Es ist ein Jahrhundertprojekt, das Seinesgleichen sucht: Die Neue Seidenstraße, auch Belt and Road Initiative (BRI), ist ein ambitioniertes Wirtschafts- und Infrastrukturprojekt unter Chinas Federführung. Die Volksrepublik beabsichtigt nicht nur die Stärkung des eigenen Exports, sondern auch den Ausbau der Einflussnahme auf zahlreiche Staaten. Seit dem Start des Projektes haben sich zahlreiche Nationen der BRI angeschlossen. Die Neue Seidenstraße bietet Chancen für deutsche Exporteure, neue Märkte zu erschließen. Gleichzeitig wächst der Zweifel an der Wirksamkeit der Maßnahmen, kritisiert wird vielerorts eine drohende Abhängigkeit von China.
Was ist die Neue Seidenstraße?
Die Neue Seidenstraße ist ein wachsendes Wirtschafts- und Infrastrukturprojekt der Volksrepublik China, das sich mittlerweile auf Nationen mehrerer Kontinente erstreckt. Kern des Projekts ist eine Anbindung von Chinas wirtschaftsstarkem Osten an Europa, um Lieferzeiten zu verkürzen und den eigenen Einfluss auszubauen. Gleichzeitig wird aber auch der Westen Chinas wirtschaftlich erschlossen.
Der Weg gen Westen wird sowohl über den Land- als auch über den Seeweg erschlossen. Der Landweg sieht den Bau von Autobahnen und Straßen in großem Maßstab vor. Insbesondere Länder wie Kasachstan können von dem neuen Transitverkehr profitieren. Des Weiteren wird seit Start des Projektes in den Ausbau der Schiene investiert. Größter europäischer Anknüpfungspunkt des Zugverkehrs der Seidenstraße ist Duisburg, wo zu Spitzenzeiten 60 Güterzüge pro Woche aus China ankommen. Die Stadt, in der zudem Europas größter Binnenhafen belegen ist, wird dadurch zum Knotenpunkt neuer Handelsrouten. Mit einer ungefähren Fahrtdauer von 14 Tagen hat die Strecke Duisburg – China einen deutlichen Zeitvorteil gegenüber dem Seeweg, der mehrere Wochen in Anspruch nimmt.
Der Ausbau des Seeweges hingegen sorgt für einen gewaltigen Ausbau der Transportkapazitäten. Eines der populärsten Projekte Chinas, welches der BRI zuzuordnen ist, liegt in dem Erwerb des Mehrheitsanteils am griechischen Hafen Piräus. Aber auch am Hamburger Hafen und in weiteren Häfen in den Niederlanden, Griechenland, Pakistan, Dschibuti, Togo, Brasilien und Australien halten chinesische Firmen wesentliche Anteile.
Erschließung neuer Märkte: Exportchancen für deutsche Unternehmen
Für deutsche Unternehmen können sich aus der Initiative Exportchancen durch die Erschließung neuer Märkte ergeben. Aber auch der bestehende Handel kann profitieren. Vorteilhaft können sich auswirken:
- Erhöhtes Transportvolumen nach China
- Niedrigere Transportkosten
- Verkürzte Transportzeiten durch Eisenbahnverbindung statt dem Seeweg
- Erschließung neuer Märkte auf der Transitstrecke
- Erhöhte Planungssicherheit durch gestärkte Infrastruktur
- Teilnahme an Infrastrukturprojekten: Lieferung von Technik für die Großbaustellen
Welche Nationen an der Neuen Seidenstraße beteiligt sind – Ein Überblick
An dem Projekt Neue Seidenstraße sind Nationen vieler Kontinente beteiligt.
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Asien
Neben dem Initiator China haben auf dem asiatischen Kontinent Pakistan, Kasachstan, Myanmar, Laos und Malaysia Berührungspunkte mit der Neuen Seidenstraße. Als Hauptprojekte gelten
- Diverse Projekte innerhalb Chinas, Erschließung des chinesischen Westens
- Autobahnen, Eisenbahnlinien und Pipelines sowie der Hafen Gwadar in Pakistan
- Straßen- und Eisenbahnausbau in Kasachstan als wichtiges Teilstück auf dem Weg nach Europa
- China-Laos Eisenbahn
- Hafen Kyaukpyu in Myanmar
- Eisenbahnprojekte und Hafen Kuantan in Malaysia
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Europa
Neben den Beteiligungen am griechischen Hafen Piräus, dem Hamburger Hafen und dem Eisenbahn-Knotenpunkt Duisburg werden Projekte in Polen und Serbien umgesetzt.
