Zu Beginn deines Studiums wirst du unweigerlich merken, dass du juristische Fragen im Jura-Studium nicht einfach mit deinem bisherigen Schreibstil beantworten darfst. Innerhalb des Jura-Studiums benutzt man den Gutachtenstil zur Beantwortung juristischer Fragestellungen.

Allerdings gilt das nicht immer, denn gerade in den höheren Semestern ist nicht immer nur der reine Gutachtenstil gefragt. Welche Schreibstile es noch gibt und welche Tipps wir dir zum Üben der verschiedenen Schreibstile geben können, erfährst du in unserem heutigen Karriereartikel!

Das wird von deinem juristischen Gutachten erwartet

In den juristischen Klausuren des Jura-Studiums bekommst du eine Rechtsfrage gestellt, auf die du eine Antwort finden sollst. Dazu bekommst du einen Sachverhalt mit Informationen und du darfst dein Gesetz benutzen. Für die Lösung des Sachverhalts schreibst du ein Gutachten, in dem du die Rechtsfrage ausführlich beantwortest, hierzu benutzt du den Gutachtenstil.

Im Gutachtenstil beginnst du erst mit der Begründung und schreibst dann die Lösung dazu. Der Gutachtenstil soll dich so zur Lösung hinführen. Mit einem guten Gutachtenstil nimmst du den Korrektor an die Hand und führst ihn zur richtigen Lösung, indem du ihn mit seiner Nase auf die richtigen Ergebnisse stupst.

So funktioniert der Gutachtenstil

Der klassische Gutachtenstil besteht aus vier Schritten. Diese vier Schritte gehst du bei jedem neuen Prüfungspunkt durch.

  • Zunächst wirfst du im Gutachten eine zu beantwortende Frage oder ein Rechtsproblem auf. Der Obersatz wird oft eingeleitet mit einem Konjunktiv oder der Phrase „Fraglich ist, ob…“. Hier ist es sinnvoll und schöner für den Lesefluss, wenn du den Obersatz nicht jedes Mal mit der gleichen Phrase beginnst, sondern Abwechslung schaffst. Es fällt auch oft positiv ins Gewicht, wenn du die Rechtsgrundlage zu deiner Fragestellung dazu nennst.

  • Als Nächstes nennst du die Definition, die dir helfen soll, die jeweilige Rechtsfrage zu beantworten. Diese lernst du meistens auswendig. In einigen Fällen definiert auch das Gesetz von sich aus bestimmte Rechtsbegriffe. In diesem Fall benutzt du diese sog. Legaldefinitionen.

    Im Ergebnis musst du immer diejenige Definition nennen, die dir hilft deine aufgeworfene Rechtsfrage zu beantworten.

  • Kommen wir nun zum wichtigsten Teil deines Gutachtens. Hier sammelst du die meisten Punkte und kannst am besten dein Können zeigen. Die Subsumtion ist die konkrete Anwendung auf deinen Fall.

    Hierzu benutzt du die Sachverhaltsinformationen und wendest sie auf deine vorher geschriebene Definition an. Trau dich deine Informationen aus dem Sachverhalt Wort für Wort in deiner Subsumtion zu verwenden, so werden deine Argumente noch stärker.

  • Zuletzt musst du noch dein Subsumtionsergebnis festhalten. Hier beantwortest du also konkret deine Rechtsfrage, die du in deinem Obersatz aufgeworfen hast. Du kannst dein Ergebnis auch mit der Subsumtion verknüpfen. Für Anfänger empfiehlt es sich jedoch beides zu differenzieren.

Wer A sagt, muss auch B sagen!

Im Aufbau deines Gutachtens ist es besonders wichtig, dass du einen logischen und vor allem stringenten Aufbau befolgst. Du verwirrst den Korrektor, wenn du aufgeworfene Rechtsfragen nicht beantwortest oder Ebenen einfach offen lässt, ohne sie zu schließen.

Beachte also: Wer A sagt, muss auch B sagen! Öffnest du eine Gliederungsebene, musst du diese auch schließen. Sonst folgt dein Aufbau keiner logischen Linie und du verärgerst deinen Korrektor.

Der verkürzte Gutachtenstil

Eine gute juristische Klausur lebt von einer sinnvollen Schwerpunktsetzung. Diese richtige Schwerpunktsetzung erreichst du, wenn du neben dem klassischen Gutachtenstil auch teilweise den verkürzten Gutachtenstil verwendest. Auch für den verkürzten Gutachtenstil braucht es Übung und das Wissen, welche Aspekte im Gutachten eher weniger problematisch sind.

Im Falle des verkürzten Gutachtenstils, ziehst du Teile der vier Schritte, des klassischen Gutachtenstils zusammen.

