Der Bundesgerichtshof hat in einer wegweisenden Entscheidung die unmittelbare Haftung von Unterfrachtführern gegenüber Warenempfängern bestätigt und damit eine wichtige Rechtsfrage im internationalen Transportrecht geklärt. Die Entscheidung stärkt die Position von Empfängern in komplexen Logistikketten erheblich.
Bedeutung der Entscheidung für die Transportbranche
Der BGH stellte klar, dass Warenempfänger bei Verlust oder Beschädigung ihrer Sendung Schadensersatzansprüche direkt gegen den ausführenden Unterfrachtführer geltend machen können.
Dies gilt auch dann, wenn zwischen Empfänger und Unterfrachtführer kein unmittelbarer Vertrag besteht.
Der konkrete Fall
Im zugrundeliegenden Fall hatte eine Klägerin von einer US-amerikanischen Verkäuferin zwei Spektrometer zum Preis von 23.350 US-Dollar erworben. Mit dem Transport wurde die deutsche Tochtergesellschaft eines US-Logistikkonzerns als Unterfrachtführerin beauftragt. Bei der Anlieferung verlangte der Fahrer eine Barzahlung von über 4.000 Euro für Zollgebühren, die die Empfängerin aus haushaltsrechtlichen Gründen nicht leisten konnte. Obwohl die Gebühren später überwiesen wurden, erfolgte keine Auslieferung mehr. Die Ware wurde stattdessen veräußert, da sie beim Unterfrachtführer keinem Empfänger mehr zugeordnet werden konnte.
Rechtliche Bewertung des BGH
Der BGH bestätigte den der Klägerin zugesprochenen Schadensersatzanspruch gegen den Unterfrachtführer nach § 421 Abs. 1 Satz 2 HGB. Das Gericht stellte klar, dass diese Vorschrift auch im Verhältnis zwischen Empfänger und Unterfrachtführer direkt anwendbar ist – jedenfalls dann, wenn der Unterfrachtführer die Ablieferung beim Endempfänger übernommen hat.
Klärung einer umstrittenen Rechtsfrage
Mit dieser Entscheidung beendete der BGH eine in der Fachliteratur kontrovers geführte Diskussion. Anders als von Teilen der Literatur vertreten, kommt es für die Haftung des Unterfrachtführers nicht auf den Parteiwillen im Unterfrachtvertrag an. Die gesetzliche Regelung des § 421 HGB gilt vielmehr unmittelbar. Auch der Einwand der Beklagten, dass bei einer Konzernverbundenheit von Haupt- und Unterfrachtführer kein Interesse an einer direkten Haftung bestehe, überzeugte den BGH nicht.
Weitreichende praktische Konsequenzen
Die Entscheidung hat erhebliche praktische Bedeutung für die internationale Logistikbranche. Empfänger können nun auch bei mehrgliedrigen Transportketten ihre Ansprüche direkt gegen den ausführenden Unterfrachtführer geltend machen. Dies vereinfacht die Rechtsdurchsetzung erheblich, da nicht erst der möglicherweise im Ausland ansässige Hauptfrachtführer in Anspruch genommen werden muss.
Fazit für die Transportpraxis
Unterfrachtführer müssen sich darauf einstellen, dass sie von Empfängern bei Transportschäden direkt in Anspruch genommen werden können. Die Entscheidung schafft Rechtssicherheit und stärkt die Position der Warenempfänger.
Für die Praxis bedeutet dies, dass Unterfrachtführer ihr Risikomanagement entsprechend anpassen und ausreichenden Versicherungsschutz vorhalten sollten.
Haben Sie Fragen zur Unterfrachtführerhaftung oder benötigen rechtliche Unterstützung bei Transportschäden? Unsere spezialisierten Anwälte beraten Sie.
Dieser Artikel wurde am 8. Dezember 2025 erstellt.
Ihr Ansprechpartner
Dr. Tristan Wegner ist seit 2013 als Rechtsanwalt im internationalen Handels- und Transportrecht tätig und hat über 10 Jahre Erfahrung. Er ist Fachanwalt für Transport- und Speditionsrecht. Er ist geschäftsführender Partner der Kanzlei. Herr Dr. Wegner war für eine international führende Kanzlei im Zoll– und Außenwirtschaftsrecht sowie für die Zollfahndung tätig und hat zum internationalen Handel promoviert. Rechtsanwalt Dr. Wegner ist regelmäßig in der Fachpresse und veröffentlicht Aufsätze. Er ist Mitglied im Versicherungswissenschaftlichen Verein Hamburg, der Deutschen Initiative junger Schiedsrechtler (DIS40) sowie dem Europäischen Forum für Außenwirtschaft, Verbrauchsteuern und Zoll, dem Verein für Seerecht und der GMAA. Er ist zudem Dozent und Lehrbeauftragter an der Universität Hamburg.