Die Angabe der richtigen Zolltarifnummer entscheidet nicht nur über die anwendbaren Zollsätze. Die entsprechende Einreihung wirkt sich auch unmittelbar auf die Umsatzsteuer aus. Auch mögliche Einfuhrverbote und Einfuhrbeschränkungen sind von der Tarifierung der Ware abhängig.

Unter Umständen ist es durch die richtige Warentarifnummer auch möglich durch eine Zolloptimierung, zu günstigeren Zollsätzen die Ware einzuführen.

Insbesondere bei der Warengruppe Vitamine ergeben sich viele Probleme bezüglich der richtigen Einreihung und Anwendung der richtigen Zolltarifnummer.

Ein wesentlicher Punkt ist die Unterscheidung zwischen Arzneimitteln und Lebensmittelzubereitungen im Sinne des Zolltarifs. Auch die Einordnung von Nahrungsergänzungsmitteln spielt vielfach eine Rolle bei der Zolltarifnummer für Vitamine. So kommt es häufig auf die konkrete Verwendung der Vitamine als Endprodukt an, aber auch auf Faktoren wie die Zusammensetzung.

Aber Achtung: Verpackungshinweise vom Hersteller oder die handelsübliche Bezeichnung der Ware sind nicht zwangsläufig eine Garantie für die „gewünschte“ zolltarifliche Einreihung.

 

Welche Zolltarifnummer für Vitamine?

Wann aber liegen eigentlich Vitamine im eigentlichen Sinne vor? Hier stellt sich oft die Abgrenzungsfrage: „organisches, chemisches Erzeugnis“ (Kapitel 29 im Zolltarif) oder doch Lebensmittelzubereitung oder Arzneimittel?

Dazu muss zunächst geklärt werden: Was sind Vitamine eigentlich genau und was versteht der Zolltarif darunter?

Kurz gesagt: Vitamine sind komplexe chemische Wirkstoffe, die der menschliche Körper nicht selbst produzieren kann. Gleichwohl sind sie sowohl für den menschlichen als auch tierischen Organismus überlebenswichtig.

Daher müssen Vitamine aus der Außenwelt dem Körper künstlich zugeführt werden. Das kann in Form von reinen Vitaminen als auch Provitaminen, einer Art Vorstufe zu Vitaminen, geschehen. Bekommt der menschliche Körper zu wenig davon, kann es zu Stoffwechselerkrankungen oder Mangelerscheinungen kommen.

Da Vitamine mitunter eine physiologische Wirkung entfalten, werden sie vielfach in der Medizin oder in der Industrie eingesetzt.

Vitamine als „organische chemische Erzeugnisse“

Zum Kapitel 29 gehören im Prinzip nur isolierte chemisch einheitliche Verbindungen. Gleichwohl sind den Erläuterungen zum Kapitel 29 des Zolltarif zufolge und unter bestimmten Voraussetzungen auch Provitamine und Vitamine erfasst.

So können folgende Erzeugnisse in die Zolltarifnummer 2936 eingereiht werden:

  • Natürliche oder gleiche, synthetisch hergestellte Provitamine und Vitamine, sowie die Derivate, die hauptsächlich als Vitamine gebraucht werden
  • Konzentrate natürlicher Vitamine (z. B. der Vitamine A oder D)
  • Mischungen von Vitaminen, Provitaminen oder Konzentraten untereinander
  • Vitamine und eben genannte Erzeugnisse, die in einem beliebigen Lösemittel gelöst sind
    (z. B. in pflanzlichen Ölen)

Hierunter fallen fast alle gängigen Vitamine einschließlich ihrer Derivate:

  • Provitamin D
  • Vitamin A
  • Vitamin B1, B2, B3, B5, B6, B9, B12
  • Vitamin C
  • Vitamin D
  • Vitamin E
  • Vitamin H
  • Vitamin K
  • Vitamin PP

Nicht zu dieser Position gehören aber z.B.

