Zölle und Einfuhrumsatzsteuern können schneller entstehen als gedacht. Dies musste nun auch eine Frau feststellen, die für ihren Arbeitgeber Diamant-Ohrringe aus der Schweiz nach Zentralasien transportierte. Das Problem: Beim Umstieg am Flughafen Frankfurt verließ sie den Transit-Bereich durch den grünen Ausgang „Anmeldefreie Waren“, um sich kurzzeitig mit ihrer Schwester im für die Öffentlichkeit zugänglichen Bereich des Flughafens zu treffen. Der BFH bestätigte nun, dass dadurch sowohl Zoll als auch Einfuhrumsatzsteuer auf die Ohrringe entstanden sind.
Zoll und Einfuhrumsatzsteuer bei Umstieg entstanden?
Der Bundesfinanzhof (BFH) beschäftigte sich mit einem Fall, in dem die Antragstellerin und Beschwerdeführerin geschäftlich aus der Schweiz nach Zentralasien reiste. Im Gepäck hatte sie Diamant-Ohrringe, die sie für ihren Arbeitgeber überführen sollte. Die Ohrringe transportierte sie körpernah in ihrem Rucksack.
Eine für den deutschen Zoll relevante Wendung nahm der Fall dadurch, dass die Beschwerdeführerin einen Umstieg in Frankfurt vorgesehen hatte. Während des auf 6 Stunden geplanten Aufenthalts in Frankfurt verließ die Beschwerdeführerin den Transit-Bereich des Flughafens, um sich mit ihrer Schwester zu treffen. Dabei schritt sie, mit den Diamant-Ohrringen im Rucksack, durch den grünen Ausgang „Anmeldefreie Waren“.
Anschließend traf die Frau sich mit ihrer Schwester im öffentlich zugänglichen Bereich des Flughafens. Als sie das Flughafengebäude verließen, um zum Auto der Schwester zu gehen, wurde die Frau von Zöllnern kontrolliert.
Unter der von den Zöllnern festgestellten Beweislage erließ das zuständige Hauptzollamt einen Abgabenbescheid über zu entrichtende Zoll- und Einfuhrumsatzsteuer. Auf Grundlage dessen beschlagnahmte das Hauptzollamt die Diamant-Ohrringe als Beweismittel und zur Sicherung der Einfuhrabgaben.
FG: Abgaben entstanden, da Gestellungspflicht verletzt wurde
Damit gab sich die Frau nicht zufrieden und legte zunächst einen Einspruch ein. Als dieser abgelehnt wurde, setzte sie sich zunächst vor dem Finanzgericht (FG) zur Wehr.
Das FG setzte die Vollziehung des Abgabenbescheids zunächst aus, stellte aber fest, dass die Zoll- und Einfuhrumsatzsteuerschuld entstanden sei. Darin, dass die Frau keine Gestellungsmitteilung abgegeben habe, liege eine zollrechtliche Pflichtverletzung.
Was ist eine Gestellungsmitteilung?
Eine Gestellungsmitteilung ist die Mitteilung an die Zollbehörde, dass Waren bei der Zollstelle oder einem anderen von den Zollbehörden bezeichneten oder zugelassenen Ort eingetroffen sind und für Zollkontrollen zur Verfügung stehen. Mengen- oder Beschaffenheitsangaben sind nicht erforderlich, ein allgemein gehaltener Hinweis auf die Ware genügt.
Die Zollschuld sei auch nicht erloschen, da das vorschriftswidrige Verbringen im vorliegenden Fall bereits vollzogen sei. Auch eine Einfuhrumsatzsteuer sei entstanden: Die Ware ist nach Ansicht des FG in den Wirtschaftskreislauf der Union gelangt, da für den geplanten Transit ein Verlassen des Transitbereichs über den grünen Ausgang nicht notwendig gewesen wäre.
Wann entstehen Zölle und Einfuhrumsatzsteuer?
