Bei den Verhandlungen im Rahmen der Uruguay-Runde trafen die EU und einige andere der wichtigsten Herstellerländer pharmazeutischer Produkte eine Vereinbarung über die Zollfreiheit von pharmazeutischen Erzeugnissen.

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Inhalt der WTO-Vereinbarung

Während der Uruguay-Runde haben sich die wichtigsten Produzenten – die EU, die Vereinigten Staaten, Japan, Kanada und die Schweiz darauf geeinigt, die Zölle auf pharmazeutische Erzeugnisse auf null zu senken. Die Vereinbarung über die Zollfreiheit pharmazeutischer Erzeugnisse, welche bereits 1995 in Kraft getreten ist, bezog sich auf über 6 000 Handelsgüter.

Die WTO-Vereinbarung findet derzeit für die pharmazeutischen Erzeugnisse des Kapitels 30 und der Positionen 2936, 2937, 2939 und 2941 des Harmonisierten Systems (HS) Anwendung.

Die Vereinbarung deckt insbesondere Arzneimittel und Massenmedikamente ab.

 Noch nicht vom WTO Pharma-Abkommen abgedeckt sind:

  • Medizinische Verbrauchsmaterialien
  • Medizintechnik
  • Medizingeräte
  • Produkte zum persönlichen Schutz (Handseife, Desinfektionsmittel, Gesichtsmasken)

Das Ziel der Vereinbarung ist der weitere Abbau von Handelsbarrieren bis hin zu einem vollständigen Abbau von Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen.

Die Vertragspartner

Im Jahre 1995 beschlossen 22 Staaten die WTO- Vereinbarungen. Heute haben bereits 34 Staaten der Vereinbarung zugestimmt, die zusammen rund 65 % des multinationalen Pharma-Handels ausmachen. Jedoch haben auch bedeutende und einflussreiche Herstellerländer dieser Waren, die Vereinbarung nicht unterzeichnet. Hierzu gehören insbesondere:

Es besteht eine Verpflichtung für die Vertragsparteien, alle drei Jahre eine aktualisierte Liste, der Pharma-Produkte bei der WHO einzureichen, sodass diese eine aktuelle Fassung veröffentlichen kann. Die Liste wird sodann in den Anhängen der EU-Nomenklatur festgelegt.

Mit der Entwicklung neuer Medikamente fanden in den Jahren 1995–1996, 1998 und 2006 Überprüfungen statt, bei denen immer weitere Pharma-Erzeugnisse der Liste hinzugefügt wurden. Die Gesamtzahl der zollfreien Arzneimittelimporte in die EU beträgt heute ca. 8 619 (Stand 2021).

Zollsatz der Pharmaprodukte

Aktuell liegt der durchschnittliche Zollsatz auf Gesundheitsgüter weltweit bei knapp 5%, wobei der Satz der EU und der USA mit 1,5% bzw. rund 1% deutlich darunterliegt. Hingegen erhebt China 4,5%.

Folgend eine Auflistung weiterer durchschnittlicher WTO-Zollsätze:

  • Arzneimittel: 2,1 Prozent
  • Medizinische Ausrüstung: 3,4 Prozent
  • Medizinisches Verbrauchsmaterial: 6,2 Prozent
  • Persönliche Schutzmittel: 11,5 Prozent
  • Zollfrei nur in Reinform oder auch in Mischform

Liste P – Zollfreiheit für Pharmaprodukte

Bestimme Waren erhalten eine tarifliche Abgabenbegünstigung. Dies dient dazu bestimmte Wirtschaftszweige in der Gemeinschaft, insbesondere der verarbeitenden Industrie zu fördern bzw. den außerhalb der Gemeinschaft ansässigen Herstellern wettbewerbsmäßig gleichzustellen. Hierzu zählen auch pharmazeutischen Erzeugnisse.

Es ist erforderlich, einige Stoffe in die Liste internationaler Freinamen für pharmazeutische Stoffe einzureihen. Die Durchführungsverordnung (EU) 2021/1832 der Kommission vom 12. Oktober 2021 besagt, dass pharmazeutischen Erzeugnisse der nachstehenden Kategorien von den Zöllen befreit werden:

  1. Pharmazeutische Substanzen, die sowohl durch die CAS RN (Chemical Abstracts Service Registry Numbers) identifiziert als auch durch die INN (Internationalen Freinamen), aufgelistet im Anhang 3, erfasst werden;
  2. Salze, Ester und Hydrate von INN, deren Bezeichnungen sich aus der Kombination eines INN des Anhangs 3 mit Präfixen oder Suffixen des Anhangs 4 ergeben, sofern diese Erzeugnisse in dieselbe sechsstellige HS-Unterposition wie die entsprechenden INN einzureihen sind;
  3. Salze, Ester und Hydrate von INN, die in Anhang 5 aufgeführt sind und nicht in dieselbe sechsstellige HS-Unterposition wie die entsprechenden INN einzureihen sind;
  4. Pharmazeutische Zwischenprodukte des Anhangs 6, die durch eine chemische Bezeichnung und eine CAS RN identifiziert sind, die bei der Herstellung pharmazeutischer Fertigerzeugnisse verwendet werden.

