AKP-Staaten & Samoa-Abkommen: Zollvorteile für KMU sichern

Der Handel mit den 79 Staaten Afrikas, der Karibik und des Pazifiks (AKP) bietet deutschen Unternehmen enorme Chancen – doch komplexe Abkommen und undurchsichtige Zollregeln führen oft zu Unsicherheit und verpassten Einsparpotenzialen.

Dieser Leitfaden dient als Ihr praxisnaher und rechtssicherer Kompass. Basierend auf unserer 38-jährigen Erfahrung in der Gestaltung internationaler Lieferketten führen wir Sie als O&W-Experten schrittweise durch die bestehenden Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (WPA), erklären die korrekte Anwendung von Ursprungsnachweisen und beleuchten die strategischen Änderungen durch das neue Samoa-Abkommen. Wir bringen Klarheit in die Komplexität.

Grundlagen: Was sind die AKP-Staaten und ihre Handelsabkommen mit der EU?

Um die Zollvorteile im Handel mit den AKP-Staaten voll ausschöpfen zu können, ist ein solides Verständnis der grundlegenden Abkommen und Definitionen unerlässlich. Dies ist die Basis für rechtssichere Zollanmeldungen und die Vermeidung teurer Fehler.

Die AKP-Staatengruppe: Definition und wirtschaftliche Relevanz

Die Abkürzung „AKP“ steht für die Gruppe der Staaten in Afrika, der Karibik und dem Pazifik. Es handelt sich um einen Zusammenschluss von derzeit 79 Ländern, die besondere politische und wirtschaftliche Beziehungen zur Europäischen Union pflegen. Eine aktuelle Liste der Mitgliedsländer stellt das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung bereit. Eine fundierte Grundlage bieten die Definition der AKP-Staaten vom BMZ und der historische Überblick der bpb.

Wirtschaftliche Bedeutung

Für deutsche mittelständische Unternehmen (KMU) ist diese Staatengruppe von hoher wirtschaftlicher Bedeutung. Sie sind oft wichtige Lieferanten für Rohstoffe (z.B. Kakao, Kaffee, seltene Erden) und zugleich interessante Absatzmärkte für deutsche Maschinen, Fahrzeuge und Industrieanlagen.

Die Basis für Zollvorteile: Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (WPA)

Die Handelsbeziehungen zwischen der EU und den AKP-Staaten wurden lange durch das Cotonou-Abkommen geregelt. Dieses wurde schrittweise durch moderne Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (WPA) ersetzt. Diese WPAs sind WTO-konforme Freihandelsabkommen, die den Handel liberalisieren und die nachhaltige Entwicklung fördern sollen.

Das Kernprinzip der WPAs ist die asymmetrische Marktöffnung. Das bedeutet: Die EU gewährt den AKP-Staaten einen umfassenderen zoll– und kontingentfreien Zugang zu ihrem Markt, als es die AKP-Staaten umgekehrt für EU-Waren tun müssen. Dies soll die Wettbewerbsfähigkeit der AKP-Wirtschaften schützen und stärken. Weiterführende Informationen hierzu finden Sie direkt bei der EU-Kommission unter Details zu Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (WPA).

Praxisleitfaden: Zollvorteile rechtssicher nutzen und Fehler vermeiden

Die Theorie der Abkommen ist das eine – die praktische Umsetzung im Unternehmen das andere. Die folgenden Schritte sind entscheidend, um Zollvorteile zu realisieren und gleichzeitig rechtliche Fallstricke zu umgehen.

Der Schlüssel zu Zollfreiheit: So weisen Sie den präferenziellen Warenursprung nach

Die wichtigste Voraussetzung für Zollvorteile ist der Nachweis des sogenannten präferenziellen Ursprungs einer Ware. Das bedeutet, ein Produkt muss nach den Regeln des jeweiligen WPA nachweislich „ausreichend be- oder verarbeitet“ worden sein, um als Ursprungsware des entsprechenden AKP-Staates zu gelten.

Dieser Nachweis ist kein Selbstläufer. Als Importeur tragen Sie die volle Verantwortung für die korrekte Angabe in der Zollanmeldung.

Seien Sie sich des Risikos bewusst: Falsche oder fehlende Nachweise können zu empfindlichen Nacherhebungen von Zöllen, Bußgeldern und im schlimmsten Fall sogar zur persönlichen Haftung des Geschäftsführers oder Zollbeauftragten führen.

REX vs. EUR.1: Welchen Ursprungsnachweis benötigen Sie?

Für den Nachweis des präferenziellen Ursprungs gibt es hauptsächlich zwei Dokumente, deren Anwendung von den Regelungen im spezifischen WPA und dem Wert der Sendung abhängt.