Drei Tipps, für den Ausdruck in deinem Gutachten

Neben der richtigen Gliederung, gibt es auch einige Dinge im Ausdruck, die man bei einem juristischen Gutachten berücksichtigen sollte, damit der Korrektor zufrieden ist. Wir haben dir hier unsere drei besten Tipps für deinen Ausdruck im Gutachten aufgeschrieben!

Drei Tipps

1. Überflüssiges ist falsch

Es mag dir möglicherweise aus der Schulzeit noch sinnvoll erscheinen, dass du alles, was du zu einem Thema weißt, zu Papier bringst. Oft schreibt man dann ausschweifende Monologe zu bestimmten Themen, die eigentlich nicht ganz gefragt sind, einem aber doch erwähnenswert vorkommen. Das ist in einem juristischen Gutachten schlichtweg nicht gefragt und fällt sogar negativ ins Gewicht. Überflüssiges ist einfach falsch und klaut dir wertvolle Zeit für die wichtigen Probleme des Falls, sodass überflüssige Informationen dich doppelt bestrafen!

Begrenze dich auf dasjenige, das von dir verlangt wird!

2. Präzise und verständlich

Versuche dich so präzise wie möglich auszudrücken. Vermeide Bandwurmsätze und formuliere deine Gedanken klar. Es wird negativ berücksichtigt, wenn du versuchst, dich hinter besonders kompliziert klingenden Ausführungen zu verstecken, obwohl du damit nur deine Unsicherheit kaschieren möchtest.

3. Vermeide Kraftausdrücke

Ein No-Go im juristischen Gutachten sind Kraftausdrücke. Gemeint sind damit Wörter wie „unproblematisch“, „zweifellos“ und „natürlich“. Solche Wörter klingen zwar stark, sind für einen Korrektor allerdings eher ein Hinweis auf fehlende oder sehr schwache Argumente.

Der Feststellungsstil

Der Feststellungsstil unterscheidet sich von dem verschiedenen Gutachtenstilen dahingehend, dass du keine verschiedenen Schritte durchläufst. Du stellst das Vorliegen eines bestimmten Merkmals nur fest, ohne eine Begründung. Wenn du den Feststellungsstil benutzt, ist wichtig, dass du dir sicher bist, dass weder ein Schwerpunkt auf dem jeweiligen Punkt liegt, noch die Definition des Punktes in irgendeiner Weise wichtig ist.

Den Feststellungsstil kann man oft zum Ende des Gutachtens verwenden, wenn man das gleiche Merkmal schon vorher genannt hat und es unproblematisch vorliegt.

Der Urteilsstil – ein fataler Fehler bis zum ersten Staatsexamen

Der Urteilsstil ist in gutachterlichen Klausuren bis zum ersten Staatsexamen nicht gefragt. Erst im Referendariat und in der weiteren Laufbahn ist der Urteilsstil Teil des juristischen Lebens. Genau andersherum als im Gutachtenstil steht beim Urteilsstil das Ergebnis vor der Begründung. Genannt wird also zunächst das Ergebnis einer Prüfung und danach wird die Begründung aufgezeigt, meistens mit einem Verbindungswort wie „weil“.

Dein O&W Tipp

Übung im Gutachtenstil – macht den Meister!

Wie bei den meisten Dingen im Leben macht auch bei Gutachtenstil Übung den Meister. Es ist wichtig, dass du in den ersten Semestern Zeit in die Übung des Gutachtenstils investierst. Sei mutig. Gib Übungen deines Gutachtenstils bei AG-Leitern ab und übe vor Klausuren mit Übungsklausuren. Formuliere diese Übungsklausuren im Gutachtenstil aus.

Das wird dir enorm weiterhelfen! Nach einer gewissen Zeit fühlt es sich ganz normal und alltäglich an, den Gutachtenstil zu benutzen und du wirst wissen, an welchen Stellen genau, du den klassischen Gutachtenstil verwenden musst und an welchen Stellen den verkürzten Gutachtenstil.

Finde deinen perfekten Stil im Gutachten

Zuletzt ist es wichtig, dass jeder seinen eigenen Ausdruck und seine Art des Schreibens findet. Natürlich musst du die Rahmenbedingungen des Gutachtenstils einhalten, aber dein Ausdruck ist einzigartig. Finde, durch Übungen, deine perfekte Art des Schreibens von Gutachten. So werden deine Noten im Jura-Studium immer besser und dein Schreibstil immer schöner!

Dieser Artikel wurde am 19. März 2024 erstellt. Die fachliche Zweitprüfung hat Rechtsanwalt Dr. Tristan Wegner durchgeführt.

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  • Katharina Scharf ist Mitarbeiterin für unseren Karriereblog. Sie bloggt regelmäßig über Themen der juristischen Ausbildung, dem Studium, Examen und Referendariat. Sie kann hierzu aus erster Hand berichten, da sie sich selbst gerade in der Examensvorbereitung befindet und weiß, welche Themen zur juristischen Karriere relevant sind.