Sie haben einen Zollbescheid erhalten und wollen eine Stundung der Forderung erreichen oder eine Aussetzung der Vollziehung Zahlungspflicht? Das ist über die Aussetzung der Vollziehung beim Zoll möglich.

Es sind Situationen und Konstellationen denkbar, in denen Sie von der deutschen Zollverwaltung einen Zollbescheid erhalten und an der Rechtmäßigkeit des Bescheides zweifeln. Gleichzeitig sehen Sie sich aber auch einer Zahlungsaufforderung der Zollverwaltung oder einer anderen schwerwiegenden Entscheidung gegenüber. Genauso gut denkbar ist auch der Fall, dass Sie mit dem Ergebnis ihres Antrags auf Erteilung einer verbindlichen Zolltarifauskunft (vZTA) nicht zufrieden sind, weil der Zoll Ihrer Ansicht nach Ihre Waren unrichtig in den Zolltarif eingereiht hat.

In einer solchen Situation legen Sie dann richtigerweise, entweder selbstständig oder in komplexeren Fällen möglichst unterstützt von Zollanwalt, gegen den Zollbescheid Einspruch ein. Das Einspruchsverfahren bringt allerdings einen Nachteil mit sich. Die Zollbehörde entscheidet selbstständig darüber ob sie dem Einspruch stattgibt. Ist das nicht der Fall, dann würde sich als nächstes ein gerichtliches Klageverfahren anschließen, so dass sich das Verfahren stark in die Länge ziehen kann.

Der Einspruch gegen einen Zollbescheid dauert lange – zahlen müssen Sie trotzdem

Eine der Besonderheiten des Zollverfahrens liegt nun darin, dass trotz der eingelegten Rechtsbehelfe keine Hemmung der Zahlungspflicht eintritt. Der Zollbetrag wird nicht automatisch gestundet. Das bedeutet, dass der von Ihnen angegriffene Bescheid trotz Ihres Tätigwerdens zunächst einmal weiter von Ihnen beachtet werden muss und Sie beispielsweise einer Zahlungsaufforderung der Zollbehörde grundsätzlich erst einmal nachkommen müssen.

Streiten Sie sich mit der Zollverwaltung also beispielsweise über einen nach Ihrer Ansicht zu hoch festgesetzten Abgabenbetrag, müssten Sie trotz des eingelegten Einspruches zunächst den von der Zollverwaltung festgelegten höheren Betrag zahlen. Der zu viel gezahlte Differenzbetrag würde Ihnen dann später, also nach erfolgreichen Abschluss des Einspruchsverfahrens oder nach Beschreiten des Klageweges, verzinst zurückerstattet werden.

Es sind aber durchaus auch Konstellationen denkbar, in denen solche Differenzbeträge derartig hoch sind, dass Sie sich nachhaltig auf die Zahlungsfähigkeit eines Unternehmens auswirken und ein Unternehmen dadurch in die Nähe einer existenzgefährdenden Insolvenz rückt.

In einer solchen Situation stehen Sie allerdings nicht vollkommen schutzlos dar. Es gibt die Möglichkeit bei der zuständigen Zollbehörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der Zollentscheidung zu stellen. Ein solcher Antrag ist damit ein zentrales Elemente effektiven Rechtsschutzes.

Unter welchen Voraussetzungen Sie einen solchen Antrag stellen können und wie genau sich ein solcher Antrag auf Ihren Fall auswirkt wollen wir Ihnen daher nachfolgend in Kurzform darstellen.

Die Aussetzung der Vollziehung beim Zoll – was ist das eigentlich?

In einer Situation wie der oben ausgeführten, haben Sie die Möglichkeit bei der zuständigen Zollbehörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der Entscheidung des Zolls zu stellen. Grundsätzlich können Behörden auch von sich aus die Vollziehung ihrer Entscheidungen aussetzen – dieser Fall ist in der Praxis der Behörden jedoch praktisch nicht relevant.

Der Regelfall ist demnach die Situation, dass Sie als Empfänger des Zollbescheids selbstständig einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung stellen müssen. Die Zollbehörde hat dann die Möglichkeit die Vollziehung ihrer Entscheidung ganz oder teilweise auszusetzen oder aber Ihren Antrag in seiner Gesamtheit abzulehnen.

Haben Sie einen solchen Antrag gestellt passiert zunächst einmal noch nichts bevor die Zollbehörde über Ihren Antrag nicht positiv oder negativ entscheidet. Fällt die Entscheidung der zuständigen Zollstelle positiv aus – wird Ihrem Antrag also stattgegeben – dann bedeutet das für Sie, dass Sie die in ihrem Bescheid getroffenen Regelungen zunächst einmal nicht zu beachten brauchen, ohne dass Ihnen aus der Nichtbeachtung dabei Nachteile entstehen würden. Vereinfacht gesagt, friert die Aussetzung der Vollziehung einer Entscheidung also den Zustand vor dem Zugang des Zollbescheides vorübergehend ein. Es handelt sich bei der Aussetzung der Vollziehung also um ein Sicherungsinstrument im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes.