  • Vitamin B4
  • Vitamin F
  • Synthetische Ersatzstoffe für Vitamine
  • Arzneiwaren der Positionen 3003 und 3004

Ebenfalls möglich sind bestimmte Zusätze, mit denen die Vitamine angereichert werden, um sie zu deren Erhaltung oder zu Transportzwecken zu stabilisieren.

Solche Zusätze sind:

  • Antioxidantien
  • Antibackmittel (z. B. Kohlenhydrate)
  • Substanzen zum Umhüllen (z. B. Gelatine, Wachse, Fette), auch weichgemacht
  • Stoffe (z. B. Siliciumdioxid), zur Adsorption von Vitaminen

Voraussetzung ist aber, dass die Zusätze oder das angewandte Verfahren nicht das notwendige Maß überschreiten. Dabei darf nicht der Charakter der Vitamine etc. nicht verändert werden. Zudem ist es unzulässig, wenn die Veränderung des ursprünglichen Vitamins dazu bestimmt ist, das Vitamin für einen spezifischen Verwendungszweck geeigneter zu machen als für den allgemeinen Gebrauch.

Beispiel: Eine Zubereitung, die hauptsächlich Calcium und Vitamin D3 enthält, kann nicht unter die Tarifposition 2936 eingereiht werden. Denn der Mineralstoff Calcium ist kein erlaubter Zusatzstoff, der für die Stabilisierung des Vitamins eingesetzt werden darf.

Bei dem Beispiel handelt es sich um eine absichtliche Zubereitung und Mischung aus Vitaminen und Mineralstoffen. Derartige Mischungen gelten nach dem Zolltarif als Stoffe mit Nährwert und sind als Lebensmittelzubereitung unter die Position 2106 der KN einzureihen.

Zolltarifnummer für Vitamin C (Ascorbinsäure)

Auch bei der Zolltarifnummer von Vitamin C (Ascorbinsäure) sollte genau hingeschaut werden. Ascorbinsäure wird handelsüblich auch als Vitamin C bezeichnet. Denn die Säure wirkt aufgrund ihrer chemischen Zusammensetzung beim Menschen und anderen Lebewesen als Vitamin. Vitamin C ist aber ein Sammelbegriff und umfasst daher auch Stoffe, die im Körper zu Ascorbinsäure umgesetzt werden können.

Problematisch wird es hier bei Erzeugnissen, für die zwei oder mehr Positionen im Kapitel 29 in Betracht kommen. Das ist insbesondere bei Vitaminderivaten der Fall.

So z.B. bei der chemischen Verbindung L-Ascorbinsäure-2-glucosid (AA-2G). Das ist ein Vitamin C-Derivat, das mit Glucose angereichert und stabilisiert wird. AA-2G wird vor allem als Körperpflegemittel eingesetzt und zum Schutz vor UV-Strahlung sowie zur Vorbeugung von Melaninpigmentierung und bei der Herstellung von Kosmetika verwendet.

Bei diesem Erzeugnis handelt es sich aufgrund seiner chemischen Struktur sowohl um ein Zuckeracetal als auch um ein Vitamin C-Derivat. Insofern kommt hier die Zolltarifnummer 2936 wegen des Vitamin C-Bestandteils in Betracht. Aber aufgrund des Glucose-Anteils ist auch die Zolltarifnummer 2940 für das AA-2G zutreffend.

Die Erläuterungen zum 29. Kapitel der Kombinierten Nomenklatur geben bei einer solchen Konkurrenzsituation eine klare Hierarchie vor:

Erzeugnisse, für die mehrere Positionen im Kapitel 29 in Betracht kommen, sind der letzten der in Betracht kommenden Positionen zuzuweisen.

Das AA-2G wäre demnach in die Zolltarifnummer 2940 einzureihen. Ascorbinsäure, die sowohl ein Lacton (Zolltarifnummer 2932) als auch ein Vitamin (Zolltarifnummer 2936) ist, ist dagegen eher in die Position 2936 einzureihen.

Nahrungsergänzungsmittel: Lebensmittelzubereitung oder Getränke?

