Die Europäische Union hat am 16. Dezember 2024 das 15. Sanktionspaket gegen Russland verabschiedet. Dieses beinhaltet eine stärkere Kontrolle von russischen „Schattenflotten“ sowie zusätzliche Kontrollmaßnahmen und Erweiterungen der Sanktions- und Schwarzen Liste. Zudem wurde die „No-Russia“-Klausel neugefasst. Für Unternehmen ist es nun wichtig, die neuen Regelungen zu verstehen, um rechtliche Konsequenzen zu verhindern. Außerdem ist es entscheidend zu wissen, ob man von einer Ausnahmeregelung betroffen ist. Ein Verstoß gegen eine EU-Verordnung könnte eine Ordnungswidrigkeit oder auch eine Straftat darstellen.
Das Schattenflotten-Problem
Russland wird seit längerem die Umgehung der EU- Sanktionen und des westlichen Ölpreisdeckels durch die Nutzung von Schattenflotten vorgeworfen, die schwer kontrollierbar sind. Diese Schiffe gehören weder westlichen Reedereien, noch sind sie durch Versicherungen gedeckt. Laut Experten bringen sie durch ihr Alter und durch veraltete Techniken erhebliche Risiken für die Schifffahrt und die Umwelt mit. Durch fehlende Identifizierungssysteme wird eine Kontrolle erschwert und gleichzeitig die Umgehung von Sanktionen vereinfacht. Dem sollte durch das neue Sanktionspaket entgegengewirkt werden, indem diese nun einem Zugangsverbot zu Häfen und Dienstleistungen unterliegen.
Die Schattenflotten
„Schattenflotten“ sind Schiffe, die Russland beim Rohöl-Export unterstützen, indem sie die EU-Sanktionen illegal umgehen. Es sind häufig alte Öltankschiffe, die nicht versichert sind und deren Eigentumsverhältnisse unklar sind. Dadurch wird die Nachverfolgung und Sanktionierung dieser Schiffe erschwert.
Das bedeuten die neuesten Änderungen für Unternehmen
- Schärferes Vorgehen gegen die russischen „Schattenflotten“ – Gesamtzahl der sanktionierten Schiffe steigt auf 79
- Stärkere Kontrolle von Drohnenherstellern mit Sitz in China
- Härtere Ausfuhrkontrollen gegen 32 Unternehmen und Organisationen mit Sitz in Drittländern, die Russland militärisch sowie zivil nutzbare Güter liefern
- Erleichterter Rückzug der Unternehmen aus Russland durch Verlängerung der Frist für die Abwicklung der Geschäftstätigkeiten in Russland
- Neufassung der „No-Russia“-Klausel
- Ergänzung der Sanktionsliste um 54 Personen und 30 Einrichtungen
- Ergänzung der schwarzen Liste um 48 Öltanker, die zu Russlands Schattenflotte gehören
- Verbot der Anerkennung oder Vollstreckung von Urteilen russischer Gerichte
- weitere Maßnahmen im Finanzsektor
Erleichterung für Unternehmen
Das Sanktionspaket sollte bereits am 6. Dezember 2024 verabschiedet werden, scheiterte jedoch zunächst an den Vetos von Lettland und Litauen. Sie blockierten das neue Sanktionspaket, da es eine Verlängerung der Frist für die Abwicklung der Geschäftstätigkeiten in Russland bis zum 31. Dezember 2025 beinhaltet (siehe Art. 5aa, Art. 12b des 15. Sanktionspakets), was ein „Schlupfloch“ für Unternehmen darstellte und es ihnen ermöglichen würde, weiterhin Geschäfte mit Russland fortzuführen.
Es wurde kritisiert, dass die Ausnahmeregelung ein hohes Missbrauchspotenzial aufweist, da sie Unternehmen zu sehr schützt. Seit Beginn des Ukraine-Krieges hätten die Unternehmen ausreichend Zeit gehabt, ihre Geschäfte mit Russland zu beenden. Die Ausnahmeregelung besteht seit Dezember 2022 und wurde bereits dreimal verlängert. Eine erneute Verlängerung der Regelung hätte zudem bedeutet, dass die Tschechische Republik legal russisches Öl über die Slowakei importieren könnte. Dem wollten sich Lettland und Litauen entgegenstellen. Jedoch konnten sie sich mit ihren Forderungen nicht durchsetzen. Das Sanktionspaket, einschließlich der Verlängerung der Ausnahmeregelung, wurde am 16. Dezember 2024 beschlossen.
