Das Finanzgericht Hamburg hat in einer neuen Entscheidung die strikte Handhabung bei der Vorlage von Präferenznachweisen im Zollrecht bestätigt. Eine nachträgliche Gewährung von Zollpräferenzen ohne Original-Präferenznachweise ist auch bei Verlust durch Insolvenz des Zollvertreters grundsätzlich ausgeschlossen (Az. 4 K 31/21).

Hintergrund des Verfahrens

Im Streitfall hatte ein Importeur von Wasserpfeifentabak aus Jordanien die Original-Warenverkehrsbescheinigungen EUR.1 seinem Zollvertreter übergeben. Als die Zollbehörde im Rahmen einer späteren Prüfung die Vorlage der Originale verlangte, konnte der Importeur diese nicht beibringen, da sein Zollvertreter zwischenzeitlich insolvent geworden war. Die Zollbehörde setzte daraufhin den regulären Drittlandszollsatz von 74,9 % nach und lehnte die ursprünglich gewährte Präferenzbehandlung ab.

Zentrale Erwägungen des Gerichts

Das Finanzgericht Hamburg bestätigte die Rechtmäßigkeit der Nacherhebung. Nach Art. 163 des Unionszollkodex müssen alle für das Zollverfahren erforderlichen Unterlagen im Original aufbewahrt und den Zollbehörden auf Verlangen vorgelegt werden können. Diese Pflicht trifft den Importeur unmittelbar – die Weitergabe der Dokumente an einen Zollvertreter entbindet ihn nicht von dieser Verantwortung.

Diese Pflicht trifft den Importeur unmittelbar – die Weitergabe der Dokumente an einen Zollvertreter entbindet ihn nicht von dieser Verantwortung.

Die Richter stellten klar: Auch wenn die EuGH-Rechtsprechung (Rs. Bonapharma) in außergewöhnlichen Fällen Ausnahmen von der Vorlagepflicht zulässt, greifen diese hier nicht. Dafür müssten kumulativ drei Voraussetzungen erfüllt sein:

  1. Der Warenursprung muss durch objektive, manipulationssichere Beweise zweifelsfrei feststehen.

  2. Der Importeur muss die gebotene Sorgfalt bei der Beschaffung der Nachweise angewandt haben.

  3. Die Vorlage muss aus Gründen unmöglich sein, die der Importeur nicht zu vertreten hat.

Sorgfaltspflichten des Importeurs

Im konkreten Fall scheiterte es bereits an der gebotenen Sorgfalt des Importeurs. Dieser hatte erst drei Jahre nach der Einfuhr – und damit zu spät – versucht, die Originale von seinem insolventen Zollvertreter zurückzuerhalten. Auch um Ersatznachweise aus Jordanien bemühte er sich erst im Klageverfahren, fast sieben Jahre nach der ersten Abfertigung.

Praktische Bedeutung für Unternehmen

Die Entscheidung verdeutlicht die hohen Anforderungen an die Dokumentenpflichten im Präferenzrecht:

  1. Original-Präferenznachweise sind zwingend aufzubewahren und vorzuhalten.

  2. Die Verantwortung verbleibt beim Importeur, auch wenn er einen Zollvertreter einschaltet.

  3. Eine zeitnahe Rückforderung der Originale vom Zollvertreter ist unerlässlich.

  4. Bei Verlust sollte umgehend die Beschaffung von Ersatznachweisen veranlasst werden.

Fazit und Handlungsempfehlungen

Das Urteil unterstreicht die fundamentale Bedeutung eines professionellen Dokumentenmanagements im Präferenzrecht. Unternehmen sollten:

  • Ein systematisches Tracking der Original-Präferenznachweise implementieren.

  • Klare Prozesse für die zeitnahe Rückforderung von Dokumenten von Zollvertretern etablieren.

  • Präferenznachweise idealerweise selbst archivieren oder zumindest Kopien vorhalten.

  • Bei drohendem Verlust umgehend Ersatznachweise bei den Ausfuhrbehörden beantragen.

Die Entscheidung zeigt einmal mehr: Im Präferenzrecht gibt es bei der Nachweisführung keinen Ermessensspielraum. Nur ein proaktives Dokumentenmanagement kann kostspielige Nacherhebungen vermeiden.

Haben Sie Fragen zum Präferenzrecht oder drohen Ihnen zollrechtliche Nacherhebungen? Unsere Fachanwälte beraten Sie.

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Dieser Artikel wurde am 8. November 2025 erstellt.

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  • Anton Schmoll

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  • Rechtsanwalt Anton Schmoll berät im Zollrecht, zum Außenwirtschaftsgesetz und zur Verbrauchssteuer. Er ist seit 2013 für die Kanzlei tätig und hat seitdem in zahlreichen Verfahren vor dem Bundesfinanzhof und der Europäischen Kommission das Zollrecht maßgeblich weiterentwickelt.