Alle Kosten, die bis zum Ort des Verbringens in das Zollgebiet der Union anfallen, sind zollwertrelevant. Kosten, die danach entstehen, bleiben außen vor. So gilt es zumindest grundsätzlich nach Art. 71 und 72 des Unionszollkodex (UZK). Dennoch stellt sich beim Import von Waren in die EU regelmäßig die Frage, welche Kostenpositionen einer Spediteursrechnung in den Zollwert einbezogen werden müssen. Wir bringen Licht ins Dunkle.
Zollwertrelevanz hängt vom Entstehungsort der Kosten ab
Ob eine Position auf der Spediteursrechnung zollwertrelevant ist, entscheidet sich nicht allein an ihrer Bezeichnung, sondern vor allem daran, wo und wann die jeweilige Leistung erbracht wurde. Maßgeblich ist der Ort, an dem die Ware in das EU-Zollgebiet gelangt. Für Seefrachtsendungen ist das in der Regel der erste Hafen der EU-Zollunion (z. B. Rotterdam oder Hamburg).
Beispiel: Ein „Handling Cost Origin“ in Shanghai zählt zum Zollwert, weil die Leistung vor dem EU-Eingangshafen erbracht wurde. Dagegen gehören „Trucking Destination“ oder „Import Clearance“ nicht dazu, da sie erst nach dem Verbringen der Ware in das Zollgebiet der Union anfallen.
Typische zollwertrelevante Posten auf Spediteursrechnungen
Zu den häufig zollwertrelevanten Positionen zählen:
- Seefrachtkosten (inkl. Bunker-Zuschläge, Peak Season Surcharges)
- Verpackungskosten und Verladegebühren im Ursprungsland
- Kosten für die Transportversicherung bis zum EU-Grenzübertritt
- Umschlagskosten am Abgangshafen („Origin Terminal Handling Charges“)
- Vorkosten für die Lieferung zum Abgangshafen
Diese Posten werden gemäß Art. 71 Abs. 1 lit. e) UZK in Verbindung mit Art. 72 UZK dem Transaktionswert hinzugerechnet, soweit sie nicht bereits im Kaufpreis enthalten sind.
Nicht zollwertrelevant: Leistungen nach Grenzübertritt
Kosten, die nach dem Ort des Verbringens entstehen, bleiben außen vor. Dazu zählen typischerweise:
- Importabfertigungskosten
- Nachlauftransporte im Inland (z. B. Lkw-Transport vom Hafen zum Empfänger)
- Zollabgaben, Einfuhrumsatzsteuer, Antidumpingzölle
- Kosten für Lagerung nach der Einfuhr
Diese Leistungen dürfen nicht zum Zollwert gerechnet werden, selbst wenn sie in der gleichen Spediteursrechnung aufgeführt sind.
Handlungsempfehlung für Unternehmen
Damit der Zollwert korrekt ermittelt wird, sollten Unternehmen:
- Spediteursrechnungen regelmäßig prüfen, ob die enthaltenen Positionen korrekt aufgeschlüsselt sind.
- Nur die zollwertrelevanten Positionen in die Zollanmeldung übernehmen.
- Mit Spediteuren klare Abrechnungsvereinbarungen treffen, insbesondere zur Trennung von Vorlauf- und Nachlaufkosten.
- Dokumentieren, wie die Kosten zugeordnet wurden, falls es zu einer Zollprüfung kommt.
Gerade bei Incoterms wie CFR oder CIF ist besondere Sorgfalt geboten, da sie Frachtkosten beinhalten, die separat ausgewiesen sein müssen.
Fazit
Nur Leistungen, die vor dem Verbringen der Ware in das Zollgebiet der Union erbracht werden, gehören in den Zollwert. Spediteure sollten ihre Rechnungen transparent strukturieren, und Unternehmen müssen bei der Anmeldung sorgsam zwischen zollwertrelevanten und irrelevanten Positionen unterscheiden. Fehler bei der Bewertung führen nicht nur zu Nachforderungen, sondern bergen auch Bußgeldrisiken bei Zollprüfungen.
FAQ – Häufige Folgefragen
Was ist der „Ort des Verbringens“ im Sinne des Zollrechts?
Das ist der Ort, an dem die Ware erstmals physisch in das Zollgebiet der Union gelangt, z. B. der EU-Hafen bei Seefracht.
Muss ich Kosten für Transportversicherungen hinzurechnen?
Grundsätzlich ja, sofern sie sich auf den Transport bis zum Verbringen in die EU beziehen und nicht im Kaufpreis enthalten sind.
Was passiert, wenn ich zollwertirrelevante Kosten fälschlich einbeziehe?
Das führt zu einem zu hohen Zollwert. Unternehmen zahlen dadurch zu viel Zoll. Bei systematischem Fehler drohen zudem Rückforderungen oder Bußgelder.
Haben Sie zollrechtliche Fragen? Unsere erfahrenen Anwälte helfen Ihnen gerne weiter.
Dieser Artikel wurde am 14. August 2025 erstellt. Er wurde am 21. August 2025 aktualisiert
Ihr Ansprechpartner
Rechtsanwalt Anton Schmoll berät im Zollrecht, zum Außenwirtschaftsgesetz und zur Verbrauchssteuer. Er ist seit 2013 für die Kanzlei tätig und hat seitdem in zahlreichen Verfahren vor dem Bundesfinanzhof und der Europäischen Kommission das Zollrecht maßgeblich weiterentwickelt.