Seit einigen Monaten sehen wir verstärkte Kontrolltätigkeiten der Zollbehörden, wenn es um die Einfuhr von E-Bikes aus Südostasien geht. Länder wie Taiwan, Thailand, Vietnam, oder Bangladesch sind derzeit besonders im Fokus der Zollbehörden.

Offenbar hat es mehrere Vor-Ort-Untersuchungen in Südostasien durch die EU-Kommission gegeben, sodass hier weitreichende Erkenntnisse zu Umgehungspraktiken beim Antidumpingzoll gewonnen wurden.

Die Konsequenz ist für Importeure, dass ihre Sendungen von E-Bikes immer öfter angehalten und beschaut werden. Auch kommt es immer häufiger vor, dass Einfuhrabgabenbescheide nicht-abschließend festgesetzt werden und Sicherheiten von bis zu 80% des Warenwertes für drohende Antidumpingzölle verlangt werden.

Zoll vermutet Umgehung von Antidumpingzoll bei E-Bikes

Hintergrund der Untersuchungen sind Anti-Dumping-Zölle, die auf chinesische E-Bikes erhoben werden und bis zu 80 Prozent betragen können. Die Behörden hegen offenbar den Verdacht, dass chinesische Hersteller ihre Produktion aus China in verschiedene asiatische Länder verlagert haben, um die Antidumpingzölle zu umgehen.

Insofern gibt es zwei gängige Umgehungsmodelle derzeit:

  • entweder wird die Montagetätigkeit von China in ein anderes Land verlagert. Allerdings handelt es sich bei der Montage um keine wertschöpfende Tätigkeit, sondern nur eine Minimalbehandlung. Da im Regelfall fast ausschließlich chinesische Komponenten verwendet werden, bleibt der Ursprung des E-Bikes dann in China, auch wenn die „Montage“ in einem anderen Land erfolgte. Die Umgehung durch Montagetätigkeiten war schon bei normalen Fahrrädern („Bio-Bikes“) immer ein Thema.
  • Es werden in China hergestellte E-Bikes in ein Drittland in Asien versendet. Dort werden die Waren umgepackt und mit neuen Ursprungszeugnissen versehen und sodann Richtung Europa versendet. Dabei wird dem Importeur suggeriert, die Herstellung habe außerhalb von Chinas stattgefunden.

Beide Fälle führen dazu, dass rechtlich gesehen, die für China geltenden Antidumpingzölle zu erheben wären.

Der Zoll wird durch die Angabe eines anderen Ursprungslandes zunächst getäuscht und sieht – gelegentlich – auch von der Erhebung der Antidumpingzölle auf die E-Bikes aus Südostasien ab.

Schon seit Mitte 2019 forciert das Zollfahndungsamt Essen seine Ermittlungen, wegen der illegalen Einfuhr von chinesischen E-Bikes. Ein wachsendes Problem ist seit Anbeginn, dass diese Fahrräder oft unter Umgehung entsprechender Anti-Dumping-Abgaben eingeführt werden, indem die tatsächliche Herkunft aus China verschleiert wird.

Nunmehr werden immer mehr Importe bereits bei der Einfuhr gestoppt und kontrolliert. Betroffen sind vorallem

  • E-Bikes aus Vietnam
  • E-Bikes aus Taiwan
  • E-Bikes aus Thailand
  • E-Bikes aus Bangladesh
  • E-Bikes aus Kambodscha

Diese Vermutungen auf einen chinesischen Urpsrung werden teilweise vom Zoll ins Blaue hinein angestellt und die Sendung kann schon deswegen mit Antidumpingzoll belegt werden, weil auf einem untergeordneten Bauteil der Schriftzug „Made in China“ prankt.

Allerdings können die Vermutungen auch durch umfangreiche Ermittlungen der EU-Kommission vor Ort untermauert werden.

Importeure sollten daher erst einmal herausfinden, welche Informationslage dem Zoll vorliegt. Dabei sollte auch darauf gedrängt werden, dass der Zoll im Rahmen des rechtlichen Gehörs alle Informationen zur Verfügung stellt.

Leider weigern sich die Zollbehörden diesbezüglich häufig noch, obwohl die Gerichte schon lange klargestellt haben, dass den importierenden Unternehmen, alle Informationen bereitgestellt werden müssen.

Erhebliche Risiken für E-Bike-Importeure aus Südostasien

Für Importeure von E-Bikes aus Asien ergeben sich derzeit sehr hohe Abgabenrisiken. Denn aufgrund der Schwerpunktkontrolle, ist mit zahlreichen Sicherheitsleistungen und Nachzahlungen zu rechnen. Selbst wenn die Einfuhren erst einmal problemlos abgewickelt werden, so nehmen derzeit Zollprüfungen zu, bei denen selbst schon abgefertigte Räder noch einmal geprüft werden.

Viele Unternehmen haben weder vertraglich einen Ursprung außerhalb Chinas vereinbart, da im Fahrradgeschäft nur knappe Absprachen handelsüblich sind.

Diverse Importeure haben auch gar nicht die Produktionseinrichtungen vor Ort gesehen oder überprüfen lassen. Ob also wirklich an den versprochenen Orten produziert wird, ist oft gar nicht gesichert.

Zudem besteht das Risiko, dass die Zollbehörden Steuerstrafverfahren wegen Zollhinterziehung im Hinblick auf die E-Bike Einfuhren einleiten. In manchen Fällen nimmt der Importeur nämlich in Kauf, dass eine Produktion in den genannten Ländern nicht erfolgt, lässt sich aber von der Ersparnis blenden.

Fahrradimporteure sollte daher noch einmal ihre Zoll-Compliance auf den Prüfstand stellen und sichergehen, dass sie hinreichende Kontrollmechanismen etabliert haben, sodass einzelnen Mitarbeiter rechtzeitig Alarm geben, wenn sich der Verdacht erhärtet, dass die E-Bikes doch einen Ursprung in China haben könnten.

Dieser Artikel wurde am 21. Januar 2023 erstellt. Die fachliche Zweitprüfung hat Rechtsanwalt Dr. Tristan Wegner durchgeführt.

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  • Dr. Tristan Wegner ist seit 2013 als Rechtsanwalt im internationalen Handels- und Transportrecht tätig und hat über 10 Jahre Erfahrung. Er ist Fachanwalt für Transport- und Speditionsrecht. Er ist geschäftsführender Partner der Kanzlei. Herr Dr. Wegner war für eine international führende Kanzlei im Zoll– und Außenwirtschaftsrecht sowie für die Zollfahndung tätig und hat zum internationalen Handel promoviert. Rechtsanwalt Dr. Wegner ist regelmäßig in der Fachpresse und veröffentlicht Aufsätze. Er ist Mitglied im Versicherungswissenschaftlichen Verein Hamburg, der Deutschen Initiative junger Schiedsrechtler (DIS40) sowie dem Europäischen Forum für Außenwirtschaft, Verbrauchsteuern und Zoll, dem Verein für Seerecht und der GMAA. Er ist zudem Dozent und Lehrbeauftragter an der Universität Hamburg.