Speziell seit der Corona-Pandemie sind die internationalen Lieferketten massiv gestört. Dadurch sind nicht nur die Preise für Seefracht explodiert, sondern auch Schiffe sind im Regelfall erheblich verspätet und Container sind knapp. Auch in der Vergangenheit ist es im Seeverkehr schon häufiger zu Verzögerungen gekommen, z.B. bei der Ever-Given.

Das Landgericht Hamburg hat nun in einem neuen Urteil klargestellt, wann Versender bei Verzögerungen im Seetransport Schadensersatz verlangen können.

Verzögerter Seecontainer – dann gibt es Schadensersatz

Die Hürden für Schadensersatz wegen Verzögerung im Seetransport sind dabei niedrig gesetzt worden.

Der Absender beauftragte eine Spedition zu festen Kosten mit der Beförderung eines Containers von Bremen auf die Bahamas. Angaben zum Verwendungszweck des Containerinhaltes wurden nicht gemacht.

Die Sendung wurde durch die Rederei auf das Schiff Cartagena Express verladen. Als ETA-Ankunftsdatum war der 09.04.2018 genannt. Die Ankunft des Containers verzögerte sich allerdings. Am 22.05.2018 wandte sich der Absender mit der Bitte um Prüfung an den Seespediteur. Am 25.05.2018 schrieb der Mitarbeiter des Versenders sodann eine E-Mail.

In dieser hieß es:

„Wir erwarten HEUTE bis 15:00 Uhr eine schriftliche Stellungnahme der Rederei warum der Container überhaupt in Cartagena entladen wurde? Warum er dann mehrere Wochen ohne Weiterleitung geblieben ist? Wann wird der Ankunft in Freeport zu rechnen ist? Warum wurden wir über die Verzögerung nicht zeitnahe informiert? Wir erwarten, dass diese Angelegenheit nunmehr vorrangig abgearbeitet wird, zumal wir gegenüber unserem Kunden ebenfalls verstärken Erklärungsbedarf haben.“

Der Container war in Cartagena entladen worden und wurde letztendlich erst 23.06.2018 am Bestimmungsort Freeport auf den Bahamas angeliefert.

Das Gericht hat insbesondere darüber zu entscheiden, ob die E-Mail Korrespondenz eine Mahnung darstellt und dementsprechend Verzugsschäden geltend gemacht werden können. Das Landgericht Hamburg hat erneut festgestellt, dass im Seefrachtrecht besondere Vorschriften über das eintreten müssen für Verspätungen fehlen und die allgemeinen Verzugsvorschriften Anwendung finden.

Schadensersatz für Seereise nur bei Mahnung

Das Gericht ging zudem davon aus, dass die zuvor zitierte E-Mail auch eine Mahnung darstelle.

Es hat aber auch klargestellt, dass die Angabe einer ETA-Zeit keine verbindliche Zusage für die Anlieferung des Containers im Seeverkehr gewesen ist. Schließlich bedeuten die Buchstaben ETA (Estimated time of arrival) nur eine unverbindliche Ankunftszeit.

Das nachträgliche Drängen darauf an Informationen über den Status des verspäteten Containers zu erhalten war der E-Mail Korrespondenz zu entnehmen, sodass eine Mahnung vorlag.

Auch sei die Leistung bereits fällig gewesen, sodass die Ermahnung nicht zu früh erfolgt sei. Insofern waren bereits sechs Wochen seit dem geschätzten Ankunftstag vergangen.

Die Entscheidung zeigt erneut, dass auch bei Verzögerungen im Seeverkehr Absender nicht schutzlos dastehen und Ansprüche wegen Verzögerung von Seefrachten gelten machen können.

Sollten Sie Fragen zum Thema Verspätung von Seefrachten oder im Seerecht haben stehen wir Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung.

Dieser Artikel wurde am 4. Juli 2021 erstellt. Die fachliche Zweitprüfung hat Rechtsanwalt Dr. Tristan Wegner durchgeführt.

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Seerecht

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  • Dr. Tristan Wegner ist seit 2013 als Rechtsanwalt im internationalen Handels- und Transportrecht tätig und hat über 10 Jahre Erfahrung. Er ist Fachanwalt für Transport- und Speditionsrecht. Er ist geschäftsführender Partner der Kanzlei. Herr Dr. Wegner war für eine international führende Kanzlei im Zoll– und Außenwirtschaftsrecht sowie für die Zollfahndung tätig und hat zum internationalen Handel promoviert. Rechtsanwalt Dr. Wegner ist regelmäßig in der Fachpresse und veröffentlicht Aufsätze. Er ist Mitglied im Versicherungswissenschaftlichen Verein Hamburg, der Deutschen Initiative junger Schiedsrechtler (DIS40) sowie dem Europäischen Forum für Außenwirtschaft, Verbrauchsteuern und Zoll, dem Verein für Seerecht und der GMAA. Er ist zudem Dozent und Lehrbeauftragter an der Universität Hamburg.