Eine häufige Schwierigkeit bei der Tarifierung ergibt sich bei Vitaminen, die in Form von Nahrungsergänzungsmitteln vertrieben werden. Hier stellt sich oft die Frage, ob es sich um Lebensmittelzubereitungen oder Getränke handelt. Auch eine Abgrenzung zu Arzneimitteln muss häufig erfolgen.

Als Nahrungsergänzungsmittel jedenfalls werden Waren bezeichnet, die Vitamine und Mineralsalze enthalten und zur Erhaltung der Gesundheit oder des Wohlbefindens dienen, sofern sie keine Angaben über die Verhütung oder Behandlung einer Krankheit enthalten.

Häufig liegen diese Erzeugnisse in flüssiger Form vor. Sie können aber auch in Form von Pulver- oder Tabletten vertrieben werden.

Derartige Waren werden im Allgemeinen als Lebensmittelzubereitungen unter der Position 2106 im Zolltarif eingereiht, können aber unter Umständen auch unter das Kapitel 22 der Kombinierten Nomenklatur (KN) als „Getränke“ fallen.

Ermäßigter Steuersatz bei Nahrungsergänzungsmitteln

Unternehmen profitieren bei der Einreihung von Nahrungsergänzungsmitteln häufig von dem ermäßigten Steuersatz. Voraussetzung ist eine Einreihung als Lebensmittelzubereitung.

Den Erläuterungen zum Harmonisierten System (HS) zufolge, sind folgende Erzeugnisse als Lebensmittelzubereitungen unter der Zolltarifnummer 2106 einzuordnen:

  • Zubereitungen, die unmittelbar oder nach weiterer Behandlung (z. B. durch Garen, durch Auflösen oder Aufkochen in Wasser oder Milch usw.) zur menschlichen Ernährung verwendet werden
  • Zubereitungen, die beim Herstellen von Getränken oder Lebensmitteln verwendet werden (und ganz oder teilweise aus Lebensmitteln zusammengesetzt sind)
  • Zubereitungen, die aus Mischungen von chemischen Erzeugnissen mit Lebensmitteln bestehen und
    als Bestandteile verwendet werden oder bestimmter Eigenschaften verbessern sollen
    (Aussehen, Haltbarkeit usw.)

Nahrungsergänzungsmittel, die ebenfalls als Lebensmittelzubereitungen unter die Zolltarifnummer 2106 eingereiht werden, können sein:

  • Zubereitungen, die auf Grundlage von Pflanzenauszügen, Fruchtkonzentraten, Honig, Fructose usw. bestehen und
  • denen Vitamine und manchmal sehr geringe Mengen Eisenverbindungen zugesetzt sind

Häufig findet sich auf den Packungen dieser Zubereitungen der Hinweis, dass sie allgemein der Erhaltung der Gesundheit oder des Wohlbefindens dienen, wie z.B. „Nahrungsergänzungsmittel sind oft Zubereitungen, die auf Bestandteilen wie Pflanzenauszügen, Fruchtkonzentraten, Honig und Fructose basieren und mit Vitaminen angereichert sind.“

Beachte: Keine Nahrungsergänzungsmittel sind dagegen: ähnliche Zubereitungen, die zum Verhüten oder Behandeln von Krankheiten oder Leiden bestimmt sind. Diese sind ggf. als Arzneimittel einzureihen.

Steuersatz bei flüssigen Nahrungsergänzungsmitteln

Problematisch kann es werden, wenn die Nahrungsergänzungsmittel in rein flüssiger Form vorliegen und vertrieben werden, z.B. als Fläschchen oder Säfte. Schwierig wird es auch bei sogenannten Kombinationspackungen. Das betrifft Produkte, die zu 50 % aus einem flüssigem Nahrungsergänzungsmittel und zu den anderen 50 % einem Nahrungsergänzungsmittel, das in nicht flüssiger Form angeboten wird.

