Viele Studenten haben eine Lerngruppe im Jurastudium. Aber was sind die Vor- und Nachteile einer Lerngruppe? Wie sinnvoll sind diese Lerngruppen? Wie sollte man eine Lerngruppe am besten gestalten und warum machen das so viele Jurastudenten überhaupt? Zunächst einmal zum Unterschied zwischen einer Lerngruppe und einem Lernpartner: 

Unterschied: Lerngruppe und Lernpartner

Oft werden Lernpartner auch die Mitglieder einer Lerngruppe genannt. Wenn man einen Unterschied benennen möchte, dann sind Lernpartner wohl eher diejenigen, mit denen man „zusammen“ lernt. Man gestaltet im Wesentlichen den (Lern)Tagesablauf zusammen. Das Lernen muss natürlich jeder für sich selbst erledigen. Allerdings kann man sich, wenn man das möchte, jemanden suchen, der einen motiviert, mit dem man sich gerne über Lerninhalte austauscht und mit dem es einfach etwas leichter fällt, das Jurastudium zu meistern. 

Die Lerngruppe hingegen findet – im Idealfall – zu einer bestimmten Zeit, an einem bestimmten Ort, mit einem bestimmten Inhalt statt. Die Lerngruppenpartner sind, wenn man einen Lernpartner wie zuvor erläutert beschreibt, also keine Lernpartner, sondern diejenigen, mit denen man nur während der Lerngruppe lernt. 

Diese beiden Begriffe wirklich klar voneinander abzugrenzen wird also schwer möglich sein, aber zumindest ein paar Unterschiede gibt es doch.  

Wie finde ich eine Lerngruppe?

Wie findet man eigentlich eine Lerngruppe? Je nachdem, wann man sich eine Lerngruppe sucht, gibt es verschiedene Wege. Schon am Anfang des Studiums, beispielsweise in der Orientierungswoche, wenn man die ersten Kommilitonen kennenlernt, wird dieses Thema das erste Mal angesprochen. Viele bilden aber erst im späteren Verlauf des Studiums eine Lerngruppe. Gerade am Anfang, wenn man noch gar nicht so genau weiß, um was es geht und wie man selber sein Studium gestalten möchte, ist es sehr schwer die richtige Lerngruppe zu finden. Deshalb bilden die meisten Studenten – wenn überhaupt – erst im Verlauf des Studiums eine Lerngruppe oder auch erst in der Examensvorbereitung.

Um dann eine Lerngruppe zu finden, sollte man einfach mal bei der Uni oder auch beim Repetitor nachhorchen, ob es da irgendwelche Möglichkeiten gibt. Meistens wird zumindest von einer Seite etwas organisiert. Auch bei den eigenen Freunden kann man sich einfach mal umhören, ob sie vielleicht jemanden kennen, der aktuell eine Lerngruppe sucht. 

Lerngruppenpartner

Mit welchen Lerngruppenpartnern ergibt die Lerngruppe am meisten Sinn? Die meisten bilden mit Freunden oder zumindest guten Bekannten eine Lerngruppe. Allerdings ist das nicht immer ratsam. Je nachdem wie gut sich jeder einzelne unter Kontrolle hat, ist es teilweise auch besser, mit den Leuten in der eigenen Lerngruppe nicht befreundet zu sein. Wenn man sich privat nicht gut kennt und nicht viel miteinander zu tun hat, ist es sehr viel leichter sich wirklich auf die Inhalte zu konzentrieren. 

Auch wenn es nicht unbedingt leicht ist auf Kommilitonen zuzugehen, die man bisher kaum kennt, kann das deshalb wirklich hilfreich sein. Selbst wenn man mit einem Freund oder guten Bekannten aus dem Studium zusammen noch jemanden findet, den man praktisch noch gar nicht kennt, ist das ein guter Ansatz sein. Sobald mindestens einer dabei ist, der bei privaten Themen nicht wirklich mitreden kann, wird es leichter nicht abzuschweifen

Aber auch mit Freunden ist es möglich eine produktive Lerngruppe zu bilden. Man muss es nur schaffen, sich zusammenzureißen und beim Thema zu bleiben. Um das zu erreichen sind der richtige Ort, Planung und Struktur

Ort und Zeit der Lerngruppe

Am besten versucht man für die Lerngruppe einen Ort zu finden, der losgelöst von den privaten Bereichen der einzelnen Leute ist. Falls es Angebote von der Uni gibt, kleine Räume zu reservieren, ist das meist die beste Lösung. 

