Von Dr. Tristan Wegner, Fachanwalt für Transport- und Speditionsrecht

Dr. Wegner ist Partner der Kanzlei O&W Rechtsanwaltsgesellschaft. Die Kanzlei berät seit über 38 Jahren Unternehmen zu allen Fragen der internationalen Lieferkette.


Ein kleiner Fehler in der Ausfuhranmeldung kann bereits zu empfindlichen Bußgeldern führen. Doch das größte Risiko im deutschen Zollrecht ist oft unsichtbar. Viele Geschäftsführer und Zollbeauftragte sind unsicher, was Ausfuhrabgaben genau sind, und fürchten die Komplexität des ATLAS-Verfahrens sowie die rechtlichen Konsequenzen bei Fehlern. Dieser Leitfaden von Fachanwälten für Zollrecht übersetzt die Theorie in die Praxis. Sie lernen nicht nur die Grundlagen, sondern vor allem, wie Sie den Prozess der Ausfuhranmeldung rechtssicher gestalten und Ihr Unternehmen vor Strafen schützen.

Grundlagen: Was sind Ausfuhrabgaben (und was nicht)?

Ausfuhrabgaben sind Steuern oder Zölle, die ein Staat auf die Ausfuhr von Waren erhebt. Die offizielle Definition von Ausfuhrabgaben laut Zoll bestätigt, dass diese im Gegensatz zu Einfuhrabgaben in der EU und Deutschland extrem selten sind. Laut der wirtschaftswissenschaftlichen Definition von Ausfuhrabgaben betreffen sie meist nur sehr spezifische Güter, beispielsweise im Agrarbereich, um die Versorgung im Inland zu sichern.

Der entscheidende Unterschied für die Praxis ist, dass fast jedes exportierende Unternehmen mit Einfuhrabgaben im Zielland konfrontiert wird, aber kaum eines mit Ausfuhrabgaben im wörtlichen Sinne. Das wahre Thema für Exporteure ist die korrekte „Ausfuhranmeldung“.

Warum ist der Begriff trotzdem so wichtig? Obwohl selten eine tatsächliche Abgabe anfällt, bildet der Begriff die rechtliche Grundlage für Strafen. Fehler im Anmeldeverfahren können als „Gefährdung von Ausfuhrabgaben“ gewertet werden – selbst wenn nie eine Abgabe fällig gewesen wäre. Dies ist der Kern des Risikos für Unternehmen.

MerkmalEinfuhrabgaben (Zoll)Ausfuhrabgaben
Wer zahlt?Der Importeur im ZiellandDer Exporteur im Ursprungsland
Wann fällig?Bei der Einfuhr von Waren in die EUBei der Ausfuhr von Waren aus der EU
Häufigkeit in DE/EUDie RegelDie absolute Ausnahme

Anleitung: Die Ausfuhranmeldung über ATLAS rechtssicher durchführen

Grundsätzlich ist für jede gewerbliche Ausfuhr aus der EU eine Anmeldung erforderlich. Ab einem Warenwert von 1.000 Euro oder einem Gewicht von 1.000 kg muss diese zwingend elektronisch über das Automatisierte Tarif- und Lokale Abmessungs-System (ATLAS) erfolgen.

Hier ist der Schritt-für-Schritt-Weg zum Ausfuhrbegleitdokument (ABD):

