Entwaldungsfreie Lieferketten: Was Unternehmen zur EU-Verordnung wissen müssen

Die Einführung der EU-Verordnung (EU) 2023/1115 markiert einen Wendepunkt für Unternehmen, die in den globalen Handel eingebunden sind. Diese Verordnung, die ab dem 30. Dezember 2024 in Kraft tritt, zielt darauf ab, Entwaldung zu bekämpfen, indem sie strenge Compliance-Anforderungen für die Lieferketten von Unternehmen festlegt.

Umfassender Anwendungsbereich und seine Auswirkungen

Die Verordnung zielt darauf ab, Entwaldung und Walddegradation zu bekämpfen, indem sie strenge Compliance-Anforderungen für die Lieferketten von Unternehmen festlegt. Sie betrifft eine Vielzahl von Rohstoffen und Erzeugnissen und verlangt von Unternehmen, ihre Lieferketten genau zu überprüfen und sicherzustellen, dass ihre Produkte den neuen Standards entsprechen.

Die neue Verordnung betrifft eine Vielzahl von Rohstoffen und Erzeugnissen, die weit über Holz und Papier hinausgehen.

Die Verordnung betrifft Rohstoffe wie Rinder, Kakao, Kaffee, Ölpalmen, Soja, Holz, Kautschuk und Holzkohle. Die Auswirkungen sind branchenübergreifend, wobei insbesondere die Lebensmittel-, Kosmetik- und Automobilindustrie betroffen sind.

Herausforderungen und Risiken für Unternehmen

Alle Unternehmen, die die genannten Rohstoffe oder daraus hergestellte Produkte in Verkehr bringen, sind von der Verordnung betroffen. Der Zeitrahmen für die Umsetzung der Verordnung ist eng gesteckt, was eine schnelle Anpassung der Geschäftsprozesse erfordert.

Die Einhaltung der Verordnung stellt Unternehmen vor erhebliche Herausforderungen.

Die Verordnung verlangt von Unternehmen, umfangreiche Informationen über ihre Lieferketten zu sammeln und zu verarbeiten, Risikoanalysen durchzuführen und entsprechende Maßnahmen zur Risikominderung zu ergreifen. Dies umfasst auch die Erstellung von Sorgfaltserklärungen und die Einhaltung spezifischer Rechtsvorschriften.

Die Konsequenzen einer Nichteinhaltung sind gravierend. Neben hohen Bußgeldern, die bis zu 4 % des Jahresumsatzes betragen können, drohen auch Reputationsschäden und ein Ausschluss von öffentlichen Ausschreibungen.

Die Komplexität der erforderlichen Compliance-Strukturen und die Notwendigkeit einer umfassenden Risikoanalyse können insbesondere für kleinere Unternehmen überwältigend sein.

Ohne angemessene Vorbereitung und Anpassung der Geschäftsprozesse könnten viele Unternehmen in ernsthafte Schwierigkeiten geraten.

Strategien zur Einhaltung der Compliance-Anforderungen

Um den neuen Anforderungen gerecht zu werden, müssen Unternehmen ihre Compliance-Strukturen überdenken und anpassen. Dieser Abschnitt bietet praktische Tipps und Strategien, wie Unternehmen ihre Lieferketten effektiv überwachen und verwalten können. Dazu gehören die Implementierung von Überwachungssystemen, die Schulung von Mitarbeitern und die Zusammenarbeit mit zuverlässigen Partnern.

Angesichts der Komplexität der Verordnung ist die Unterstützung durch Anwälte unerlässlich. Auf die Lieferkette spezialisierte Anwälte können Unternehmen bei der Analyse ihrer Lieferketten unterstützen, Compliance-Strategien entwickeln und bei der Erstellung der erforderlichen Dokumentation helfen.

Beratung zur entwaldungsfreien Lieferkette

Unsere Kanzlei bietet spezialisierte Beratung und Unterstützung bei der Umsetzung der neuen EU-Verordnung. Mit unserem tiefgreifenden Verständnis für außenwirtschaftsrechtliche Compliance und Risikomanagement helfen wir Ihrem Unternehmen, die erforderlichen Anpassungen effizient und rechtssicher vorzunehmen.

Wir bieten eine umfassende Risikoanalyse, unterstützen bei der Erstellung der notwendigen Sorgfaltserklärungen und beraten Sie zu allen Aspekten der Verordnung.

FAQ

In den neuen FAQ der Europäischen Kommission erfahren Unternehmen, welche konkreten Compliance-Verpflichtungen auf sie zukommen. Die FAQs geben außerdem Informationen über den genauen Zeitplan der Entwaldungsverordnung und welche Produkte von der Verordnung betroffen sind.

Hier sind einige Fragen für Sie aufgelistet:

  • Müssen alle Erzeugnisse zurückverfolgt werden können?

    Die Rückverfolgungspflicht betrifft alle in Anhang I der Verordnung gelisteten Erzeugnisse, die importiert, exportiert oder anders gehandelt werden.

  • Welche Produkte fallen unter die Verordnung?

    Die Verordnung gilt nur für Erzeugnisse, die in Anhang I aufgeführt sind. Erzeugnisse, die nicht in Anhang I aufgeführt sind, unterliegen nicht den Anforderungen der Verordnung, auch wenn sie relevante Rohstoffe aus dem Geltungsbereich der Verordnung enthalten.
    Beispielsweise wird Seife nicht von der Verordnung erfasst, auch wenn sie Palmöl enthält.

