Der EuGH wird über die Frage entscheiden, ob und unter welchen Voraussetzungen eine juristische Person die Zollschuld für eine vorschriftswidrig verbrachte Ware zu leisten verpflichtet ist. In dem zugrunde liegenden Fall haben die Organe des Unternehmens aber den Verstoß gegen die zollrechtlichen Bestimmungen nicht zu verschulden, sondern potentiell nur ein Angestellter des Unternehmens.

Der vom FG Baden-Württemberg (Beschluss v. 1.12.2015, AZ: 11 K 145/12) an den EuGH gestellten Frage liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Mitarbeiter eines Logistikunternehmens hatte eine kurzfristige Ausfuhr – die bei Einhaltung der förmlichen Vorschriften zollfrei abläuft – eines Transformators aus der Schweiz nach Deutschland per Schiff angeordnet. Dabei gestellte er die Ware aber nicht beim zuständigen deutschen Zollamt. Somit entstand eine Zollschuld nach Art. 202 des Zollkodex (ZK). Die Frage ist aber, ob auch das Logistikunternehmen Zollschuldner ist. Der Schiffsführer, der hier ohne Zweifel Zollschuldner ist, konnte nicht ermittelt werden.

Haftung des Unternehmens für Angestellte

Von entscheidender Bedeutung ist es, ob das Logistikunternehmen als juristische Person selbst als Verbringer und damit Zollschuldner im Sinne des Art. 202 ZK gilt oder ob es nur als am Verbringungsprozess Beteiligter zu behandeln ist. Denn bei einer bloßen Beteiligung sind Befreiungen von der Haftung möglich. Nach neuerer Rechtsprechung des EuGH können auch juristische Personen Zollschuldner sein. Es kommt damit auf die Frage an, wann eine juristische Person Verbringer ist. Dies löst die Haftung aus.

Wenn ein Mitarbeiter eigenständig ohne Weisung der Organe seines Dienstgebers den zollrechtlichen Vorschriften zuwiderhandelt wie hier, haftet der Dienstgeber im Grundsatz nicht. Eine solche Haftung kommt nur in Betracht, wenn das Handeln eine unmittelbare Folge des Verhaltens des Dienstgebers ist. Dies unterliegt aber hohen Anforderungen: Das Unternehmen muss den Mitarbeiter z.B. konkret anweisen.

Kann dem Unternehmen die Handlung zugerechnet werden?

Bislang noch nicht entschieden ist die Frage, ob auch ein Verhalten eines bloßen Mitarbeiters, der kein Organ ist, als ein Verhalten des Unternehmens gewertet werden kann. Eine Bejahung dieser Frage würde zu einer beträchtlichen Haftungsausweitung führen.

Ähnlich verhält es sich mit der Frage, ob die Kenntnis des Mitarbeiters dem Unternehmen zugerechnet werden kann. Ist das Unternehmen nicht Ausführer im Sinne des Zollkodex, sondern nur bloßer Beteiligter, so kommt es für die Zahlungspflicht auf den Vorsatz oder die offensichtliche Fahrlässigkeit an, mit der gegen die Zollbestimmungen verstoßen wurde. Das Unternehmen kann sich der Zollzahlung entziehen, wenn es nicht vorwerfbar gegen die Zollbestimmungen verstoßen hat. Würde hier auch die Kenntnis des Mitarbeiters und nicht nur der Organe entscheidend sein, wäre eine Haftungsbefreiung deutlich schwieriger.

Die Beantwortung der Frage durch den EuGH ist von Bedeutung für am Zollverkehr Beteiligte, weil sie dazu führen könnte, dass die pflichtgemäße Ausbildung der Mitarbeiter in Zollfragen keine Sicherheit mehr für eine Befreiung der Haftung bedeuten würde, die aufgrund von Fehlern der Mitarbeiter entsteht.

Dieser Artikel wurde am 17. Mai 2016 erstellt. Die fachliche Zweitprüfung hat Rechtsanwalt Dr. Tristan Wegner durchgeführt.

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  • Rechtsanwalt Anton Schmoll berät im Zollrecht, zum Außenwirtschaftsgesetz und zur Verbrauchssteuer. Er ist seit 2013 für die Kanzlei tätig und hat seitdem in zahlreichen Verfahren vor dem Bundesfinanzhof und der Europäischen Kommission das Zollrecht maßgeblich weiterentwickelt.