Rein flüssige Nahrungsergänzungsmittel werden durch die Gerichte überwiegend als „Getränke“ (Zollnomenklatur 2202) eingereiht. Die Folge ist: Der Regelsteuersatz muss gezahlt werden.

Nach Rechtsprechung des EuGH ist der zolltarifliche Begriff Getränk nach objektiven Gesichtspunkten zu bestimmen:„Getränke“ sind demnach alle Flüssigkeiten, die zum menschlichen Genuss geeignet und bestimmt sind, ohne dass es auf die eingenommene Menge und die besonderen Zwecke ankommt, denen die verschiedenen Arten genießbarer Flüssigkeiten dienen können.

Nicht trinkbar sind Flüssigkeiten, wenn es jedem Durchschnittsverbraucher unmöglich ist, das Erzeugnis unmittelbar, ohne Verdünnung oder sonstige Beigaben zu trinken, so die Einordnung des Bundesfinanzhofs.

Beachtenswert ist insoweit vor allem, dass bei der Abgrenzung der Aggregatzustand der Ware keine bedeutende Rolle spielt. Vielmehr sind die Bestimmungen des Zolltarifs und die Erläuterungen der Kombinierten Nomenklatur als unverbindliche Anhaltspunkte beachtlich.

Regelsteuersatz bei Sonden-Nahrung

Eine Besonderheit besteht bei sogenannter Sondennahrung. Diese wird zur diätetischen Behandlung eingesetzt, unter anderem bei Mangelernährung, gestörter Nahrungsaufnahme und entzündlichen Darmerkrankungen. Dabei handelt es sich um diätetische Lebensmittel in flüssiger Form, die verschiedene Nährstoffe wie Eiweiße, Vitamine, Fette, Kohlenhydrate enthalten und auch über eine Magen- und Darmsonde verabreicht werden können.

Grundsätzlich ist Sondennahrung in die Zolltarifnummer 2202 einzureihen, als andere nicht alkoholhaltige Getränke. Dementsprechend gilt dann der Regelsteuersatz der Umsatzsteuer.

Denn wie bereits erwähnt, umfasst der Begriff „Getränk“ alle zum menschlichen Genuss geeigneten und bestimmten Flüssigkeiten, soweit sie nicht anderweitig eingereiht sind. Die Art und Weise der Einnahme, die eingenommene Menge oder der Verwendungszweck spielen keine Rolle.

Insofern ist auch der besondere Verwendungszweck bei Sondennahrung irrelevant. Obgleich deren Inhaltsstoffe der menschlichen Ernährung dienen, handelt es sich nicht um eine Lebensmittelzubereitung im Sinne der Warenposition 2106 der KN.

Ebenso unerheblich ist die Vertriebsform: Es kommt nicht darauf an, dass die Nahrung z.B. in Kunststoffbeuteln vertrieben wird oder zur Verabreichung mittels Sonde vorgesehen ist.

Darüber hinaus macht es für die Einreihung als Getränk keinen Unterschied, ob das Produkt geschmacksneutral ist und nicht mithilfe eines zugesetzten Aromas geschmacklich verbessert ist.

Etwas anderes gilt aber bei Sondennahrung, die zu rein medizinischen Zwecken unter ärztlicher Aufsicht verabreicht wird. Hier erfolgt eine Einreihung als Arzneimittel in die Zolltarifnummer 3004.

Voraussetzung: Die Sondennahrung wird im Rahmen der Bekämpfung einer Krankheit oder eines Leidens durch eine Magensonde an Personen verabreicht, die ärztlich behandelt werden. Das Ziel dabei besteht darin, eine Unterernährung dieser Personen zu vermeiden oder zu beseitigen.

Für den Steuersatz ändert das aber nichts: Arzneimitteln der Position 3004 der KN unterliegen ebenfalls dem Regelsteuersatz. 