    Relevante Rohstoffe:

    • Rinder
    • Kakao
    • Kaffee
    • Ölpalme
    • Kautschuk
    • Soja
    • Holz

  • Gilt die Verordnung auch für Rochstoffe und Erzeugnisse aus der EU?

    Erzeugnisse, die innerhalb der EU hergestellt werden, unterliegen denselben Anforderungen wie Erzeugnisse, die außerhalb der EU hergestellt werden. Die Verordnung gilt für alle Erzeugnisse, die in Anhang I aufgeführt sind, unabhängig davon, ob sie in der EU produziert oder lediglich importiert werden.

  • Welche Unternehmen sind betroffen?

    Alle Unternehmen, die Produkte in der EU in den Verkehr bringen (Hersteller und Importeure), bereitstellen (Händler) oder aus der EU exportieren.

    Für kleinere und mittelständischen Unternehmen sog. „KMU“, gelten hingegen Erleichterungen.

  • Welche Unternehmen gelten als „KMU“ bzw. „SME“?

    „SME“ steht für „Small and Medium-sized Enterprises“, zu Deutsch „kleine und mittelständische Unternehmen“ (KMU). Die Kategorien von Unternehmen und Gruppen sind in der RICHTLINIE 2013/34/EU geregelt.

  • Was beinhalten die Rückverfolgungsanforderungen?

    Die Verordnung verlangt, dass Marktteilnehmer (außer KMU-Händler) jedes Erzeugnis und jeden Rohstoff bis zu ihrem Ursprung zurückverfolgen müssen, bevor sie diese auf dem Markt platzieren, verkaufen oder exportieren. Daher ist die Einreichung einer Sorgfaltserklärung mit Geolokalisierungsinformationen eine Voraussetzung für Exporte und Transaktionen innerhalb des Unionsmarktes.

  • Was passiert, wenn lediglich ein Teil eines Erzeugnisses nicht den vorgeschriebenen Bedingungen der Verordnung entspricht?

    Wenn ein Teil des Erzeugnisses nicht den Vorschriften entspricht, muss dieser nicht konforme Teil der Erzeugnisse identifiziert und vor dem Verkauf oder Export vom Rest der Erzeugnisse getrennt werden. Dieser nicht konforme Teil darf weder auf den Markt gebracht noch exportiert werden.

    Falls die Trennung der Erzeugnisse nicht möglich ist, weil beispielsweise der nicht regelkonforme Teil der Erzeugnisse mit dem Rest vermischt wurden, wird das gesamte Produkt als nicht konform betrachtet.

  • Wie sieht es mit recycelten Materialien aus?

    Gemäß Anhang I der Verordnung gilt diese nicht für Erzeugnisse, die ausschließlich aus Material bestehen, das seinen Lebenszyklus abgeschlossen hat und andernfalls als Abfall im Sinne von Artikel 3 Absatz (1) der Richtlinie 2008/98/EG entsorgt worden wäre. Daher entstehen keine Verpflichtungen gemäß der Verordnung hinsichtlich des recycelten Materials.

    Zu beachten ist jedoch, dass Erzeugnisse, die nur zum Teil aus recyceltem Material bestehen, weiterhin den Anforderungen der Verordnung unterliegen.

  • Wie ist der Zeitplan der Umsetzung der Verordnung?

    • Die Verordnung wurde am 9. Juni 2023 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.
    • Sie ist am 29. Juni 2023 in Kraft getreten.
    • Bis 30. Dezember 2024 (18 Monate Übergangszeit).
    • Bis 30. Juni 2025 (24 Monate Übergangszeit) Wirksamkeit für Mikro- und Kleinunternehmen.

  • Wer trägt die Verantwortung, wenn Erzeugnisse bereits auf dem Markt sind oder der Marktteilnehmer Informationen nicht ordnungsgemäß offenlegt?

    Die Verordnung legt fest, dass die Marktteilnehmer (außer KMU-Händler) alle notwendigen Informationen entlang der Lieferkette weitergeben müssen. Bei Verstößen gegen die Verordnung wird jeder Akteur in der Lieferkette, der in den Handel mit einer bestimmten Lieferung involviert ist, haftbar gemacht.

Dieser Artikel wurde am 30. November 2023 erstellt. Er wurde am 12. Oktober 2024 aktualisiert

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  • Annika Siggelkow

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  • Rechtsanwältin Annika Siggelkow ist seit 2023 Rechtsanwältin bei O&W Rechtsanwaltsgesellschaft mbH. Frau Rechtsanwältin Siggelkow berät unsere Mandanten speziell im Bereich Zollstrafrecht, Bußgeldverfahren, Compliance und allen Fragestellungen bezüglich Strafverfahren und Bußgeldverfahren beim Import und Export, speziell auch im Außenwirtschaftsrecht. Ihre Expertise hat sie durch vorherige Tätigkeiten in einer Kanzlei für Wirtschaftsstrafrecht. Sie engagiert sich neben Ihrer Tätigkeit ehrenamtlich in der Organisation für Opfer von Straftaten, WEISSER RING e.V.