  • Die Erklärung zum Ursprung (EzU) durch einen Registrierten Ausführer (REX): In den meisten modernen WPAs mit AKP-Staaten kommt das REX-System zum Einsatz. Hierbei stellt der Exporteur, der bei seinen nationalen Behörden als „Registrierter Ausführer“ eingetragen ist, den Ursprungsnachweis direkt auf einem Handelsdokument (z.B. der Rechnung) selbst aus.
  • Die Warenverkehrsbescheinigung EUR.1: Dieses Dokument wird von den Zollbehörden des Exportlandes auf Antrag des Ausführers ausgestellt. Es kommt vor allem in den Abkommen zum Einsatz, die noch nicht auf das REX-System umgestellt wurden, oder in bestimmten Konstellationen, z.B. bei nicht registrierten Ausführern für Sendungen oberhalb bestimmter Wertgrenzen.

Als einfache Faustregel gilt oft die Wertgrenze von 6.000 Euro. Für Sendungen unterhalb dieses Wertes kann der Ursprung häufig durch eine einfache Erklärung zum Ursprung auf der Rechnung nachgewiesen werden, auch ohne REX-Registrierung. Für Sendungen oberhalb von 6.000 Euro ist im REX-System eine Erklärung durch einen registrierten Ausführer oder in anderen Fällen eine EUR.1 erforderlich. Maßgeblich sind aber immer die Zollrechtliche Präferenzen und Warenursprung laut dem spezifischen Abkommen, das für das Importland gilt.

Merkmal Erklärung zum Ursprung (REX) Warenverkehrsbescheinigung (EUR.1)
Anwendungsfall In den meisten neueren WPA In älteren Abkommen oder Sonderfällen
Aussteller Der registrierte Exporteur selbst Die Zollbehörde des Exportlandes
Wertgrenze I.d.R. für Sendungen > 6.000 EUR Oft für Sendungen > 6.000 EUR in Nicht-REX-Ländern
Vorteil Flexibler und schneller für den Exporteur Amtlich geprüftes Dokument

Experten-Tipp: Die „volle Kumulierung“ als strategischen Vorteil nutzen

Ein oft übersehenes, aber extrem wirkungsvolles Instrument in den WPAs ist die volle Kumulierung. Diese Regel erlaubt es, dass Vormaterialien und Be- oder Verarbeitungsschritte aus allen AKP-Staaten sowie aus der EU so behandelt werden, als kämen sie aus dem finalen Exportland.

Dies erleichtert die Erfüllung der Ursprungsregeln erheblich. Beispiel: Ein in Kenia hergestelltes Kleidungsstück kann Stoffe aus Südafrika und Knöpfe aus der EU verwenden. Dank der vollen Kumulierung gelten diese Vormaterialien als kenianische Ursprungswaren, wodurch das Endprodukt leichter den präferenziellen Ursprung für den zollfreien Export in die EU erlangt.

Unternehmen, die dies strategisch in ihrer Beschaffung berücksichtigen, können ihre Zollvorteile maximieren.

Blick in die Zukunft: Das Samoa-Abkommen und seine Auswirkungen

Die Handelslandschaft ist dynamisch. Mit dem neuen Samoa-Abkommen wurde der politische Rahmen für die Beziehungen zwischen der EU und den AKP-Staaten neu justiert.

Von Cotonou zu Samoa: Was ist neu und warum war es nötig?

Seit dem 1. Januar 2024 wird das umfassende Samoa-Abkommen vorläufig angewendet und ersetzt das bisherige Cotonou-Abkommen als übergeordneten politischen Rahmen. Während die Ratifizierung durch alle Mitgliedsstaaten noch läuft, setzt es bereits jetzt neue Schwerpunkte. Neben der wirtschaftlichen Zusammenarbeit rücken nun Themen wie Menschenrechte, Frieden, Sicherheit, Nachhaltigkeit und Migration stärker in den Vordergrund. Weitere offizielle Informationen liefert das neue Samoa-Abkommen des Europäischen Rates.

Strategische Bedeutung für deutsche Unternehmen

Es ist wichtig zu verstehen: Das Samoa-Abkommen selbst ändert nicht die konkreten Zollregeln, die in den einzelnen WPAs festgelegt sind. Es setzt jedoch den strategischen Rahmen für zukünftige Beziehungen und Verhandlungen.

Anforderungen an Nachhaltigkeit und die Einhaltung von Lieferketten-Sorgfaltspflichten (ähnlich dem deutschen LkSG) werden zukünftig eine noch größere Rolle in den Handelsbeziehungen spielen.

