Die Prüfungsangst ist im Jurastudium so weit verbreitet wie in praktisch keinem anderen Studiengang. Dafür gibt es unterschiedlichste Faktoren. Zur Überwindung dieser Angst gibt es leider keine Generallösung.

Kennt man die einzelnen Faktoren und befolgt einige Tipps, kann man der Prüfungsangst vor dem ersten Examen aber schon ein wenig entgegenwirken, bevor sie überhaupt entsteht oder überwinden, wenn sie bereits aufgekommen ist. 

Ursachen für Prüfungsangst 

Kennt man die Ursachen für Prüfungsangst, kann man von Anfang an darauf achten, sich von diesen Faktoren möglichst nicht zu sehr beeinflussen zu lassen.

  • Struktur des Jurastudiums 
  • Kommentare von Dozenten 
  • Willkür bei der Themenauswahl für Klausuren 
  • Bewertungssystem der Klausuren 
  • (teilweise) schlechte Ausbildung 
  • sehr breites Zeitfenster 
  • Konkurrenz unter Kommilitonen

Zunächst einmal kann man sagen, dass das ganze Studium zum Ende hin auf einen gewissen Stress seitens der Examenskandidaten ausgelegt ist. Ein beziehungsweise zwei juristische Staatsexamina stehen außer für eine gewissen Fachkompetenz auch für Stressresistenz und Belastbarkeit. Das Standhalten des hohen Drucks gehört somit auch zu den Kompetenzen, die ein Volljuristen nachweisen muss. 

  • Das erste Staatsexamen nach vielen Jahren des Studiums ist ein „Alles oder Nichts“. Für dieses Alles oder Nichts hat man nicht mehr als zwei Versuche. Drei Versuche gibt es in den meisten Bundesländern nur, wenn man es schafft das Studium in weniger als der Regelstudienzeit durchzuziehen oder (wie aktuell) eine gewisse Anzahl an Corona Semestern gutgeschrieben bekommt. Diese Struktur ist also schon darauf ausgelegt, dass aufgrund der Wichtigkeit der Klausuren die Angst vor dem Nichtbestehen massiv ist. Zusätzlich kann man sich im vorherigen Studium die größte Mühe geben und trotzdem „versagen“. Egal ob das bedeutet ganz durchzufallen oder „nur“ eine schlechte Note zu bekommen. 

    Das Verständnis auf Seiten der Prüfer oder auch bereits examinierten Juristen ist zusätzlich sehr niedrig. Wer das Staatsexamen abgeschlossen hat reagiert auf die Problematik der Prüfungsangst von Studierenden oft relativ gelassen, schließlich hat man es ja selbst schon hinter sich gebracht. Das ist auch ein Grund dafür, dass sich an diesem Konzept schon lange nichts geändert hat. 

  • Was schon im vorherigen Studium ein Problem darstellt, zieht sich auch durch das Examen und schürt die Angst der Examenskandidaten extrem. Es ist weithin bekannt wie ungerecht und intransparent die Bewertung von Klausuren ist. Viele verschiedene Klausurkorrektoren und extrem undurchsichtige Lösungsvorgaben ermöglichen es bei dieser Form der Klausuren nicht, dass es feste Bewertungsmaßstäbe geben könnte. Stattdessen kann man sich nie sicher sein, wie die eigene Klausur am Ende bewertet oder ob man überhaupt bestanden hat. 

    Diese Erfahrungen machen es nicht unbedingt leichter sich hinsichtlich der eigenen Ergebnisse der Examensklausuren nicht allzu viele Sorgen zu machen. Auch unabhängig von der eigenen Vorbereitung. 

  • Nicht zu vernachlässigen sind auch die Kommentare, die sich seitens des Lehrkörpers durch das gesamte Studium ziehen. Nicht nur die Repetitoren – denen ohnehin nachgesagt wird etwaige Aussagen aus bloßer Gewinnmaximierungsabsicht zu tätigen – sondern auch Professoren oder Leiter von Arbeitsgemeinschaften äußern sich mitunter sehr extrem und teilweise auch unfair gegenüber den Studierenden. 

    Schon in den ersten Semestern darf man sich seitens der Professoren anhören wie viele nicht das Zeug oder genügend Biss für diesen Studiengang haben. 

    Und das von Menschen, deren Staatsexamen damals in Umfang und Anforderungen dem  heutigen deutlich unterlegen ist. Das soll keine Geringschätzung des damaligen Studienganges signalisieren. Studierende heute haben nunmal ganz andere Möglichkeiten als diejenigen die vor Jahrzehnten ihrer Abschluss gemacht haben. Trotzdem hat sich der Umfang des Prüfungsstoffs sehr viel weiter entwickelt, was nicht unbedingt von allen anerkannt wird. 

