Die zolltarifliche Einreihung von Arzneiwaren in die Positionen 3003 und 3004 der Kombinierten Nomenklatur zählt zu den komplexesten Einreihungsvorgängen überhaupt. Folgerichtig war sie bereits häufiger Gegenstand von Gerichtsverfahren, die sich mit den unterschiedlichen Feinheiten auseinandergesetzt haben. 

Leider hat dies bisher nicht zu klaren und abschließenden Antworten geführt. Für Unternehmer, die Arzneiwaren ein- oder ausführen, besteht nach wie vor oftmals Ungewissheit über die richtige Zolltarifnummer. 

Die Verwendung der falschen Zolltarifnummer kann zu Sanktionen sowohl beim Import, als auch beim Export führen. 

Nicht jede Substanz kann Arzneiware sein 

Zolltariflich sind Arzneiwaren pharmazeutische Erzeugnisse. Als solche müssen sie bereits bestimmte stoffliche Voraussetzungen erfüllen. Nicht jede Substanz kann ein pharmazeutisches Erzeugnis sein. 

Je nach stofflicher Beschaffenheit scheidet eine Einreihung als Arzneiware deshalb schon auf dieser Ebene aus. 

Die Frage ist nicht immer präzise mit rein juristischen Mitteln zu beantworten. So entschied der EuGH bereits im Jahre 1993, dass die Merkmale und Eigenschaften einer Arzneiware „im Lichte der medizinischen Entwicklung“ auszulegen seien. Mitunter kann eine ebenfalls von Relevanz sein. 

Therapeutischer oder prophylaktischer Zweck 

Arzneiwaren sind zunächst solche, die einen therapeutischen oder prophylaktischen Zweck aufweisen. 

Wann ein solcher Zweck vorliegt, ist nicht immer eindeutig. Hierbei kann es unter anderem darauf ankommen, auf welche Art und Weise die Ware auf den menschlichen Organismus Einfluss nimmt und auf welche Wirkung sie abzielt.

Hierzu wurden im Laufe der Zeit eine Fülle an Einzelfallentscheidungen von deutschen und europäischen Gerichten getroffen, die leider kaum das Ableiten von universell gültigen Grundsätzen ermöglicht. 

Arzneiware auch ohne Arzneizweck 

Aber auch solche Waren, die selbst keinen therapeutischen oder prophylaktischen Zweck aufweisen, können als Arzneiware einzureihen sein, wenn erkennbar ist, dass sie für eine bestimmte Verwendung bestimmt sind. 

Das kann zum Beispiel dann der Fall sein, wenn die Ware nur unter ärztlicher Aufsicht verabreicht werden darf. 

In diesem Zusammenhang ist oftmals die Abgrenzung von Nahrung und Nahrungsergänzungsmitteln zu Arzneiwaren streitig. 

Angaben auf Verpackung/Beipackzettel 

Zuletzt kann es auch darauf ankommen, wie die Ware insbesondere im Hinblick auf die beiliegende Produktbeschreibung vertrieben wird. 

Von der Rechtsprechung wurde bestätigt, dass derjenige, der seine Ware als Arzneiware vertreibt, sich unter Umständen daran festhalten lassen müsse. Dies gelte sogar unabhängig davon, ob in tatsächlicher Hinsicht ein solcher Zweck vorliege oder nicht. 

Die Art und Weise, in der eine Ware vertrieben wird, kann also unter Umständen Einfluss auf die zolltarifliche Behandlung haben. Dies stellt im zolltariflichen Einreihungssystem eine Besonderheit dar, da die richtige Zolltarifnummer in der Regel anhand von objektiven Merkmalen ermittelt wird. 

Alternative Einreihung möglich 

Für vermeintliche Arzneiwaren kommt potentiell eine Vielzahl anderer Zolltarifnummern in Betracht. Umgekehrt können solche Waren, die unter anderen Zolltarifnummern eingereiht werden, möglicherweise dennoch als Arzneiwaren einzureihen sein. 

Sanktionen bei falscher Einreihung 

Die falsche Einreihung von Waren bei der Zollanmeldung kann sowohl bei der Einfuhr als auch bei der Ausfuhr zu Sanktionen führen. 

  • Bei der Einfuhr können für falsche Zollanmeldungen Nachzahlungen und schlimmstenfalls Verfahren wegen Steuerhinterziehung drohen. 
  • Bei der Ausfuhr stellt die falsche Anmeldung potentiell eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit empfindlichen Geldbußen geahndet werden kann. 

Dieser Artikel wurde am 14. August 2023 erstellt. Er wurde am 17. August 2023 aktualisiert. Die fachliche Zweitprüfung hat Rechtsanwalt Dr. Tristan Wegner durchgeführt.

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  • Rechtsanwalt Anton Schmoll berät im Zollrecht, zum Außenwirtschaftsgesetz und zur Verbrauchssteuer. Er ist seit 2013 für die Kanzlei tätig und hat seitdem in zahlreichen Verfahren vor dem Bundesfinanzhof und der Europäischen Kommission das Zollrecht maßgeblich weiterentwickelt.