  1. Voraussetzungen schaffen: Beantragen Sie eine EORI-Nummer (Economic Operators Registration and Identification) und wählen Sie eine ATLAS-zertifizierte Software oder beauftragen Sie einen Dienstleister wie eine Spedition oder einen Zollagenten.
  2. Daten korrekt erfassen: Erfassen Sie sorgfältig alle Daten wie Absender, Empfänger, eine genaue Warenbeschreibung, die Zolltarifnummer, den Warenwert und das Gewicht. Rechtlicher Fallstrick: Eine falsche Zolltarifnummer ist einer der häufigsten und teuersten Fehler, der schnell zu rechtlichen Problemen führen kann.
  3. Antrag übermitteln und Gestellung: Senden Sie die Anmeldung an die zuständige Zollstelle. Anschließend müssen Sie die Ware für eine mögliche Beschau durch den Zoll bereithalten (die sogenannte Gestellung).
  4. Überlassung und Erhalt des ABD: Nach Prüfung durch den Zoll wird die Ware zur Ausfuhr überlassen und das Ausfuhrbegleitdokument (ABD) mit einer einzigartigen Movement Reference Number (MRN) wird elektronisch generiert.
  5. Nachweis für die Umsatzsteuer: Das ABD wird an der EU-Außengrenze von der Grenzzollstelle gescannt. Dadurch wird der Ausgangsvermerk (AgV) erzeugt. Rechtlicher Fallstrick: Dieser Vermerk ist der entscheidende Nachweis für die Umsatzsteuerbefreiung der Ausfuhrlieferung. Fehlende Ausgangsvermerke können bei einer Betriebsprüfung zu erheblichen Umsatzsteuernachzahlungen führen.

Für weiterführende operative Details stellt die IHK eine Praxisanleitung zum ATLAS-Ausfuhrverfahren zur Verfügung. Dieser Artikel dient als die darüberliegende, anwaltliche Risikobewertungsebene.

Risikominimierung: Strafen vermeiden & aktuelle Entwicklungen kennen

Das Wissen um die korrekte Anmeldung ist die eine Sache, das Verständnis für die Konsequenzen bei Fehlern die andere.

Der Hauptfallstrick: Die „Gefährdung von Ausfuhrabgaben“

Der häufigste Vorwurf im Zusammenhang mit fehlerhaften Ausfuhranmeldungen ist die Ordnungswidrigkeit der „Gefährdung von Ausfuhrabgaben“ gemäß § 382 AO. Dieser Tatbestand ist bereits erfüllt, wenn durch eine unrichtige oder unvollständige Anmeldung die zollamtliche Überwachung erschwert wird. Die mögliche Strafe ist in der Regel ein Bußgeld von bis zu 5.000 Euro – kann sich aber auch auf is zu 50.000 Euro.

Ein anonymisiertes Fallbeispiel aus unserer Kanzleipraxis verdeutlicht das Risiko: Ein Mandant von uns, ein mittelständischer Maschinenbauer, deklarierte eine falsche Zolltarifnummer, um den Prozess vermeintlich zu beschleunigen. Obwohl keine Abgaben fällig waren, leitete der Zoll ein Bußgeldverfahren ein. Wir konnten das Verfahren zur Einstellung bringen, aber der Fall unterstreicht das erhebliche Risiko selbst bei vermeintlich kleinen Fehlern.

Aktuelle Entwicklungen, die jedes KMU kennen muss

Das Zollrecht ist ständig im Wandel. Hier sind drei zentrale Entwicklungen für 2025:

  1. EU-Zollreform: Die Europäische Kommission plant mit der aktuellen EU-Zollreform eine massive Vereinfachung durch ein zentrales EU-Zoll-Datenportal. Eine neue Rolle wird der „Trust & Check“-Händler sein. Unternehmen mit exzellenter Zoll-Compliance werden von erheblichen Vereinfachungen profitieren.
  2. „No-Russia-Klausel“: Seit dem 12. EU-Sanktionspaket sind Exporteure für bestimmte Güter vertraglich verpflichtet, die Wiederausfuhr nach Russland durch ihre Kunden zu untersagen. Handlungsempfehlung: Überprüfen und passen Sie dringend Ihre AGB und Lieferverträge an, um diese Klausel zu implementieren.
  3. Neue BAFA-Gebühren: Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) hat Gebühren für die Beantragung von Ausfuhrgenehmigungen eingeführt. Dies erhöht die Exportkosten für alle genehmigungspflichtigen Güter.
Aktuelle EntwicklungHandlungsempfehlung für Ihr Unternehmen
EU-ZollreformInvestieren Sie jetzt in Compliance, um später als „Trust & Check“-Händler zu profitieren.
„No-Russia-Klausel“Passen Sie Ihre AGB und Lieferverträge an, um die Klausel zu integrieren.
BAFA-GebührenKalkulieren Sie die neuen Gebühren in die Exportkosten für genehmigungspflichtige Waren ein.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was sind Ausfuhrabgaben?

