Wegweisendes Urteil: So entfällt die Energiesteuer

Das Finanzgericht Düsseldorf hat ein Urteil gefällt, das vielen Unternehmen den Rücken stärkt: Wenn ein Energie­erzeugnis rein technisch und nicht nach dem Anwendungsbereich des Energiesteuergesetzes verwendet wird, darf keine Energie­steuer erhoben werden. Selbst wenn formale Vorgaben im Verfahren nicht erfüllt wurden. Für viele Fachverantwortliche ist das ein dringend benötigtes Signal: Nicht jeder Formfehler führt automatisch zu hohen Nachforderungen. Das Urteil ist jedoch noch nicht rechtskräftig.

Was ist passiert?

Ein Unternehmen hatte ein Spezialgemisch aus einem Steuerlager exportiert. Konkret handelte es sich um die Stoffe Isopentan und Solstice  LBA. Die Komponenten können energetisch genutzt werden, dienten im vorliegenden Fall aber der Herstellung von PU-Dämmstoffen. Der Zoll behandelte die Lieferungen als steuerpflichtig, weil kein korrektes Aussetzungsverfahren vorlag. Ergebnis: Ein Steuerbescheid über 53.625 €.

Das Unternehmen wehrte sich – und bekam Recht! Das Gericht stellte fest: Die Stoffe wurden nicht als Heiz- oder Kraftstoffe verwendet. Und genau darauf kommt es an. Entscheidend ist die tatsächliche Nutzung, nicht die theoretische Eignung.

Technische Verwendung ist keine Energie­nutzung

Die wichtigste Aussage des Urteils: Wer ein Energie­erzeugnis ausschließlich technisch nutzt, etwa in der chemischen Industrie, bei der Dämmstoffproduktion oder in Kühlmitteln, darf nicht mit Energie­steuer belastet werden. Das Gesetz sieht für solche Fälle gar keinen Steuertarif vor.

Das Gericht betont, dass die Steuerpflicht an eine energetische Verwendung gekoppelt ist. Wer also kein Gas verfeuert, sondern es stofflich verarbeitet, fällt nicht unter die Besteuerung. Das ist gerade in der Praxis entscheidend: Viele Unternehmen arbeiten mit Substanzen, die im Gesetz als „Energie­erzeugnis“ gelten, aber in Wahrheit nie als Energie eingesetzt werden.

Formfehler sind nicht alles

Der zweite zentrale Punkt: Selbst wenn bei der Entnahme aus dem Steuerlager ein Fehler passiert, beispielsweise beim Begleitdokument oder bei der Erlaubnis zur steuerfreien Verwendung, führt das nicht zwangsläufig zur Steuerpflicht. Das Gericht verweist auf den EU-Grundsatz der Verhältnismäßigkeit: Steuerrecht darf nicht zum Selbstzweck werden.

Für Unternehmen bedeutet das: Wer glaubhaft nachweist, dass ein Produkt rein technisch genutzt wurde, darf nicht wegen eines vergessenen Häkchens auf dem Formular bestraft werden. Das ist eine Ermutigung für alle, die täglich mit komplexen Aussetzungsverfahren zu tun haben.

Was Unternehmen jetzt tun sollten

Auch wenn das Urteil Mut macht: Es ersetzt nicht die Pflicht zur sauberen Dokumentation. Unternehmen sollten jetzt prüfen, ob sie

  • Energie­erzeugnisse rein technisch einsetzen
  • Diese Verwendung eindeutig belegen können

Zudem lohnt es sich unter Umständen, laufende Steuerbescheide im Licht dieser Entscheidung zu überprüfen. Sobald das Urteil rechtskräftig ist, können so schnelle Maßnahmen ergriffen werden. Es ist zu erwarten, dass sich jedoch erstmal ein Verfahren am BFH anschließt.

Haben Sie Fragen zur Energiesteuer? Unsere erfahrenen Anwälte helfen Ihnen gerne weiter.

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Dieser Artikel wurde am 15. Juli 2025 erstellt. Er wurde am 17. Juli 2025 aktualisiert

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  • Dr. Tristan Wegner

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  • Dr. Tristan Wegner ist seit 2013 als Rechtsanwalt im internationalen Handels- und Transportrecht tätig und hat über 10 Jahre Erfahrung. Er ist Fachanwalt für Transport- und Speditionsrecht. Er ist geschäftsführender Partner der Kanzlei. Herr Dr. Wegner war für eine international führende Kanzlei im Zoll– und Außenwirtschaftsrecht sowie für die Zollfahndung tätig und hat zum internationalen Handel promoviert. Rechtsanwalt Dr. Wegner ist regelmäßig in der Fachpresse und veröffentlicht Aufsätze. Er ist Mitglied im Versicherungswissenschaftlichen Verein Hamburg, der Deutschen Initiative junger Schiedsrechtler (DIS40) sowie dem Europäischen Forum für Außenwirtschaft, Verbrauchsteuern und Zoll, dem Verein für Seerecht und der GMAA. Er ist zudem Dozent und Lehrbeauftragter an der Universität Hamburg.