Vom Brexit wird auch der Warenhandel zwischen Großbritannien und der Europäischen Union erheblich betroffen sein. Gerade Unternehmen, die bislang lediglich innerhalb der EU gehandelt haben und dabei auch Ware aus Großbritannien eingeführt haben, werden ihre Prozesse umstellen müssen.

Insbesondere im Hinblick auf Zoll und Umsatzsteuer nach dem Brexit müssen von Unternehmen Neuerungen beachtet werden. Grundsätzlich gilt Großbritannien dann als Drittland. Die Folgen des Brexit treten aber erst mit dem tatsächlichen Datum des wirklichen Austritts ein.

Unsere Anwälte für Zollrecht beraten Unternehmen speziell im Hinblick auf Zoll, Import und Export im Zusammenhang mit dem Brexit. Dazu gehören z.B. Fragestellungen wie

Unternehmen müssen neuerdings Importanmeldungen und Ausfuhranmeldungen über eine Zollspedition abgeben und benötigen auch eine EORI-Nummer, die bei rein innerhalb der EU laufenden Vorgängen bislang nicht nötig war.

Neue Zölle nach dem Brexit

Grundsätzlich ist der Zugang zum Binnenmarkt an die EU-Mitgliedschaft gekoppelt. Der Verlust der Mitgliedschaft führt also dazu, dass Waren, die in das Vereinigte Königreich exportiert oder importiert werden, wieder nach dem Brexit beim Zoll abgefertigt werden müssen. Es ist auch denkbar, dass die EU für Waren aus England, Schottland oder Wales nach dem Brexit wieder Zölle einführen wird. Bei einem durchschnittlichen Zollsatz von ca. 4 % können auf Unternehmen erhebliche Zusatzkosten zukommen.

Ob Großbritannien nach dem Brexit Zölle für Exporte aus der EU einführen wird oder andersherum die EU für Importe aus dem Vereinigten Königreich muss abgewartet werden. In jedem Fall verbietet das Recht der WTO diskriminierende Zölle oder solche mit Strafcharakter. Denn nach dem Meistbegünstigungsprinzip müssen Handelsvorteile, die einem Vertragspartner gewährt werden, im Zuge der Gleichberechtigung allen Vertragspartnern gewährt werden. Handelsvergünstigungen sollen somit nicht nur einzelnen oder wenigen Staaten gewährt werden. Es ist daher nicht zu erwarten, dass exorbitante Zölle – gewissermaßen als Strafe für den Brexit – seitens der EU für Importe aus UK erhoben werden.

Wohl denkbar ist allerdings, dass Antidumpingzölle nach dem Brexit gegen Produkte aus dem Vereinigten Königreich verhängt werden. So hatte die EU beispielsweise im Jahre 2005 einen 16%igen Antidumpingzoll auf norwegischen Lachs verhängt. Ähnliches könnte auch für Produkte aus dem Vereinigten Königreich geschehen. Allerdings muss hierfür ein streng formalisiertes Verfahren durchlaufen werden und es muss tatsächlich Preisdumping vorliegen.

Das größte Problem für Unternehmen dürfte dabei sein, dass der Warenverkehr wieder eingeschränkt werden könnte. Durch den Verlust der EU-Mitgliedschaft könnte nämlich auch der Zugang zum EU-Binnenmarkt verloren gehen. Innerhalb des Binnenmarktes können Waren zwischen den Ländern frei bewegt werden, ohne dass Formalitäten zu erfüllen sind oder Zölle erhoben werden. Letztendlich handelt es sich um nichts anderes als eine riesige Freihandelszone.

Freihandelsabkommen zwischen Großbritannien und EU denkbar?

Denkbar ist aber auch, dass Großbritannien ein neues Abkommen mit der EU abschließen wird, das weiterhin einen Zugang zum Binnenmarkt erlaubt. Ob ein solches Abkommen, oder auch ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und Großbritannien nach dem Brexit wirklich seitens der EU gewollt ist, darf aber wohl als zweifelhaft bewertet werden. Auf der anderen Seite ist Großbritannien eine bedeutsame Wirtschaftsmacht, sodass auch die EU ein natürliches Interesse daran hat, den Handel nach dem Brexit nicht zum Erliegen zu bringen.

Ebenso denkbar wäre, dass Großbritannien in die Europäische Freihandelsassoziation (EFTA) eintritt. Das Land war bereits vor längerer Zeit Gründungsmitglied, bevor es sich zugunsten des Europäischen Wirtschaftsraumes entschied. Da allerdings die EFTA kein Freihandelsabkommen mit der EU hat, dürfte sich diese Option für Großbritannien damit als eher uninteressant darstellen.

Unternehmen werden sich aber auch bei der Zollabwicklung umzustellen haben. Wer englische Zollagenten eingesetzt hatte, über England importierte oder verbindliche Zolltarifauskünfte aus Großbritannien einsetzte, wird hier wahrscheinlich ebenfalls Handlungsbedarf haben.

Neue Handelsabkommen sind notwendig

Es muss ferner abgewartet werden, wie das Vereinigte Königreich im Hinblick auf Handelsabkommen Umstellungen wird vornehmen wollen. Bislang profitieren die Länder von zahlreichen Handelsabkommen, welche die EU abgeschlossen hat. Dazu gehören insbesondere die Freihandelsabkommen mit der Schweiz oder auch Südkorea. Zuletzt wurde ein Abkommen mit Kanada geschlossen und es wird derzeit über ein Abkommen mit den Vereinigten Staaten verhandelt (TTIP). Der Zugang zu diesen Märkten wäre dann unter den bestehenden Freihandelsabkommen wohl nicht mehr möglich, jedenfalls dürften diese wohl neu verhandelt werden müssen.

Auch die bestehenden Präferenzabkommen sind dann ohne Neuverhandlungen wohl nicht mehr nutzbar, sodass auch sie erneut abgeschlossen werden müssten. Nur so wäre es möglich, Zollpräferenzen für nach Großbritannien importierende Unternehmen weiterhin gewährleisten zu können.

Insofern müsste Großbritannien mit zahlreichen Ländern neue Abkommen auf bilateraler Ebene abschließen oder zumindest die bestehenden Abkommen neu verhandeln.

Carnet ATA nach dem Brexit

In der Praxis sind auch Fragen hinsichtlich der weiteren Verwendung von Carnet ATA für Großbritannien aufgetreten. Da allerdings Großbritannien nach wie vor zur EU gehört, können Carnet ATAs nach wie vor genauso ausgestellt werden, wie auch zuvor. Auch wird das Vereinigte Königreich weiterhin Carnet ATA trotz Brexit ausstellen, solange das Land nicht tatsächlich ausgetreten ist.

Änderungen im Umsatzsteuerrecht nach dem Brexit

Bislang stellten Lieferungen nach Großbritannien sogenannte innergemeinschaftliche Lieferungen dar, die von der Umsatzsteuer befreit gewesen sind.

Mit Wirksamwerden des Brexit werden diese dann hingegen als Ausfuhrlieferungen in das Drittlandsgebiet behandelt. Auch Lieferungen, die zwischen mehreren Unternehmensteilen in Deutschland und UK erfolgen, werden nicht mehr als innergemeinschaftliches Verbringen gewertet werden können. Eine zollrechtliche und umsatzsteuerrechtliche Deklaration wird nötig sein. Auch für die Vergütung der Vorsteuer werden dann die Regelungen für Drittstaaten gelten.

Dieser Artikel wurde am 24. Februar 2019 erstellt. Die fachliche Zweitprüfung hat Rechtsanwalt Dr. Tristan Wegner durchgeführt.