert werden. Da für derartige Vorgänge wegen fehlender Sensibilisierung für drohende Nachzahlungen naturgemäß keine Rückstellungen gebildet wurden, trifft eine Nacherhebung Unternehmen unvorbereitet. Verlangt der Zoll berechtigte Nachzahlungen so können diese die Liquidität des Unternehmens erheblich beeinträchtigen. Im schlimmsten Falle droht sogar die Insolvenz.

Welche Abteilungen profitieren von verbesserter Zollcompliance?

Zollcompliance erstreckt sich dabei auf wesentlich mehr Bereiche, als man auf den ersten Blick annehmen würde. So sind die Abteilungen Produktentwicklung, Herstellung, Einkauf und Verkauf sowie Vertrieb alle von der Einhaltung der Zollvorschriften betroffen.

Typischerweise gibt es folgende Themen, die im Rahmen einer Zollcompliance aufgegriffen werden müssen:

  • Einreihung der Waren in den Zolltarif (Import- und Export)
  • Zahlung von Einfuhrabgaben, Zollwertberechnung, Lieferbedingungen und INCOTERMS
  • Zollpräferenzen, Warenursprung
  • Compliance beim Export
  • Verwaltung von Ausfuhrgenehmigungen und Exportkontrolle
  • Zollanmeldungen und Beantragung von vereinfachten Zollverfahren zur einfacheren Abwickelung
  • Meldepflichten beim Im- und Export, INTRASTAT-Meldungen
  • Auswahl und Instruktion von externen Dienstleistern, z.B. Spediteuren

Chancen eines Compliance-Konzeptes

Eine verbesserte Zollcompliance und die Schaffung einer eigenen Zollabteilung führen neben der Risikominimierung für Geschäftsführer auch zu anderen Vorteilen, insbesondere in Form von Kostenersparnissen. Schnellere Importabfertigungen, Einsparungen bei den Einfuhrabgaben, vorhersehbare Kosten und ein Wettbewerbsvorteil sind alles Gründe, weswegen sich eine Investition in bessere Zollkenntnisse lohnt.

Was ist der Schlüssel zur erfolgreichen Compliancestruktur?

Es gibt letztendlich zwei Schlüssel, um eine erfolgreiche Compliance im Zollwesen zu etablieren.

Erstens muss das Konzept intern auf allen Ebenen hinreichend beworben werden und das Verständnis für die Notwendigkeit einer verbesserten Compliance zu wecken. Zudem sollte ein entsprechender Zollbeauftragter bestellt werden, der intern und extern die Verantwortung für die Schaffung der entsprechenden Prozesse übernimmt. Der Zollbeauftragte sollte in der internen Organisation mit entsprechenden Weisungsrechten ausgestattet werden, damit er seine Aufgabe auch richtig wahrnehmen kann. Sofern es um die Leistungsbeurteilung von Managern auf der mittleren Ebene geht, sollte auch das Thema Zollcompliance als Bewertungskriterium aufgenommen werden. So ist sichergestellt, dass auch das mittlere Management sich über die Bedeutung bewusst ist und entsprechend handelt.

Zweitens müssen Arbeitsanweisungen und Organisationsstrukturen erarbeitet werden, um die Compliance zum Leben zu erwecken. Auch wenn geschultes Personal eingesetzt wird, so können beispielsweise Defizite bei der internen Informationsweitergabe dazu führen, dass beispielsweise Neugeschäft generiert wird, ohne dass die Complianceabteilung dieses auf seine zoll- und außenwirtschaftsrechtlichen Aspekte hin untersucht hat. Dann muss eventuell ein Geschäftsfeld wieder eingestellt werden, wenn dieses aus zollrechtlicher Sicht Probleme mit sich bringt. Das ist beispielsweise der Fall, wenn sich nach erheblichen Anstrengungen im Vertrieb eine neue Geschäftschance ergibt und sich erst unter späterer Einschaltung der Complianceabteilung ergibt, dass Finanzsanktionen gegen das Unternehmen bestehen, sodass eine Belieferung nicht möglich ist. Es ist daher zwingend notwendig, dass die Zollverantwortlichen sich mit allen anderen Abteilungen regelmäßig austauschen, um über aktuelle Entwicklungen auf dem Laufenden zu sein. Ein Austausch mit Vertrieb, Einkauf, Logistik, Finanzierung und Buchhaltung, aber auch der IT-Abteilung ist zwingend notwendig.

Individuelles Konzept ist nötig

Wichtig ist auch, dass beim Aufbau einer Abteilung für die Zollcompliance oft keine maßgeschneiderten Lösungen passen, sofern diese überhaupt angeboten werden. Ein Zollcompliance-Programm muss auf das jeweilige Unternehmen individuell zugeschnitten werden, um effektiv zu funktionieren.

Dabei kann sich beispielsweise anbieten, dass die jeweiligen Abteilungen unter Mitwirkung des Zollbeauftragten aufeinander abgestimmt werden. So berichtet beispielsweise die Buchhaltung rückwirkende Preisanpassungen an den Zollbeauftragten, damit dieser etwaige Korrekturen der Zollanmeldungen veranlassen kann. Die Einkaufsabteilung sollte mit dem Zollbeauftragten Rücksprache halten, damit jener die Zolltarifnummern und damit die entsprechend zu erwartenden Abgaben bestätigen kann.

Sie möchten Ihre Zoll-Compliance verbessern und finanzielle und strafrechtliche Risiken vermindern?

Für Unternehmen: 15 Minuten kostenlose Erstberatung+49 40 369615-0oder Telefontermin sichern

Dieser Artikel wurde am 19. November 2016 erstellt. Er wurde am 31. Oktober 2023 aktualisiert. Die fachliche Zweitprüfung hat Rechtsanwalt Dr. Tristan Wegner durchgeführt.

Ihr Ansprechpartner

  • Anton Schmoll

    Rechtsanwalt
    ABC-Str. 21
    20354 Hamburg
  • Rechtsanwalt Anton Schmoll berät im Zollrecht, zum Außenwirtschaftsgesetz und zur Verbrauchssteuer. Er ist seit 2013 für die Kanzlei tätig und hat seitdem in zahlreichen Verfahren vor dem Bundesfinanzhof und der Europäischen Kommission das Zollrecht maßgeblich weiterentwickelt.