Das wichtigste ist, dass es vor allem ruhig ist und keine anderen Menschen im selben Raum sind. Das führt sonst sehr schnell zu Ablenkung. Außerdem ist es schön seinen eigenen Platz zu haben um auch nebenbei Kaffee trinken zu können und es trotzdem etwas netter zu haben als beispielsweise in der Bibliothek. 

Was die Zeiten angeht, gestalten viele die Lerngruppe sehr unterschiedlich. Einige treffen sich nur einmal in der Woche, andere treffen sich bis zu fünfmal. Wenn man bemerkt, dass es einem wirklich unglaublich viel bringt und man sich auch fünfmal die Woche treffen kann, ohne dass sich großartig gegenseitig abgelenkt wird, kann das durchaus funktionieren. Dabei sollte man aber versuchen sich so gut es geht selbst zu reflektieren und sich danach zu fragen: Wie viel hat es mir heute wirklich gebracht?

Des weiteren machen einige Lerngruppen nur einen Fall pro mal, andere versuchen mindestens zwei zu schaffen oder füllen die Zeit eben auch noch mit anderen Dingen, wie Karteikarten abfragen und abstrakt über Probleme diskutieren

Planung und Struktur

Eine feste Planung der Lerngruppe ist sehr hilfreich. Nicht nur Zeit und Ort, sondern zumindest auch grob den Inhalt. Das hilft 

  1. den Überblick zu behalten
  2. Überschneidungen zu vermeiden
  3. möglichst verschiedene Probleme/Themen zu behandeln
  4. und zu vermeiden, dass sich unglaublich lange mit dem Suchen eines richtigen Falles aufgehalten werden muss

Dabei ist es natürlich sehr schwierig, immer einen Fall zu finden, der gerade zu dem Thema passt und viele der wichtigsten Probleme abdeckt. Dann kann man gut eine kleine Zusatzfrage einbauen oder auch einfach mal etwas abstrakt ein wichtiges Problem diskutieren. Am Ende ist vor allem wichtig, dass sich jeder wirklich einmal gedanklich mit dem geplanten Inhalt auseinandergesetzt hat. 

Beispielsweise während des Repetitoriums, kann man immer für die nächsten vier Wochen einen kleinen Plan machen. Gerade nach der ersten Zeit kommt es sonst schnell dazu, dass sich beim Fälle finden nicht mehr allzu viel Mühe gegeben wird und man dadurch oft dasselbe behandelt, wie auch schon in anderen Fällen. 

Was macht man in einer Lerngruppe?

Die meisten Lerngruppen – zumindest in der Vorbereitung auf die schriftlichen Klausuren im Studium – sind so angelegt, dass Fälle gelöst werden. Das ist hinsichtlich der Klausuren natürlich auch sehr sinnvoll. Je nachdem worauf man sich in der Lerngruppe einigt, kann man auch durchaus mal ein Kapitel aus einem Lehrbuch vorstellen, zum Beispiel wenn man für ein Thema mal keinen guten Fall gefunden hat. 

Einige Lerngruppen fragen sich auch gegenseitig Karteikarten ab oder diskutieren abstrakt verschiedene Probleme. Gerade dann sollte man aber auch wirklich aufpassen, dass man sich mit mehreren Leuten auch gut konzentrieren kann und dass alle ungefähr den gleichen Redeanteil haben. In der Regel ist Karteikarten abfragen und Probleme diskutieren, etwas, was mit einem Lernpartner am besten funktioniert, auch weil so jeder am meisten beitragen muss. Dazu muss allerdings gesagt werden, dass diese Konstellation auch nur für einen bestimmten Lerntyp funktioniert.

