Wie viele Zollverstöße es wirklich gibt, veröffentlichte jüngst das Zollfahndungsamt München in seiner Jahresbilanz. Fakt ist, dass mehrere tausend Strafverfahren geführt wurden. Verstöße gegen das Zollrecht werden damit in einer Vielzahl von Fällen aufgedeckt.
Die Zollfahndung ist für alle Zollstraftaten und Zollordnungswidrigkeiten zuständig. Hauptsächlich prüft die Zollfahndung, ob Importeure ihre Importe ordnungsgemäß verzollt und angemeldet haben. Es wird kontrolliert, ob falsche Zollanmeldungen bestehen und ermittelt, ob eine strafbare Steuerhinterziehung vorliegt. Aber auch beim Schmuggel von Waren mit besonderer Verbrauchsteuer (z.B. Tabaksteuer, Alkoholsteuer, Energiesteuer etc.) wird die Zollfahndung aktiv.
Neuste Erkenntnisse und Entwicklungen
Das Zollfahndungsamt München ist zuständig für ganz Bayern. Es verfolgt sowohl überregional als international Zollstraftaten auf dem Gebiet der schweren, mittleren und organisierten Kriminalität. Mit seinen Dienstsitzen in Nürnberg, Lindau und Weiden verfügt das Zollfahndungsamt über etablierte Kontakte und Netzwerke zu anderen Strafverfolgungsbehörden im benachbarten Ausland und greift im Bedarfsfall auch auf die beim Zollkriminalamt weltweit etablierten Zollverbindungsbeamten/-innen zur Informationsanreicherung zurück.
Insgesamt wurden im Jahr 2021 Zölle und Steuern in Höhe von über 36 Millionen Euro hinterzogen. Im Vergleich zum Vorjahr sank diese Zahl beachtlich, denn 2020 lag diese bei ca. 230 Millionen Euro. Es wurde 2021 gegen insgesamt 1.999 Tatverdächtige in 1.738 Verfahren (steuer-)strafrechtlich ermittelt. Auch diese Zahlen verringerten sich um 63 Tatverdächtige und 12 Verfahren.
In den beim Zollfahndungsamt München geführten Strafverfahren, wurden durch die Gerichte im Jahr 2021 zusammen 281 (Vorjahr: 450) Jahre Freiheitsstrafen verhängt. Zudem wurden Geldstrafen und Auflagen von ca. 900.000 (Vorjahr: 1,8 Mio.) Euro festgesetzt.
Den bedeutendsten Teil der Ermittlungen des Zollfahndungsamtes München stellen die klassischen Varianten des Schmuggels von Rauschgiften im Straßenverkehr und die illegale Herstellung verbrauchsteuerpflichtiger Erzeugnisse in Deutschland dar. Jedoch nimmt auch die Bedeutung des Schmuggels im Postverkehr seit Jahren zu. Insbesondere im Bereich der Bekämpfung der Betäubungsmittelkriminalität sowie des Verbringens neuer psychoaktiver Substanzen und Dopingmittel entfaltet dieser seine Wirkung.
Verstöße gegen Zollvorschriften
Das Zollfahndungsamt führt viele umfangreiche Verfahren aufgrund von Unterfakturierung bei der Einfuhr gewerblich eingeführter Güter. Bei den Verfahren wird seitens der Zollprüfer auf verdeckte Zahlungen geachtet. Zudem wollen sie feststellen, ob die Handelsrechnungen beim Einkauf verfälscht niedrig gehalten werden und gegebenenfalls (verdeckte) Ausgleichszahlungen an den Hersteller auftreten.
Auch die Hinterziehung von Antidumpingzöllen ist strafbar. Die illegale Umgehung von Antidumpingzöllen beschäftigen das Zollfahndungsamt teils in umfangreichen Verfahren. Dies stellt sie vor große Herausforderungen. Bei Zuwiderhandlungen gegen Antidumpingmaßnahmen werden Waren häufig unter falschen Tarifnummern angemeldet oder der Ursprung der Ware wird verschleiert. Solche Gestaltungen sind meist unzulässig. Hierdurch werden zum Teil Entrichtungen von über 60 % eingespart. Dies erfolgt größtenteils bei Waren aus China.
Das Zollfahndungsamt München ermittelte Steuerschäden durch Verstöße gegen Zollvorschriften von über 26 Millionen Euro.
Sofern das Zollfahndungsamt ermittelt, sollte ein spezialisierter Anwalt tätig werden, um die Vorwürfe möglicherweise noch entkräften zu können. Als spezialisierte Rechtsanwälte im Bereich Zoll- und Zollstrafrecht stehen wir Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung.