Wenn die Vollziehung einer behördlichen Entscheidung ausgesetzt wird, dann kann diese Entscheidung während dieser Aussetzungszeit dann nicht vollstreckt werden und es dürfen außerdem auch keine Säumniszuschläge erhoben werden.

Vollziehung wird nur unter engen Voraussetzungen ausgesetzt

Da die Anordnung der Aussetzung der Vollziehung einer Verwaltungsentscheidung ein scharfes Instrument ist, wird solchen Anträgen von den Behörden des Zolls auch nur unter engen Voraussetzungen stattgegeben.

Die Zollbehörden sind gehalten auf Antrag die Vollziehung ihrer Entscheidung auszusetzen, wenn

  • begründete Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Entscheidung bestehen oder
  • wenn dem Beteiligten durch die Vollziehung ein unersetzbarer Schaden entstehen könnte

Zunächst einmal immer ist erforderlich, dass Sie selber aktiv einen entsprechenden Antrag auf Aussetzung der Vollziehung bei der zuständigen Zollbehörde stellen.

Begründete Zweifel an der Rechtmäßigkeit

Eine Möglichkeit für die Stellung eines Antrags auf Aussetzung der Vollziehung ist nun gegeben, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des an Sie gerichteten und von Ihnen angegriffenen Zollbescheides vorliegen.

Damit stellt sich gleichsam die Frage unter welchen Voraussetzungen begründete Zweifel an der Rechtmäßigkeit einer Zollentscheidung überhaupt vorliegen sollen.

Begründete Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Entscheidung einer Zollbehörde bestehen beispielsweise dann, wenn die Rechtslage unklar ist. Das ist unteranderen dann der Fall, wenn eine Rechtsfrage höchstrichterlich noch nicht geklärt ist und sich in der Literatur Bedenken gegen die Rechtsauffassung der Zollbehörde oder der Finanzgerichte finden lassen.

Begründete Zweifel können sich aber nicht nur hinsichtlich einer Rechtsfrage, sondern auch in tatsächlicher Hinsicht ergeben. Begründete Zweifel in tatsächlicher Hinsicht liegen vor, wenn Unklarheiten in Bezug auf die im Einzelfall entscheidungserheblichen Tatsachen bestehen und wenn die vom Rechtsbehelfsführer behauptete Rechtsfolge unter den gegebenen Umständen als möglich erscheint. Die Beurteilung ob Zweifel in tatsächlicher Hinsicht vorliegen, erfolgt aufgrund der vorliegenden Unterlagen und der zur Verfügung stehenden Beweismittel. Die Zollbehörden sind in dieser Hinsicht aufgrund ihres Amtsermittlungsgrundsatzes zur Sachverhaltsermittlung verpflichtet. Kommen Sie dieser Pflicht nicht nach, ohne dass der Rechtsbehelfsführer seine Mitwirkungspflicht verletzt hat, sind begründete Zweifel in tatsächlicher Hinsicht anzunehmen.

Ebenso bestehen Zweifel in tatsächlicher Hinsicht, wenn der der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt nicht geschlossen, sondern nur unvollständig oder unklar durch den Zoll dargestellt wird.

Drohen eines unersetzbaren Schadens

Ebenso ist denkbar, dass dem Betroffenen durch die Vollziehung einer Zollentscheidung möglicherweise ein unersetzbarer Schaden drohen könnte. Im Unionszollkodex findet sich keine Definition zu der Frage wann ein unersetzbarer Schaden vorliegen soll, so dass hinsichtlich dieser Bestimmung an die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) anzuknüpfen ist.

Ein finanzieller Schaden soll danach immer nur dann schwer und nicht wiedergutzumachen sein, wenn er auch im Fall des Obsiegens im Hauptsacheverfahren nicht vollständig kompensiert werden kann. Nach Ansicht des EuGH soll ein schwerer und unersetzbarer Schaden aber auch nicht schon deshalb ausgeschlossen sein weil der Beschwerdeführer im Rahmen einer Schadensersatzklage einen finanziellen Ausgleich für den ihm entstandenen Schaden erlangen kann.

Wissenswertes aus der Rechtsprechung: Als unersetzbaren Schaden in diesem Sinne hat der EuGH beispielsweise die Notwendigkeit des Verkaufs von Wohneigentum, die Auflösung einer Gesellschaft, die Existenzgefährdung eines Unternehmens, den irreversiblen Verlust von Marktanteilen sowie die Fortdauer von Arbeitslosigkeit gesehen.

Nach Ansicht des Finanzgerichts Düsseldorf soll hingegen kein unersetzbarer Schaden vorliegen, sofern es um die nachträgliche Festsetzung der Einfuhrumsatzsteuer (EUSt) gegenüber einem vorsteuerabzugsberechtigten Zollschuldner geht (FG Düsseldorf, v. 27.06.1997 4 V 3292/96 A). Gleiches soll auch gelten, wenn der Abgabenbetrag, dessen Aussetzung streitig ist, im Vergleich zum behaupteten Gesamtverlust des Unternehmens unbedeutend ist.