Experten-Tipp von Dr. Tristan Wegner, Partner bei O&W Rechtsanwaltsgesellschaft: „Unternehmen sollten bereits jetzt ihre Lieferketten im Hinblick auf die neuen politischen Prioritäten des Samoa-Abkommens überprüfen, um für zukünftige Compliance-Anforderungen gewappnet zu sein. Eine transparente und nachhaltig ausgerichtete Lieferkette ist nicht nur eine Frage der Verantwortung, sondern zunehmend auch eine Voraussetzung für den Marktzugang.“

Häufig gestellte Fragen (FAQ) zum Handel mit AKP-Staaten

Was sind AKP-Staaten?

Die AKP-Staaten sind eine Gruppe von derzeit 79 Ländern in Afrika, der Karibik und im Pazifik, die besondere politische und wirtschaftliche Beziehungen zur Europäischen Union unterhalten.

Was sind Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (WPA)?

Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (WPA) sind Handels- und Entwicklungsabkommen zwischen der EU und den AKP-Staaten, die darauf abzielen, den Handel zu erleichtern und meist zollfreien Zugang zum EU-Markt gewähren.

Was ändert sich durch das Samoa-Abkommen?

Das Samoa-Abkommen ist der neue übergeordnete politische Rahmen, der das Cotonou-Abkommen ersetzt und neben dem Handel auch Themen wie Nachhaltigkeit, Menschenrechte und Sicherheit stärker in den Fokus rückt.

Welche Dokumente benötigen Unternehmen für den Import aus AKP-Staaten?

Für einen zollbegünstigten Import benötigen Sie in der Regel einen präferenziellen Ursprungsnachweis, wie die Erklärung zum Ursprung (EzU) eines Registrierten Ausführers (REX) oder eine Warenverkehrsbescheinigung EUR.1.

Was ist das REX-System?

Das REX-System (System des Registrierten Ausführers) ist ein Verfahren, bei dem Unternehmen vom Exporteur selbst ausgefertigte Erklärungen zum Ursprung als Nachweis für Zollvorteile verwenden können, anstatt eine amtliche Bescheinigung zu beantragen.

Fazit: Chancen nutzen, Risiken minimieren

Der Handel mit den AKP-Staaten ist eine wertvolle Chance für deutsche Unternehmen, birgt aber zollrechtliche Hürden. Der Schlüssel zum Erfolg liegt im Verständnis der WPA-Regeln, der korrekten Anwendung von Ursprungsnachweisen wie REX und EUR.1 und der strategischen Vorausschau auf die durch das Samoa-Abkommen geprägte Zukunft.

Nutzen Sie die Zollvorteile maximal aus und minimieren Sie Ihre Risiken. Eine proaktive und rechtssichere Gestaltung Ihrer Prozesse ist keine Belastung, sondern ein entscheidender Wettbewerbsvorteil. Die Experten von O&W Rechtsanwaltsgesellschaft, wie Dr. Tristan Wegner – Fachanwalt für Transport- und Speditionsrecht mit 13 Jahren Berufserfahrung und einer Promotion zum internationalen Handel – begleiten Unternehmen sicher durch diesen Prozess.

Sie haben spezifische Fragen zum Import aus einem AKP-Staat, zur Anwendung des REX-Systems oder benötigen Unterstützung bei der Optimierung Ihrer Zollprozesse? Die Anwälte der O&W Rechtsanwaltsgesellschaft stehen Ihnen mit ihrer langjährigen Expertise zur Seite. Kontaktieren Sie uns für eine unverbindliche Erstberatung.

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Dieser Artikel wurde am 25. Oktober 2025 erstellt. Er wurde am 30. Oktober 2025 aktualisiert

Ihr Ansprechpartner

  • Dr. Tristan Wegner

    ABC-Str. 21
    20354 Hamburg
  • Dr. Tristan Wegner ist seit 2013 als Rechtsanwalt im internationalen Handels- und Transportrecht tätig und hat über 10 Jahre Erfahrung. Er ist Fachanwalt für Transport- und Speditionsrecht. Er ist geschäftsführender Partner der Kanzlei. Herr Dr. Wegner war für eine international führende Kanzlei im Zoll– und Außenwirtschaftsrecht sowie für die Zollfahndung tätig und hat zum internationalen Handel promoviert. Rechtsanwalt Dr. Wegner ist regelmäßig in der Fachpresse und veröffentlicht Aufsätze. Er ist Mitglied im Versicherungswissenschaftlichen Verein Hamburg, der Deutschen Initiative junger Schiedsrechtler (DIS40) sowie dem Europäischen Forum für Außenwirtschaft, Verbrauchsteuern und Zoll, dem Verein für Seerecht und der GMAA. Er ist zudem Dozent und Lehrbeauftragter an der Universität Hamburg.