Die zollrechtliche Einreihung von Waren und Geräten ist ein komplexer und oftmals umstrittener Prozess. Die Einreihung von Produkten in die Kombinierte Nomenklatur (KN) bestimmt unter anderem den Zollsatz, den ein Unternehmen für seine Waren zahlen muss.

Die Zolltarifnummer und der Einreihungsvorgang werden regelmäßig auf den Prüfstand gestellt, wenn neue Produkte auf den Markt kommen, die nicht leicht in bestehende Kategorien eingeordnet werden können. Ein aktuelles Beispiel für diese Herausforderung ist die Einreihung von sog. Armrobotern.

Armroboter und Einreihung im Zolltarif

  • Die zollrechtliche Tarifierung von Maschinen, insbesondere neue Technologien wie ein „Armroboter“, ist ein komplexer und oftmals kontroverser Prozess.
  • Ein aktueller Fall des FG Hamburg zeigt eine Diskrepanz in der Tarifierung von Armrobotern, wobei das Unternehmen den Roboterarm als orthopädische Vorrichtung einstufen will, während die Zollbehörde ihn als „Maschine mit eigener Funktion“ betrachtet.
  • Das Gericht neigt dazu, dem Importeur zuzustimmen, indem es den Roboterarm als „funktionale Einheit“ mit dem Körper des Nutzers betrachtet, was ihn in die Position der orthopädischen Vorrichtungen einordnen würde.
  • Der Fall unterstreicht die Herausforderungen und die Notwendigkeit, dass das Zollrecht mit den technologischen Entwicklungen Schritt hält, um die Bedürfnisse von Unternehmen zu berücksichtigen.
  • Die endgültige Entscheidung könnte wegweisend sein für die zukünftige Tarifierung ähnlicher Geräte und hat potenzielle Auswirkungen auf den Bereich der orthopädischen Hilfsmittel und der Robotertechnik.

Armroboter und der Zolltarif

Die Auseinandersetzung mit dem Zoll begann mit einem Antrag auf Erteilung einer vZTA einer Firma, die einen Armroboter entwickelt hat. Diese können an einem Elektrorollstuhl befestigt werden und dem Nutzer dabei helfen, alltägliche Aktivitäten auszuführen.

Dieser Armroboter, ausgestattet mit einer Hülle aus Carbonfaser, Metallgelenken und Kunststofffingern mit Silikonbeschichtung, ermöglicht dem Nutzer Tätigkeiten wie Trinken, Essen, das Aufheben von Gegenständen oder die Fortbewegung von Gegenständen.

Die Firma beantragte, dass dieser Armroboter entweder unter Position 9021 10 oder 9021 29 KN als Apparat oder Vorrichtung zu orthopädischen Zwecken eingereiht werden sollte.

Das Hauptzollamt Hannover, das für die Erteilung verbindlicher Zolltarifauskünfte zuständig ist, sah dies jedoch anders und reihte den Armroboter unter die Unterposition 8479 8997 der Kombinierten Nomenklatur ein, die „Maschinen, Apparate und mechanische Geräte mit eigener Funktion“ umfasst, die in Kapitel 84 nicht anderweitig genannt sind.

Der Ausgang dieses Falls könnte Präzedenzcharakter haben und zukünftige Entscheidungen hinsichtlich der zollrechtlichen Tarifierung von ähnlichen technologischen Innovationen maßgeblich beeinflussen, was die Notwendigkeit unterstreicht, dass das Zollrecht mit dem technologischen Fortschritt Schritt hält.

Der Zoll argumentierte, dass der Armroboter nicht als Prothese oder orthopädisches Gerät tarifiert werden könne, da er nicht den natürlichen Arm ersetzt, sondern vielmehr als „dritter Arm“ fungiert.

Eilverfahren vor dem Finanzgericht Hamburg

Dies führte zu einer rechtlichen Auseinandersetzung, in der die Firma Einspruch gegen die verbindliche Zolltarifauskunft erhob und die Aussetzung der Vollziehung beantragte. Sie argumentierte, dass der Armroboter tatsächlich unter Abschnitt XVIII, Unterposition 9021 eingereiht werden sollte, die Körperersatzstücke, orthopädische Apparate und andere orthopädische Vorrichtungen umfasst.

Nach vorläufiger gerichtlicher Prüfung besteht die Tendenz, der Argumentation des Unternehmens zu folgen.

Die Begründung des Gerichts beruht auf der Idee, dass der Armroboter als eine „funktionale Einheit“ mit dem Körper des Nutzers gesehen werden kann und daher in die Position 9021 KN einzureihen ist.

Dies entspricht der allgemeinen Definition von „orthopädischen Apparaten und Vorrichtungen“, die zum „Verhüten oder Korrigieren körperlicher Fehlbildungen oder zum Stützen oder Halten von Körperteilen oder Organen nach einer Krankheit, Operation oder Verletzung“ dienen.

Allerdings handelt es sich explizit um eine Entscheidung im Eilverfahren und noch nicht um eine endgültige Entscheidung. Oft legen sich die Gerichte aber im Eilverfahren schon einmal vorläufig fest.

Fazit: Ein Präzedenzfall für die Zukunft?

Dieser Fall wirft ein Licht auf die Herausforderungen, die mit der zollrechtlichen Einreihung von neuartigen Geräten einhergehen.

Die Kontroverse um die korrekte Zolltarifnummer von Armrobotern könnte auch Auswirkungen auf die Einreihung von ähnlichen Geräten in der Zukunft haben.

Es bleibt abzuwarten, wie das endgültige Urteil ausfällt und welche Auswirkungen dies auf den Bereich der orthopädischen Hilfsmittel und der Robotertechnik haben wird.

Der Fall unterstreicht die Notwendigkeit, dass das Zollrecht mit den technologischen Entwicklungen Schritt hält und dabei die Bedürfnisse der Unternehmen berücksichtigt.

Fragen zur richtigen Zolltarifnummer? Dann rufen Sie uns an, wir sind auf den Zolltarif spezialisiert.

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Dieser Artikel wurde am 8. Juli 2023 erstellt. Er wurde am 24. Juli 2023 aktualisiert. Die fachliche Zweitprüfung hat Rechtsanwalt Dr. Tristan Wegner durchgeführt.

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  • Anton Schmoll

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  • Rechtsanwalt Anton Schmoll berät im Zollrecht, zum Außenwirtschaftsgesetz und zur Verbrauchssteuer. Er ist seit 2013 für die Kanzlei tätig und hat seitdem in zahlreichen Verfahren vor dem Bundesfinanzhof und der Europäischen Kommission das Zollrecht maßgeblich weiterentwickelt.