Wie geht es nach der Antragstellung weiter?

Bei Anträgen auf Aussetzung der Vollziehung handelt es sich um eine Art Sicherungsinstrument durch das der aktuelle Zustand eingefroren wird. Ihnen liegt dabei eine gewisse Dringlichkeit inne. Daher bearbeiten die Zollbehörden Anträge auf Aussetzung der Vollziehung bevorzugt, so dass Sie die Entscheidung über die Vollziehung vor der Entscheidung über Ihren Einspruch erwarten können. Die Zollbehörden sollen über einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung „unverzüglich“ entscheiden.

Der Zollbehörde bleiben zwei Möglichkeiten um auf Ihren Antrag zu reagieren. Sie hat einerseits die Möglichkeit Ihrem Antrag zu entsprechen und auf der anderen Seite ist es genauso gut denkbar, dass Ihr Antrag abgelehnt wird.

Entspricht die Zollbehörde Ihrem Antrag und bewirkt die angefochtene Entscheidung die Erhebung von Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben, so kann die Zollbehörde die Aussetzung der Vollziehung nach pflichtgemäßem Ermessen von einer Sicherheitsleistung abhängig machen. Diese Sicherheitsleistung braucht jedoch nicht gefordert zu werden, wenn eine derartige Forderung aufgrund der Lage des Schuldners zu ernsthaften Schwierigkeiten wirtschaftlicher oder sozialer Art führen könnte. Falls eine Sicherheitsleistung notwendig sein sollte, so wird die Aussetzung dann jedenfalls erst mit der Leistung der Sicherheit tatsächlich wirksam.

Sie als Antragsteller erhalten aber auch bei positiver Entscheidung über die Aussetzung der Vollziehung nur eine vorläufige Regelung, die dann spätestens mit Eintritt der Bestands- oder Rechtskraft gegenstandslos wird.

Wird Ihr Antrag auf Aussetzung der Vollziehung abgelehnt, so bleibt Ihnen nur die Möglichkeit auch gegen diese Entscheidung der Zollverwaltung Einspruch einzulegen oder aber die Aussetzung der Vollziehung beim zuständigen Finanzgericht erneut zu beantragen.

Wissenswert: Die Gewährung der Aussetzung der Vollziehung steht mittlerweile nicht mehr im Ermessen der Zollbehörde. Kommt sie bei ihrer Prüfung des Antrags auf Aussetzung der Vollziehung zu dem Ergebnis, dass berechtigte Zweifel an der Rechtsmäßigkeit der angegriffenen Entscheidung bestehen oder dem Antragsteller ein schwerer Schaden droht, so ist dem Antrag stattzugeben. Es findet nur noch ausnahmsweise eine weitergehende Prüfung statt. So ist bei der Feststellung eines unersetzbaren Schadens noch eine Abwägung zwischen dem Schaden und dem Vollzugsinteresse durchzuführen.

Chancen und Risiken – Sie sollten abwägen

Ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ist sicherlich oft das Instrument der richtigen Wahl muss aber nicht zwingend immer die  sinnvollste Reaktion auf die Entscheidung einer Zollbehörde sein. Bevor sie einen entsprechenden Antrag stellen, sollten Sie daher Ihre Ausgangssituation genau analysieren.

Unproblematisch das richtige Mittel der Wahl sind Anträge auf Aussetzung der Vollziehung jedenfalls immer dann, wenn Sie durch die Entscheidung der Zollverwaltung selbst in eine finanzielle Schieflage geraten würden.

Sollte Ihrem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung allerdings stattgegeben werden, Ihr Einspruch beziehungsweise Ihre Klage dann aber endgültig keinen Erfolg haben, sollten Sie bedenken, dass Sie den der Zollverwaltung geschuldeten Betrag dann zu verzinsen haben.

Außerdem sollten Sie beachten, dass es durchaus sehr anspruchsvoll sein kann Anträge auf Aussetzung der Vollziehung zu begründen. Sie sollten sich daher möglichst von einem in dieser Hinsicht erfahrenen Zollanwalt beraten lassen.

Sie möchten die Zahlungspflicht gegenüber dem Zoll stunden oder Aussetzung der Vollziehung beantragen?

Für Unternehmen: 15 Minuten kostenlose Erstberatung+49 40 369615-0oder Telefontermin sichern

Dieser Artikel wurde am 21. September 2018 erstellt. Er wurde am 13. Juli 2023 aktualisiert. Die fachliche Zweitprüfung hat Rechtsanwalt Dr. Tristan Wegner durchgeführt.

Ihr Ansprechpartner

  • Anton Schmoll

    Rechtsanwalt
    ABC-Str. 21
    20354 Hamburg
  • Rechtsanwalt Anton Schmoll berät im Zollrecht, zum Außenwirtschaftsgesetz und zur Verbrauchssteuer. Er ist seit 2013 für die Kanzlei tätig und hat seitdem in zahlreichen Verfahren vor dem Bundesfinanzhof und der Europäischen Kommission das Zollrecht maßgeblich weiterentwickelt.