Kurz vor dem Examen 

Wenn es in die letzten Wochen vor den Examensklausuren geht, steigen viele darauf um, die Fälle nur noch relativ grob zu lösen und sich auf die Basics zu konzentrieren. Das ist auch durchaus sinnvoll. Zum einen wird dadurch verhindert, dass die Mitglieder der Lerngruppe zusätzliche Besorgnis hinsichtlich der Examensklausuren bekommen, weil etwas nicht beherrscht wird. Zum anderen spart es ein wenig Zeit um möglichst viel des „Basicstoffs“ nochmal zu wiederholen und zu festigen

Lerngruppe für die mündliche Prüfung

Auch eine Lerngruppe für die mündliche Prüfung ist mitunter sehr sinnvoll. Diese darf durchaus auch mal aus ein paar mehr Leuten bestehen als die „normale“ Lerngruppe. Beispielsweise kann man die Lerngruppe so aufteilen, dass immer abwechselnd jeder Lerngruppenpartner einmal Prüfling und einmal Prüfer für ein Rechtsgebiet ist. Das sorgt dafür, dass die „Prüfer“ sich nicht allzu lange auf eine Einheit vorbereiten müssen und schafft außerdem eine relativ praxisnahe Prüfungssituation

Das Ziel dieser Lerngruppe sollte neben der Abfrage der aktuelleren Rechtsprechung vor allem auch die Vortragsweise der Prüflinge sein. Gerade weil viele der Studenten nicht viele Vorträge während ihrer Studienzeit halten mussten, ist es sehr sinnvoll eine realitätsnahe Prüfungssituation herbeizuführen. 

Wie effektiv sind Lerngruppen? 

Das kommt insbesondere darauf an, wie gut sich vorbereitet und die Konzentration gehalten wird. Grundsätzlich sind Lerngruppen sehr hilfreich, weil man durch das Erklären und das Diskutieren nochmal einen ganz anderen Blick auf den Lernstoff bekommt. Das Gehirn kann den Stoff noch einmal ganz anders verarbeiten und verankern, wodurch ein guter Lerneffekt erzielt werden kann – wenn man es eben schafft, die Zeit wirklich gut zu nutzen.

Vor- und Nachteile einer Lerngruppe

Kommen wir nun schlussendlich zu den Vor- und Nachteilen einer Lerngruppe:

Vorteile:

  • Der Austausch mit den Lerngruppenpartnern ist einer der größten Vorteile einer Lerngruppe. Der ganze Lernalltag wird dadurch etwas erträglicher, dass man auch mit anderen geplant und bewusst Jura praktiziert. Neben dem zusammen lernen hat man zusätzlich auch immer Leute, mit denen man beispielsweise organisatorische Sachen besprechen kann. Gerade wenn es um Zusatzleistungen im Studium oder die Examensanmeldung geht, kann man immer mit jemandem Rücksprache halten.

  • Der Lerneffekt wird durch das Erklären bei vielen massiv verstärkt. Genau das ist auch das wertvolle an einer Lerngruppe. Ohne diese, hat man im Studium selbst kaum eine Chance Dinge wirklich zu diskutieren, es sei denn, man lernt beispielsweise mit einem Lernpartner zusammen.

  • Ein weiterer Vorteil besteht in der Orts- und Termingebundenheit. Gerade wenn im Studium selbst nicht mehr allzu viele Termine anstehen, hilft eine Lerngruppe enorm dabei, etwas Struktur beizubehalten. Eine gewisse Routine zu entwickeln, ist für alle Lerngruppenmitglieder und auch für die Konzentration während der Lernzeit, von großem Vorteil. Neigt sich das Studium zum Ende und wurde dafür vielleicht die Heimatstadt verlassen, tendieren einige dazu auch mal an einem anderen Ort zu lernen. Eine Lerngruppe hilft in diesem Fall dabei, dass man in seinem gewohnten Umfeld bleibt, insbesondere wenn sie in Präsenz stattfindet.

  • Der soziale Druck und die Kontrolle, die in einer Lerngruppe automatisch entstehen, können für die Lernmotivation des Einzelnen sehr hilfreich sein. Auch wenn das Konkurrenzdenken natürlich nicht allzu stark ausgeprägt sein sollte, ist es gut für die Motivation, wenn jeder der Beste sein möchte. Zusätzlich bekommen die Lerngruppenpartner natürlich mit, falls in einem Teilgebiet mal große Lücken bestehen, klassische Definitionen oder ein Schema nicht beherrscht wird.