Nahrungsergänzungsmittel als Tabletten

Bei Nahrungsergänzungsmitteln, die in dosierter Form, wie z.B. in Form von Tabletten oder Pillen, vertrieben werden, ist die Einreihung als Lebensmittelzubereitung unter die Pos. 2106 des Zolltarifs seit 2018 einfacher:

Bereits 2009 hatte der EuGH festgestellt:

„Lebensmittelzubereitungen zur Nahrungsergänzung, die hauptsächlich aus pflanzlichem oder tierischem Öl mit einem Zusatz an Vitaminen bestehen und (in Kapseln) dosiert aufgemacht sind, sind in die Position 2106 („Lebensmittelzubereitungen, anderweit weder genannt noch inbegriffen“) einzureihen.“ – EuGH, C-410/08 bis C-412/08

Entscheidendes Merkmal bei der Einreihung ist also vor allem die Form, in der die Ware bereitgestellt, vertrieben und letztendlich konsumiert wird. Eine Kapselhülle ist ein solches Merkmal. Denn sie entscheidet über die Dosierung und die Wirkungsweise.

Basierend auf dieser Rechtsprechung des EuGH hat die Europäische Kommission 2018 die Einreihung von bestimmten Nahrungsergänzungsmittel als Lebensmittelzubereitungen der Pos. 2106 (HS) geregelt.

Schwierigkeiten gab es nämlich vor allem bei Nahrungsergänzungsmittel, die aus Erzeugnissen des 15. Kapitels der Kombinierten Nomenklatur bestehen – tierische und pflanzliche Fette – und dosiert vertrieben werden.

Hier legte die Kommission fest: Derartige Waren sind NICHT in das Kapitel 15, also als tierische Fette und Öle einzureihen, sondern als Lebensmittelzubereitungen unter die Zolltarifnummer 2106.

Entscheidend für die Einreihung des Nahrungsergänzungsmittels ist nämlich nicht nur sein Inhaltsstoff, sondern auch die konkrete Darreichungsform.

Nahrungsergänzungsmittel oder Arzneimittel?

Eine weitere Problematik stellt sich oft bei der Abgrenzung von Nahrungsergänzungsmitteln zu Arzneimitteln. Auch die richtige Einreihung von Aminosäuren spielt hier eine Rolle.

Fraglich ist, ob diese aufgrund ihrer therapeutischen bzw. prophylaktischen Nutzung als Arzneimittel unter die Warenposition 3003 eingereiht werden sollten. Oder ob es sich dabei um Produkte für den menschlichen Verzehr handelt, die demnach als „Lebensmittelzubereitungen“ unter die Zolltarifnummer 2106 fallen.

2015 legte der EuGH wesentliche Kriterien für eine Einordnung als Arzneimittel fest:

„Produkte sind nur dann als Arzneimittel einzureihen, wenn sie aufgrund ihrer Merkmale und Eigenschaften eine eigene therapeutische oder prophylaktische Wirkung haben oder zumindest für die medizinische Nutzung vorgesehen sind.“

Das Vorliegen eines Arzneimittels kann dabei alternativ auf zwei verschiedene Kriterien abgestellt werden:

  1. Pharmakologische Wirkung (oft als Funktionsarzneimittel bezeichnet) oder
  2. Aufmachung und Verpackung des Produktes (oft als Präsentationsarzneimittel bezeichnet)

Die pharmakologische Wirkung kann sich sowohl aus therapeutischen als auch aus prophylaktischen Eigenschaften des Erzeugnisses zusammensetzen. Hier ist es erforderlich, dass sich die Wirkung des Produkts stets auf eine ganz bestimmte Funktion des menschlichen Organismus konzentrieren muss.

Alternativ muss konkret definiert sein, inwiefern das Produkt zur Verhütung oder Behandlung einer konkret zu nennenden Krankheit oder eines Leidens dient.

Waren, die als pharmazeutische Erzeugnisse eingereiht werden, müssen also auf Folgendes geprüft werden:

  • Weisen sie genau umschriebene therapeutische und prophylaktische Eigenschaften auf?
  • Konzentriert sich die Wirkung auf bestimmte Funktionen des menschlichen Organismus?
  • Können sie zur Verhütung oder Behandlung einer Krankheit oder eines Leidens angewandt werden?