Ausfuhrabgaben sind Steuern auf den Export von Waren, die in der Europäischen Union jedoch nur extrem selten anfallen.

Was ist der Unterschied zwischen Einfuhr- und Ausfuhrabgaben?

Einfuhrabgaben fallen bei der Einfuhr von Waren in die EU an und sind die Regel, während Ausfuhrabgaben bei der Ausfuhr anfallen und die absolute Ausnahme sind.

Wann ist eine Ausfuhranmeldung erforderlich?

Eine elektronische Ausfuhranmeldung über ATLAS ist für gewerbliche Sendungen in Nicht-EU-Länder ab einem Warenwert von 1.000 Euro oder einem Gewicht von 1.000 kg zwingend erforderlich.

Wie funktioniert das ATLAS-Ausfuhrverfahren?

Es ist ein elektronisches Verfahren, bei dem Sie Ihre Ausfuhrdaten online an den Zoll übermitteln, um eine Exportgenehmigung in Form des Ausfuhrbegleitdokuments (ABD) zu erhalten.

Was bedeutet ‚Gefährdung von Ausfuhrabgaben‘?

Dies ist eine Ordnungswidrigkeit, die vorliegt, wenn durch fehlerhafte Angaben in der Zollanmeldung die Überwachung des Zolls erschwert wird, und die mit hohen Bußgeldern geahndet werden kann.

Was ist die ‚No-Russia-Klausel‘?

Es ist eine vertragliche Pflicht für Exporteure, die Weiterlieferung bestimmter Güter nach Russland durch ihre Kunden zu untersagen, eingeführt durch das 12. EU-Sanktionspaket.

Fazit: Compliance ist der Schlüssel zum sicheren Export

Für deutsche Unternehmen liegt das Hauptrisiko im Export nicht in der Zahlung seltener Ausfuhrabgaben, sondern in der Nichteinhaltung der formellen Anmeldepflichten. Fehler im ATLAS-Prozess, falsche Zolltarifnummern und die Unkenntnis aktueller Vorschriften wie der „No-Russia-Klausel“ sind die wahren Gefahren, die zu empfindlichen Bußgeldern und Steuernachzahlungen führen können.

Ein proaktiver Ansatz zur Sicherstellung der Zoll-Compliance ist keine Kür, sondern eine Pflicht für die Geschäftsführung. Überprüfen Sie regelmäßig Ihre Exportprozesse, schulen Sie Ihre Mitarbeiter und halten Sie sich über die dynamischen Rechtsänderungen auf dem Laufenden.

Sie sind unsicher, ob Ihre Exportprozesse rechtssicher aufgestellt sind oder haben Fragen zu einem konkreten Fall? Als Fachanwälte für Zollrecht bieten wir Ihnen eine kostenlose und unverbindliche Ersteinschätzung Ihrer Situation. Kontaktieren Sie uns, um Ihre Risiken zu minimieren und Ihre Exporte sicher zu gestalten.

Dieser Artikel wurde am 25. Oktober 2025 erstellt.

Ihr Ansprechpartner

  • Dr. Tristan Wegner

    ABC-Str. 21
    20354 Hamburg
  • Dr. Tristan Wegner ist seit 2013 als Rechtsanwalt im internationalen Handels- und Transportrecht tätig und hat über 10 Jahre Erfahrung. Er ist Fachanwalt für Transport- und Speditionsrecht. Er ist geschäftsführender Partner der Kanzlei. Herr Dr. Wegner war für eine international führende Kanzlei im Zoll– und Außenwirtschaftsrecht sowie für die Zollfahndung tätig und hat zum internationalen Handel promoviert. Rechtsanwalt Dr. Wegner ist regelmäßig in der Fachpresse und veröffentlicht Aufsätze. Er ist Mitglied im Versicherungswissenschaftlichen Verein Hamburg, der Deutschen Initiative junger Schiedsrechtler (DIS40) sowie dem Europäischen Forum für Außenwirtschaft, Verbrauchsteuern und Zoll, dem Verein für Seerecht und der GMAA. Er ist zudem Dozent und Lehrbeauftragter an der Universität Hamburg.