Während in Polen ein Eisenbahn-Terminal für die Verbindung China-Europa entsteht, werden in Serbien der Bau von Autobahnen und einer Hochgeschwindigkeitsbahn vorangetrieben.
In Italien halten chinesische Firmen Beteiligungen an den Häfen von Triest und Genua. Die Nation war 2019 offiziell in die BRI eingestiegen, verließ die Initiative aber 2023 bereits wieder. Die Gründe für den Ausstieg sind vielfältig, im Wesentlichen bestand wohl Sorge vor einer Abhängigkeit von China und Druck durch die EU.
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Afrika
In Dschibuti, Äthiopien, Kenia und Nigeria werden mit Hilfe von China ehrgeizige Eisenbahn-Infrastruktur Projekte realisiert. Darüber hinaus entstehen neue Industrieparks und Infrastruktur zur Förderung von Rohstoffen, an denen China ein strategisches und geopolitisches Interesse hat.
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Naher Osten
Im Iran treibt die Volksrepublik Eisenbahnprojekte voran. In den Vereinigten Arabischen Emiraten soll eine Freihandelszone entstehen, inklusive Logistikzentren als maritime Knotenpunkte.
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Lateinamerika
Nicht zuletzt betreibt China nennenswertes Engagement in Lateinamerika. Neben dem BRICS-Staat Brasilien profitieren auch Ecuador, Bolivien und Argentinien von diversen Infrastrukturprojekten. China erhofft sich dort Zugang zu Rohstoffen, die Erweiterung seiner Lieferketten und die Aufstellung als geopolitisches Gegengewicht zu den USA.
Kritik am Projekt wächst
Chinas Betätigung wird nicht vollumfänglich positiv aufgenommen, Berichte über eine Kehrseite der Investitionen häufen sich. Die vermeintlich großzügige Kreditvergabe Pekings unterliegt vielfach der Kritik, so ausgestaltet zu sein, dass Nationen in eine Schuldenfalle getrieben werden und sich abhängig von China machen.
Auch der wachsende geopolitische Einfluss Chinas wird kritisch gesehen. Durch die Sicherung afrikanischer und lateinamerikanischer Rohstoffe könnte auch dahingehend eine Abhängigkeit von China entstehen.
Auch in Duisburg hat die anfängliche Euphorie nachgelassen, nach einem Hoch zur Zeit der Covid-Pandemie hat das Transportvolumen wieder abgenommen. Ingesamt sei das Projekt nicht so wirtschaftssteigernd wie erhofft.
Mit Blick auf die Zukunft bleibt abzuwarten, wie sich die chinesischen Maßnahmen auswirken. Auch wenn die chinesischen Investitionen zuletzt etwas abnahmen, befinden sich große Teile der Belt and Road Initiative noch im Bau.
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Dieser Artikel wurde am 20. Mai 2025 erstellt.
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Dr. Tristan Wegner ist seit 2013 als Rechtsanwalt im internationalen Handels- und Transportrecht tätig und hat über 10 Jahre Erfahrung. Er ist Fachanwalt für Transport- und Speditionsrecht. Er ist geschäftsführender Partner der Kanzlei. Herr Dr. Wegner war für eine international führende Kanzlei im Zoll– und Außenwirtschaftsrecht sowie für die Zollfahndung tätig und hat zum internationalen Handel promoviert. Rechtsanwalt Dr. Wegner ist regelmäßig in der Fachpresse und veröffentlicht Aufsätze. Er ist Mitglied im Versicherungswissenschaftlichen Verein Hamburg, der Deutschen Initiative junger Schiedsrechtler (DIS40) sowie dem Europäischen Forum für Außenwirtschaft, Verbrauchsteuern und Zoll, dem Verein für Seerecht und der GMAA. Er ist zudem Dozent und Lehrbeauftragter an der Universität Hamburg.