Bei der Verpackung und Aufmachung wiederum muss demnach so gestaltet sei, dass der Verbraucher den Eindruck hat, bei der Ware handelt es sich um ein Arzneimittel.

Beachte: Auch Erzeugnisse, die keine eigene therapeutische oder prophylaktische Wirkung besitzen, aber zur Verhütung oder Behandlung einer Krankheit oder eines Leidens geeignet sind, erfüllen einen therapeutischen oder prophylaktischen Zweck. Vorausgesetzt, sie sind eigens für diese Verwendung bestimmt. So z. B. die Sondennahrung.

Keine Arzneimittel im Sinne des Zolltarifs sind dagegen folgende Produkte:

  • Produkte, die nicht dazu geeignet sind, die Allergie zu behandeln & lediglich als Ersatzprodukt für das Protein dienen, welches die Allergie auslöst
  • Produkte, die kein notwendiger Teil einer medizinischen Behandlung sind und deren Einnahme keine zusätzliche medizinische Überwachung durch einen Facharzt erfordert
  • Produkte, die lediglich für Nahrungsergänzungsmittel hergestellt werden, die Teil der täglichen menschlichen Ernährung sind bzw. ausschließlich Nährstoffe enthalten

Fachärztliche Stellungnahme – Unerheblich für die Einreihung als Arzneimittel

Der Zolltarif und dessen inhaltliche Bestimmungen haben für die zolltarifliche Einreihung auch Vorrang vor einer fachärztlichen Stellungnahme. So hat die Aussage eines sachverständigen Facharztes auf dem Fachgebiet der Behandlung von Osteoporose z.B. keine rechtsverbindliche Aussagekraft für die Einreihung der Ware.

In einem Fall zu einem Präparat, das zur Behandlung von Osteoporose eingesetzt wird, hat ein Gericht die Einreihung der Ware anhand der zolltariflichen Bestimmungen vorgenommen und die im Gutachten vorgebrachten medizinischen wissenschaftlichen Erkenntnisse als unerheblich betrachtet.

Darüber hinaus ist es nicht entscheidend, ob das Präparat in anderen Rechtskreisen oder in der Arzneimittelbranche als Medikament bezeichnet wird. Relevant ist demnach nur, ob die Ware die zolltariflichen Bedingungen erfüllt, um unter die Zolltarifnummer 3004 als Arzneimittel eingereiht zu werden. 

Vitaminkapseln: Verwendungszweck für Einreihung irrelevant

2018 hat sich der Bundesfinanzhof zu der Wirkungsweise von hochdosierten Vitaminkapseln geäußert, die aus Vitaminen und Spurenelementen zusammengesetzt sind. Deren Wirkungsweise wurde auch auf der Verpackung und im Beipackzettel ausgewiesen. Dabei geht es vor allem um die Abgrenzung von Lebensmittelzubereitungen und Arzneimitteln im zolltariflichen Sinne.

Die Einreihung von Vitaminpräparaten hat auch Auswirkungen auf die Umsatzsteuer. Denn für Lebensmittelzubereitungen, die in der Position 2106 im Zolltarif eingereiht werden, gilt der ermäßigte Steuersatz. Bei Arzneimitteln dagegen ist der Regelsteuersatz fällig.