Nachteile

  • Obwohl die Orts- und Termingebundenheit für die meisten grundsätzlich einen Vorteil darstellt, ist ein zusätzlicher Termin immer auch ein gewisser Zeitaufwand. Das kommt natürlich auch darauf an, wann und wo sie Lerngruppe stattfindet. Zusätzlich sollte man gerade bei mehr als ein bis zwei Terminen die Woche darauf achten, die Sitzungen zu begrenzen, um nicht zu viel von der tatsächlichen Lernzeit zu nutzen. Je nachdem wo die einzelnen Mitglieder der Gruppe gerade stehen, ist wie viel Zeit wofür aufgewendet werden sollte natürlich sehr unterschiedlich.

  • Bei vielen Lerngruppen im Jurastudium besteht das größte Problem darin, dass die Lerngruppe irgendwann zur Zeitverschwendung wird. Es passiert mit mehreren einfach extrem schnell, dass auf ein anderes Thema zurückgegriffen wird. Die meisten anderen Themen sind interessanter, wenn man versucht, nicht den vorliegenden Fall zu bearbeiten. Man kann also auch zusammen hervorragend prokrastinieren. Um genau das zu umgehen, ist es beispielsweise sehr hilfreich sich Kommilitonen zu suchen, mit denen man nicht befreundet ist.

    Wenn man merkt, dass man es tatsächlich nicht schafft in einer Lerngruppe produktiv zu arbeiten und die Zeit zu nutzen, sollte man, so schnell es geht eine andere Lösung finden. Entweder ganz aufhören oder sich eine neue Lerngruppe suchen, in der gut gearbeitet wird. Gerade wenn man merkt, dass es vor allem an einem selber liegt, sollte man ohne Lerngruppe lernen. Zuerst einmal für die schriftlichen Klausuren. Für die mündliche Prüfung sieht es dann wieder etwas anders aus. Das liegt aber auch daran, dass der Druck vor der mündlichen in der Regel etwas höher sein wird als zuvor.

  • Die Lerngruppe ist ein relativ großer Zeitaufwand. Das Vorbereiten der Fälle nimmt eine Menge Zeit in Anspruch. Sowohl aufseiten des Vortragenden als auch aufseiten derer, die die Fälle lösen sollen. Wenn man etwas mitnimmt und es einem etwas bringt, dann lohnt sich der Zeitaufwand absolut. Sollte das allerdings nicht so sein, ist diese ganze Zeit der Vorbereitung, ebenso wie die Lerngruppenzeit selbst, weitestgehend verschwendet und man sollte sich schnellstmöglich etwas überlegen.

  • Zum Problem kann auch werden, dass die einzelnen Mitglieder der Lerngruppe ein sehr unterschiedliches Lernverhalten haben. Grundsätzlich sollte sich niemand ein Beispiel daran nehmen, wie jemand anderes lernt. Das gilt sowohl für die Zeiten, den Ort als auch das Wie. Vor allem sollte es nicht dazu kommen, dass eines der Mitglieder nach der Lerngruppe demotivierter ist als vorher. Jeder wird irgendwo seine Stärken und Schwächen haben. Das ist völlig normal. Wenn man sich davon entmutigen lässt oder die Diskrepanzen zu groß sind, sollte man allerdings etwas ändern. Die Lerngruppe sollte jedem Mitglied einen Mehrwert bieten.

Dieser Artikel wurde am 18. Oktober 2022 erstellt. Er wurde am 30. September 2023 aktualisiert. Die fachliche Zweitprüfung hat Rechtsanwalt Dr. Tristan Wegner durchgeführt.

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  • Katharina Scharf ist Mitarbeiterin für unseren Karriereblog. Sie bloggt regelmäßig über Themen der juristischen Ausbildung, dem Studium, Examen und Referendariat. Sie kann hierzu aus erster Hand berichten, da sie sich selbst gerade in der Examensvorbereitung befindet und weiß, welche Themen zur juristischen Karriere relevant sind.