Neufassung der „No-Russia“-Klausel
Mit dem neuen Sanktionspaket wurde die bisherige „No-Russia“-Klausel neugefasst. Die neuen Güterpositionen im Anhang XL der EU-Verordnung 833/2014 lösen nun keine Verpflichtung mehr nach Art. 12g Abs. 1 der EU-Verordnung 833/2014 aus.
Die „No-Russia“-Klausel sieht vor, dass Unternehmen in ihren Verträgen mit Vertragspartnern außerhalb Russlands festlegen müssen, dass die Waren nicht nach Russland exportiert oder dort reexportiert werden dürfen. Diese Klausel ist in Art. 12g der EU-Verordnung 833/2014 zu finden.
Anerkennung russischer Gerichtsurteile untersagt
Außerdem wurde entschieden, dass Urteile russischer Gerichte, die nach Artikel 248 der Schiedsverfahrensordnung der Russischen Föderation erlassen wurden, in der EU nicht mehr anerkannt oder vollstreckt werden. Dadurch sind EU-Unternehmen vor der Anerkennung von Schäden geschützt, die in Russland unrechtmäßig gegen sie geltend gemacht werden.
Erweiterung der Maßnahmen im Finanzsektor
Mit dem Sanktionspaket wurden die Maßnahmen im Finanzsektor erweitert. Mit diesen soll den zunehmenden Vergeltungsmaßnahmen in Russland, die den Zugriff der Unternehmen auf von EU-Zentralverwahrern gehaltene Vermögenswerte betreffen, entgegengewirkt werden.
Sie beinhalten eine:
- Ausnahmeregelung für den Ausgleich von Verlusten: Diese Regelung erlaubt die Freigabe von eingefrorenen Bargeldbeständen von EU-Zentralverwahrern.
- Nichthaftungsklausel für EU-Zentralverwahrer: Die Klausel stellt sicher, dass EU-Zentralverwahrer lediglich die vertraglich vereinbarten Zinsen zahlen.
Ziel des Sanktionspakets
Das neue Sanktionspaket hat zum Ziel, Russland sowohl militärisch, technologisch als auch wirtschaftlich zu schwächen und das Land zusätzlich von den fortschrittlichsten Weltmärkten abzuschotten. Um den bisherigen Umgehungen der EU-Sanktionen entgegenzuwirken, werden durch die neuen Maßnahmen gezielte Schritte unternommen. Gleichzeitig tragen sie zum Umweltschutz bei.
So kann man Sanktionen vermeiden
Unternehmen sollten ihre Sanktionslistenprüfung noch einmal nachziehen und anstoßen. Im Rahmen dessen empfiehlt sich eine Überprüfung bestehender Verträge und Vereinbarungen auf die Vereinbarkeit mit den neuen Sanktionsvorschriften sowie die Kontaktaufnahme mit den zuständigen Behörden für die die Beantragung der Freigabe ggf. eingefrorener Vermögenswerte.
Was passiert bei bereits erfolgten Verstößen?
Neue Sanktionen gelten für Bestands- und Neugeschäfte in der Regel, nachdem sie in Kraft getreten sind. Es bestehen jedoch einige Ausnahmeregelungen, die zu beachten sind, wie beispielsweise Art. 5aa, Art. 12b des 15. Sanktionspakets. Der Verstoß gegen die EU-Sanktionen kann eine Straftat oder eine Ordnungswidrigkeit darstellen, was wiederum in den §§ 18, 19 des Außenwirtschaftsgesetzes und § 82 der Außenwirtschaftsverordnung geregelt ist.
Bei Unsicherheiten oder Fragen zur Rechtslage im Einzelfall sollten Unternehmen in Erwägung ziehen, umgehend eine rechtliche Beratung in Anspruch zu nehmen, besonders wenn bereits rechtliche Maßnahmen ergriffen wurden. Somit können mögliche Strafen oder Bußgelder minimiert werden.
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Dieser Artikel wurde am 16. Januar 2025 erstellt. Er wurde am 17. Februar 2025 aktualisiert
Ihr Ansprechpartner
Rechtsanwalt Anton Schmoll berät im Zollrecht, zum Außenwirtschaftsgesetz und zur Verbrauchssteuer. Er ist seit 2013 für die Kanzlei tätig und hat seitdem in zahlreichen Verfahren vor dem Bundesfinanzhof und der Europäischen Kommission das Zollrecht maßgeblich weiterentwickelt.