    Diese Kommentare gilt es weitestgehend auszublenden. Dass man Biss besitzen und auch etwas im Kopf haben sollte, ist zwar unumstritten, wie sich dass im Einzelnen äußert ist aber sehr unterschiedlich, weshalb diese allgemeinen Kommentare am Ende keinerlei Auswirkung auf irgendetwas haben sollten. 


Tipps zur Überwindung von Prüfungsangst:

Alle diese Faktoren führen dazu, dass zum Examen hin immer mehr Kandidaten unter Prüfungsangst leiden. Mittlerweile sind es fast 30 % – 40 % aller Studierenden die unter ernstzunehmender Prüfungsangst leiden. Eine Zahl die so in anderen Studiengängen seinesgleichen sucht. Kleine Tricks wie zum Beispiel die richtige Körperhaltung während der Klausur und ein passender Ausgleich für den Kopf – sowohl vor als auch während der Prüfungsphase – können der Prüfungsangst schon ein wenig entgegenwirken. 

Keinen Druck von außen zulassen 

Bei all den eben aufgezählten Faktoren ist es im Jurastudium extrem wichtig, sich auf sich selbst zu fokussieren. Das bedeutet nicht, dass man sich nicht mit anderen austauschen sollte. Allerdings wird man im Jurastudium – je weiter es fortschreitet – immer mehr alleine gelassen. Dass ein Studium etwas ganz anderes ist als die Schulzeit ist völlig klar. Gerade durch die sehr frei einteilbare Zeit ab der Zwischenprüfung ist es in diesem Studiengang aber extrem wichtig den eigenen Weg zu finden. 

Dabei ist es aber eben auch wichtig, sich nicht zu sehr nach Empfehlungen oder Vorschlägen von anderen zu richten, selbst wenn diese sehr gut gemeint sind.

Im schlechtesten Fall, setzt es einen am Ende zu sehr unter Druck, wenn man etwas nicht in der gleichen Zeit oder mit den gleichen Noten abschließt wie andere. Das hat aber, vor allem im Jurastudium, absolut nichts zu sagen. 

Genau deshalb sollte man sich von den Kommentaren seitens des Lehrkörpers, fertigen Juristen oder auch Kommilitonen nicht beeinflussen oder sich gar unter Druck setzen lassen. 

Das gilt vor allem für diejenigen, die vielleicht ein Problem mit Prüfungsangst bekommen könnten. Es gibt durchaus auch Studierende, die hin und wieder mal ein wenig solchen „Ansporns“ vertragen. Es bedeutet also nicht, dass sich jeder von Vorschlägen oder sonstigen lösen sollte. Viel eher darf man diese nicht zu einem negativen Mindset umformulieren, sondern sie positiv für sich nutzen, wenn sie einem etwas bringen. 

Den Druck den man sich selbst macht, aufgrund von Kosten und Dauer des Studiums ist in der Regel schon hoch genug. 

Eigenes Tempo – Selbstbetrug vermeiden 

Zu der Selbstständigkeit, die einem das Studium abverlangt, gehört auch eine persönlich abgestimmte Zeiteinteilung. 

Mit dem eigenen Tempo ist dabei nicht die Dauer des Studiums gemeint, sondern eher das persönliche Lerntempo. Wie viel man an einem Tag schafft. Wie viel von dem man wie nachhaltig auch behält und wie man sich das Wissen aneignet ist sehr individuell.

Auch hier gilt also, sich auf sich und den eigenen Lernplan zu konzentrieren und von anderen nicht unter Druck setzen zu lassen. Das größte Problem hierbei ist Prokrastination. Diese lässt sich aber mit entsprechend Selbstdisziplin und einigen Tricks ganz gut vermeiden

Die Kunst besteht am Ende darin, ein Gleichgewicht zwischen einem Maß an Gelassenheit und Disziplin beziehungsweise gesundem Druck zu finden. Hierfür ist es besonders wichtig sich beim Lernen immer wieder ernsthaft selbst zu reflektieren. Sich vielleicht aufzuschreiben, wenn man mit etwas nicht glücklich ist und dadurch das Lernen verbessern. Das kann besonders bei Studierenden, die zu Prüfungsangst neigen, schon durch die Kontrolle oder das „vor Augen führen“ eine Verbesserung hervorrufen. 