Zolltarifnummer für Nahrungsergänungsmittel

  1. Für die Einordnung einer Ware im Zolltarif sind zunächst die objektiven Merkmale und Eigenschaften der Ware maßgeblich.
  2. Wichtig: Die Erläuterungen und Einreihungsavise der Europäischen Kommission für den Zolltarif hingegen sind mehr Auslegungshilfe als Warendefinition und stellen daher keine rechtsverbindliche Aussage dar.
  3. Der Verwendungszweck der Ware spielt zudem nach Auffassung des Bundesfinanzhofs nur eine untergeordnete Rolle. „Der Verwendungszweck, den der Hersteller selbst bei seiner Ware angibt, ist grundsätzlich zweitrangig für die zolltarifliche Einreihung.“
  4. So darf dieser auch nur für eine Einreihung herangezogen werden, wenn im Zolltarif oder den entsprechenden Erläuterungen darauf Bezug genommen wurde. Er ist also nur maßgeblich, wenn der Verwendungszweck selbst auch als eine objektive Eigenschaft oder als Merkmal der Ware zu erkennen ist.
  5. Wie der Hersteller die Ware beschreibt, unter welchen Umständen die Ware vertrieben wird oder wie sie tatsächlich im Handelsverkehr bezeichnet wird, ist für die Tarifierung laut Bundesfinanzhof grundsätzlich zweitrangig.
  6. Ebenso irrelevant für die Einreihung sind Definitionen in Diätverordnungen oder ähnlichen Vorschriften, die Waren wie Arzneimittel oder Nahrungsergänzungsmittel beschreiben. Diese stellen auch nur Anhaltspunkte für die Ermittlung von objektiven Beschaffenheitsmerkmale der Ware dar.
  7. Allerdings sind Dinge wie die Verpackung und der Beipackzettel oder detaillierte Auftrags- oder Lieferunterlagen etc. gleichwohl als Anhaltspunkte für eine genauere Zweckbestimmung der Ware zu berücksichtigen.
  8. Das bedeutet konkret: Der Hersteller kann das Produkt zwar als „Nahrungsergänzungsmittel“ bezeichnen – die Einreihung als Nahrungsergänzungsmittel bzw. Lebensmittelzubereitung muss aber nicht zwingend daraus folgen.

Ausnahme beim Verwendungszweck von Arzneimitteln

Ausnahmen bezüglich des Verwendungszwecks bestehen allerdings, wenn es sich um Arzneiwaren handelt, die aus gemischten oder ungemischten Erzeugnissen bestehen und für therapeutische oder prophylaktische Zwecken bestimmt sind.

Hier findet der konkrete Verwendungszweck Berücksichtigung. Unter diesen Umständen können die Angaben auf einem Etikett, der Verpackung und dem Beipackzettel als Anhaltspunkte genutzt werden, um die Ware zolltariflich einzureihen.

Beachte: Für die Einordnung als Arzneimittel ist es nicht erforderlich, dass auf der Ware der Begriff „Wirkmechanismus“ verwendet wird. Auch Waren, bei denen keine Beschreibung der Wirkungsweise des Produktes erfolgt, können ein Arzneimittel sein.

Allerdings finden auch hier Einschränkungen statt: Es gibt einige Vitaminpräparate, die durchaus so beschaffen sind, dass sie Krankheiten vorbeugen oder der Heilung förderlich sind. Doch das macht sie nicht zwangsläufig zu einem Arzneimittel.

Es muss in jedem Fall deutlich werden, dass der Wirkstoff in seiner konkreten Vertriebsform nicht für eine Ernährung im herkömmlichen Sinne geeignet ist. Das bedeutet, die empfohlene Tagesdosis muss höher sein als die für den Erhalt der allgemeinen Gesundheit oder des allgemeinen Wohlbefindens empfohlene Tagesdosis.

Unsere Anwälte für Zollrecht beraten Sie gerne bei der Ermittlung der richtigen Zolltarifnummer bei Vitaminen und wenn Sie einen Einspruch gegen den Zoll einlegen wollen.

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Dieser Artikel wurde am 11. Mai 2020 erstellt. Er wurde am 03. November 2021 aktualisiert. Die fachliche Zweitprüfung hat Rechtsanwalt Dr. Tristan Wegner durchgeführt.

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  • Anton Schmoll

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  • Rechtsanwalt Anton Schmoll berät im Zollrecht, zum Außenwirtschaftsgesetz und zur Verbrauchssteuer. Er ist seit 2013 für die Kanzlei tätig und hat seitdem in zahlreichen Verfahren vor dem Bundesfinanzhof und der Europäischen Kommission das Zollrecht maßgeblich weiterentwickelt.