Eine Zollschuld entsteht insbesondere bei Überlassung einer Nicht-Unionsware zum zollrechtlich freien Verkehr. Die Einfuhrumsatzsteuer fällt bei der Einfuhr von Gegenständen aus einem Drittland an. Erfasst werden sollen neu eingeführte Waren. Nicht davon umfasst sind private Gegenstände, die Sie auch schon vor der Reise besessen haben und die von Ihnen benutzt wurden. Es kann sich lohnen, entsprechende Nachweise mit sich zu führen.
Betroffene legte Beschwerde gegen Urteil des FG ein
Die Frau argumentierte dagegen und legte Beschwerde gegen das Urteil des FG ein. Insbesondere führte sie an, dass die Ohrringe gar keinem Verbrauch innerhalb des Unionsgebiets hätten zugeführt werden können. Insofern könne es auf das bloße Verbringen der Ware in das Unionsgebiet nicht ankommen. Die bloße Gefahr des Eingangs in den Wirtschaftskreislauf könne nicht genügen, um Einfuhrumsatzsteuer zu begründen. Durch die Überwachung der Zollbeamten seien die Ohrringe auch nicht der zollamtlichen Überwachung entzogen worden.
BFH bestätigt Ansicht des FG: Zoll- und Einfuhrumsatzsteuer sind entstanden
Der BFH wies die Beschwerde der Frau daraufhin zurück. Das Gericht stellte fest:
- Die Beschwerdeführerin hat die Gestellungspflicht verletzt, indem sie den grünen Ausgang „Anmeldefreie Ware“ durchschritt.
- Auf die Ohrringe entstehen Zoll und Einfuhrumsatzsteuer, da sie aus der Schweiz erstmalig in den zollrechtlich freien Verkehr der Union verbracht wurden.
- Es handelte sich bei den Ohrringen nicht um privates Gepäck, da sie für den Arbeitgeber der Frau zu beruflichen Zwecken mitgeführt wurden.
Die Frau ist dadurch Zollschuldnerin geworden. Auch eine Einfuhrumsatzsteuer ist entstanden:
- Der Schmuck hat sich zum Zeitpunkt seiner Verbringung in die EU und danach nicht in einem Zollverfahren befunden.
- Es liegen keine Anhaltspunkte vor, dass die Ohrringe in den Wirtschaftskreislauf eines anderen Mitgliedstaates hätten verbracht werden sollen. Wäre das der Fall gewesen, hätte das die Einfuhrumsatzsteuerpflicht des anderen Mitgliedstaates ausgelöst.
- Für den Eingang in den Wirtschaftskreislauf kommt es alleine darauf an, dass die Frau ihre Transitroute verlassen hat. Ein Passieren des grünen Ausgangs „Anmeldefreie Ware“ wäre für ihre Route nicht notwendig gewesen.
Bedeutung des Beschlusses
Wenn Sie Gegenstände mit sich führen, die eine Zoll- oder Einfuhrumsatzsteuerschuld auslösen können, sollten Sie auf die Gestellungspflicht achten, wenn Sie ihre Transitroute verlassen. Die Gestellung kann nicht konkludent durch das Benutzen des grünen Ausgangs „Anmeldefreie Waren“ erfolgen.
Des Weiteren stellt der Beschluss fest, dass die Vermutung, dass neben der durch eine Pflichtverletzung entstandene Zollschuld auch eine Mehrwertsteuerpflicht entstanden ist, grundsätzlich widerlegt werden kann. Dies ist der Beschwerdeführerin im vorliegenden Fall aber nicht gelungen.
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Dieser Artikel wurde am 11. März 2025 erstellt.
Ihr Ansprechpartner
Rechtsanwalt Anton Schmoll berät im Zollrecht, zum Außenwirtschaftsgesetz und zur Verbrauchssteuer. Er ist seit 2013 für die Kanzlei tätig und hat seitdem in zahlreichen Verfahren vor dem Bundesfinanzhof und der Europäischen Kommission das Zollrecht maßgeblich weiterentwickelt.