Prüfungssicherheit durch Vorbereitung

Mit der entscheidendste Punkt, wenn es um die Vorbeugung oder Reduzierung von Prüfungsangst geht, ist die richtige Vorbereitung. Hinsichtlich einer aufkommenden Prüfungsangst ist Routine hier das entscheidende. 

Dass man insbesondere in der Examensvorbereitung so viele Klausuren wie möglich schreiben sollte ist kein Geheimnis. Gerade für Studierende, die zu Prüfungsangst neigen ist das aber noch relevanter als für andere. Je mehr Routine man im Schreiben an sich entwickelt und vor allem, je näher diese Situation an die Prüfungssituation angepasst ist, desto weniger Stress verursacht die Prüfung am Ende. Das führt auch dazu, dass ein völliger Blackout sehr unwahrscheinlich wird. 

Erfolgserlebnisse

Zur Vorbereitung zählt auch sich vor Augen zu halten was man schon alles geschafft hat. Kleine Erfolgserlebnisse wahrzunehmen und zu zelebrieren, aufzuschreiben oder sich anders vor Augen zu führen ist für die Bekämpfung von Prüfungsangst sehr vorteilhaft. Diese positiven Gedanken tun mehr als man denken könnte, wenn es darum geht den negativen Stress zu unterdrücken. 

Ehrlicher Austausch mit anderen – kein Perfektionismus 

Auch der ehrliche Austausch mit Kommilitonen ist ein wichtiger Teil der Überwindung von Prüfungsangst. Die Betonung liegt hierbei auf dem Wort ehrlich

Sich mit Studienkollegen auszutauschen, die sowieso grundsätzlich vortäuschen, dass bei ihnen alles rund läuft und keine Probleme austauschen bringt grundsätzlich nichts. Wirklich fast jeder hat in der Examensvorbereitung mit Motivationsproblemen zu kämpfen. 

Mitstudierende zu finden, die sich ehrlich darüber austauschen welche Probleme ihnen Bauchschmerzen bereiten oder wie sie es schaffen sich zu motivieren ist deshalb für die Überwindung der eigenen Prüfungsangst ein wichtiger Baustein. 

Wenn man schon von den Lehrenden weitestgehend allein gelassen wird, ist es doch wichtig, sich vor Augen zu führen, dass man nicht der einzige ist, der sich in dieser schwierigen Situation befindet. 

Entspannung im Alltag 

Auch wichtig um das eigene Stresslevel zu senken ist der richtige Ausgleich. Dieser ist auch für die perfekte Vorbereitung unentbehrlich.

Auch was genau das ist muss jeder selbst entscheiden. Einigen Studierenden tut beispielsweise eine Teamsportart nebenher extrem gut, da man hier so sehr vom Alltag abgelenkt wird, dass man gar nicht mehr an den stressigen Unialltag denken kann. Andere wiederum profitieren mehr von Sportarten wie Yoga oder Laufen, weil sie hier Zeit haben sich auf sich selbst zu konzentrieren und ihnen das am meisten hilft. 

Egal was es auch am Ende sein mag. Dieser Ausgleich ist sowohl für sie psychische als auch für die physische Gesundheit unerlässlich und sollte deshalb nicht vernachlässigt werden. 


Zusammenfassende Tipps

Zusammenfassend sollte man folgenden Punkte – am besten schon vor der Zeit in der Examensvorbereitung – berücksichtigen, wenn man von sich weiß, dass man vielleicht nicht der Gelassenste in einer Prüfung sein könnte: 

  • Druck von außen reduzieren 
  • individuelle Vorbereitung gestalten
  • Routine entwickeln 
  • Erfolgserlebnisse gezielt reflektieren 
  • ehrlichen Austausch mit Kommilitonen suchen 
  • den passenden Ausgleich finden 
  • Gleichgewicht zwischen Gelassenheit und einem gesunden Maß an Druck entwickeln 

Weitere Tipps rund um das eigene Lerntempo findest du hier.

Dieser Artikel wurde am 29. Dezember 2022 erstellt. Er wurde am 30. September 2023 aktualisiert. Die fachliche Zweitprüfung hat Rechtsanwalt Dr. Tristan Wegner durchgeführt.

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  • Katharina Scharf ist Mitarbeiterin für unseren Karriereblog. Sie bloggt regelmäßig über Themen der juristischen Ausbildung, dem Studium, Examen und Referendariat. Sie kann hierzu aus erster Hand berichten, da sie sich selbst gerade in der Examensvorbereitung befindet und weiß, welche Themen zur juristischen Karriere relevant sind.