Das Hessische Finanzgericht hat erneut festgestellt, dass zollrechtliche Pflichtverletzungen und die dadurch entstehende Zollschuld nicht auch automatisch die Entstehung der Einfuhrumsatzsteuer (EUSt) nach sich ziehen würden. Damit teilt es die Ansicht des EuGH, dass für den Anfall der EUSt zumindest die Gefahr bestehen muss, dass Waren in den Wirtschaftskreislauf eines Mitgliedstaates gelangen könnten. Das Finanzgericht hat dem EuGH nun die Frage vorgelegt welche Anforderungen konkret an die Gefahr des Eintritts einer Ware in den Wirtschaftskreislauf zu stellen sind.

Im konkreten Fall ging es um Waren, die auf dem Luftweg aus den USA, Mexiko und Israel über Deutschland nach Griechenland transportiert werden sollten. Es wurden dabei Unregelmäßigkeiten in der Gestellung und dem Weitertransport der Waren festgestellt. Konkret konnten die griechischen Behörden bei den Sendungen Mehr- und Mindermengen verzeichnen. Schon die aufgetretenen Unstimmigkeiten reichten für die deutsche Zollverwaltung aus, um die Gefahr des Eingangs der Waren in den Wirtschaftskreislauf anzunehmen.

Ansicht der Deutschen Zollverwaltung: ein Automatismus

Die deutsche Zollverwaltung ist bisher der Ansicht, dass die Entstehung einer Zollschuld, etwa durch einen zollrechtlichen Verstoß, automatisch die Entstehung der Einfuhrumsatzsteuer nach sich ziehen würde und erhebt in entsprechenden Konstellationen Abgaben, auch ohne die tatsächliche Einfuhr von Waren in einem Mitgliedstaat,  Abgaben. Sie stützt sich dabei auf eine Vorschrift des Umsatzsteuergesetzes (UStG), wonach für die Einfuhrumsatzsteuer die Vorschriften über Zölle sinngemäß gelten würden. Dies kann insbesondere für Importeure von Waren aus Drittländern in die Union bei Verstößen gegen zollrechtliche Bestimmungen hohe Kosten nach sich ziehen.

Der EuGH hat in seiner Rechtsprechung bisher deutlich gemacht, dass es bei der Entstehung einer Zollschuld durch eine zollrechtlich Pflichtverletzung einer zusätzlichen Prüfung der Entstehung der Einfuhrumsatzsteuer bedürfe. Die Entstehung der Einfuhrumsatzsteuer würde grundsätzlich an die tatsächliche Einfuhr von Waren in den entsprechenden Mitgliedstaat anknüpfen. Eine Einfuhr sei erst einmal nur dann gegeben, wenn Waren in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr gelangen oder einem zollrechtlichen Verfahren nicht mehr unterliegen.

Entscheidung des EuGH mit Spannung erwartet

Mit Spannung wird also die Entscheidung des EuGH in der Sache erwartet. Es lässt sich noch nicht abschätzen welchen Gefahrengrad des Eingangs in den Wirtschaftskreislauf von Waren für die Entstehung der Einfuhrumsatzsteuer als ausreichend erachtet werden wird, und ob jeder zollrechtliche Pflichtverstoß zum Anfall der Einfuhrumsatzsteuer führt. Wichtig wird die Entscheidung für jeden, der Waren in einen Mitgliedstaat der Union importiert ohne dabei selber vorsteuerabzugsberechtigt zu sein. Gerade Spediteure und Frachtführer sind dies in der Regel nicht, sodass die Einfuhrumsatzsteuer bei ihnen als echter Schaden verbleibt.  Bis zur Entscheidung des EuGH sollte jedenfalls sorgfältig auf die Einhaltung der zollrechtlichen Bestimmungen geachtet werden. Ansonsten droht bei Pflichtverletzungen neben dem Anfall der Einfuhrzölle auch der Anfall der Einfuhrumsatzsteuer.

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Dieser Artikel wurde am 26. Juni 2018 erstellt. Die fachliche Zweitprüfung hat Rechtsanwalt Dr. Tristan Wegner durchgeführt.

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  • Rechtsanwalt Anton Schmoll berät im Zollrecht, zum Außenwirtschaftsgesetz und zur Verbrauchssteuer. Er ist seit 2013 für die Kanzlei tätig und hat seitdem in zahlreichen Verfahren vor dem Bundesfinanzhof und der Europäischen Kommission das Zollrecht maßgeblich weiterentwickelt.