Sonderfälle

  1. Die INN umfassen nur solche Substanzen, die in der Liste der von der WHO vorgeschlagenen und empfohlenen INN erfasst sind. Wenn die Anzahl der von einem INN umfassten Substanzen geringer ist als die von der CAS RN identifizierten, dann gilt die Zollfreiheit nur für die von dem INN erfassten Substanzen.
  2. Wird ein Erzeugnis der Anhänge 3 oder 6 durch eine CAS RN bezeichnet, die einem spezifischen Isomer entspricht, so gilt nur für dieses Isomer Zollfreiheit.
  3. Die Doppelderivate (Salze, Ester und Hydrate) von INN, deren Bezeichnungen sich aus der Kombination einer INN des Anhangs 3 mit Präfixen oder Suffixen des Anhangs 4 ergeben, sind zollfrei, sofern sie in dieselbe sechsstellige HS-Unterposition wie die entsprechenden INN einzureihen sind.
  4. Ist ein INN des Anhangs 3 ein Salz (oder ein Ester), so gilt die Zollfreiheit nur für dieses genannte Salz (oder Ester). Für alle anderen Salze (oder Ester) der zugehörigen Säure, die dem jeweiligen INN entspricht, gilt keine Zollfreiheit.
    Beispiele: Oxpreonatkalium (INN): zollfrei, Oxpreonatnatrium: nicht zollfrei.
  5. Ist für ein Erzeugnis des Anhangs 3 oder des Anhangs 6 keine CAS RN (Nummer 0-00-0) angegeben, reicht der internationale Freiname (INN) oder die aufgeführte chemische Bezeichnung für die Zollfreiheit aus.

Zollfreiheit nur für Pharmaprodukte in Reinform

Grundsätzlich sind nur pharmazeutische Produkte in Reinform zollfrei.

Laut eines Urteils des EuGH sind nicht zollbefreit solche pharmazeutischen Erzeugnisse, die – abgesehen von möglichen in diesen Erzeugnissen vorhandenen Verunreinigungen aus Rückständen – nicht in reiner Form vorliegen.

Als bloße Verunreinigungen aus Rückständen können solche Substanzen nicht angesehen werden, die der Grundsubstanz in unterschiedlichen Mengen hinzugefügt worden sind und die als solche nicht Teil dieser Substanz oder des Erzeugnisses sind, aus dem die Substanz gewonnen wurde.

Langfristige Ziele

Das Ziel der WTO – Vereinbarung ist der weitere Abbau von Handelsbarrieren bis hin zu einem vollständigen Abbau von Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen. Die einheitlich festgelegten Zollsätze sollen insbesondere Sicherheit für Unternehmen bieten.

Ziele der nicht bindenden WTO-Vereinbarung:

  • Alle Länder sollten dem WTO Pharma-Abkommen beitreten
  • Das Abkommen deckt bisher bestimmte Pharmaprodukte ab. Es sollte auf alle Gesundheitsgüter und -Dienstleistungen ausgeweitet werden
  • Im Abkommen sollten staatliche Transparenzpflichten zu relevanten Regulierungen und der Austausch über bewährte Regulierungspraktiken festgeschrieben werden, um diskriminierende nichttarifäre Handelshemmnisse zu verhindern
  • Angelehnt an Regelungen anderer WTO-Abkommen (Trade Facilitation Agreement) sollte den am wenigsten entwickelten Ländern besondere Unterstützung zukommen, um deren Teilnahme am Abkommen zu erleichtern.

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Dieser Artikel wurde am 27. November 2022 erstellt. Er wurde am 29. November 2022 aktualisiert. Die fachliche Zweitprüfung hat Rechtsanwalt Dr. Tristan Wegner durchgeführt.

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  • Rechtsanwalt Anton Schmoll berät im Zollrecht, zum Außenwirtschaftsgesetz und zur Verbrauchssteuer. Er ist seit 2013 für die Kanzlei tätig und hat seitdem in zahlreichen Verfahren vor dem Bundesfinanzhof und der Europäischen Kommission das Zollrecht maßgeblich weiterentwickelt.