Bekämpfung der Rauschgiftkriminalität
Der Trend zum Schmuggel von Betäubungsmitteln im Postverkehr gewinnt immer weiter an Bedeutung. Die Zollfahnder/-innen verzeichneten einen drastischen Zuwachs auf 746 Ermittlungsverfahren (Vorjahr: 500) ausgehend von den Dienstsitzen München, Nürnberg und Weiden.
Sichergestellte und zusätzlich ermittelte Mengen von Betäubungsmitteln auf allen Verkehrswegen:
- Heron 9,5 (0) Kilogramm 2,3 (72) Kilogramm
- Kokain 31 (6) Kilogramm 0,5 (2) Kilogramm
- Amphetamin 22,5 (20) Kilogramm 0,5 (2) Kilogramm
- Metamphetamin (z.B. Crystal) 5,2 (0,5) Kilogramm 0,2 (3) Kilogramm
- Haschisch 30 (7) Kilogramm 1.130 (6) Kilogramm
- Marihuana 245 (250) Kilogramm 355 (640) Kilogramm
- Ecstasy – Tabletten 2.150 (11.400) Stück 8.100 (4.000) Stück
- Cannabispflanzen 210 (450) Stück
- Neue psychoaktive Stoffe 7 (26) Kilogramm
Im Jahr 2021 gelang es den Ermittler/-innen der gemeinsamen Ermittlungsgruppe Rauschgift Nordbayern (GER Nordbayern**) gegen Mitglieder einer Gruppierung zu vollstrecken, welche womöglich für den Schmuggel von rund einer Tonne Methamphetamin (Crystal) sowie mehrere hundert Kilogramm Ecstasy verantwortlich sein könnten. Die Drogen wurden in professionellen Schmuggelverstecken verborgen und im Anschluss durch Kuriere von den Niederlanden aus nach Berlin und Tschechien verteilt. In dem Verfahren wurde gegen 31 Tatbeteiligte der Gruppierung in international geführten Verfahren ermittelt und 18 Haftbefehle vollstreckt.
„Nach wie vor sind die geläufig erscheinenden Betäubungsmittel wie Marihuana, Kokain oder Heroin Gegenstand unserer teils aufwändig geführten Strukturermittlungsverfahren. Wir stellen aber auch fest, dass der Schmuggel von Designerdrogen und Grundstoffen zur Herstellung dazu einen immer höheren Stellenwert einnimmt“, so Regierungsdirektor Rudolf Ertl, Leiter des Zollfahndungsamtes München.
Bekämpfung des Schmuggels verbrauchsteuerpflichtiger Waren
Auch die Bekämpfung verbrauchsteuerpflichtiger Waren beschäftigte die Zollfahnder. Es wurden über 119 (Vorjahr: 96) Ermittlungsverfahren geführt und folgende Waren sichergestellt:
- 13 (6,8) Millionen Stück Zigaretten
- 2,3 (4,5) Tonnen Wasserpfeifentabak
Rund 10 Millionen der sichergestellten Schmuggelzigaretten wurden durch Kontrollkräfte des Hauptzollamtes Regensburg bei einem Transport sichergestellt.
Der Steuerschaden im Bereich des Schmuggels von verbrauchsteuerpflichtiger Waren liegt bei ca. 10 (Vorjahr: 5) Millionen Euro.
Verstöße gegen Verbote und Beschränkungen; Delikte gegen Waffen-/Arzneimittelgesetz, gewerblicher Rechtsschutz
Einen Großteil der Ermittlungsverfahren stellen weiterhin die Fälle dar, in denen Dopingsubstanzen und Arzneimittel nach vorheriger Onlinebestellung im Postversand von China oder Südeuropa nach Deutschland verschickt werden.
In rund 182 (Vorjahr: 450) Verfahren beschlagnahmten die Ermittler.
Sichergestellt und zusätzlich ermittelte nicht zugelassene Arzneimittel:
- Tabletten (Stück) 21.000 (410.000) 1.098 (220)
- Pulverform (KG) 0 (24) 0 (0)
- Flüssigkeiten (Liter) 1,5 (3) 0 (75)
Sichergestellt und zusätzlich ermittelte Anabolika:
- Tabletten (Stück) 235.000 (92.000) 12.000 (1.500)
- Pulverform (KG) 4 (32) 0 (0)
- Flüssigkeiten (Liter/Ampullen) 22/8.500 (90/20.000) 3/680 (2/1.100)
Sichergestellte Menge in Stückzahl gewerblicher Rechtschutz:
- Textilie/Schuhe 1.000 (15.000)
- Elektronische Geräte/ Bauteile 10.000 (10.000)
Sichergestellte Menge in Stückzahl Waffen:
- Schusswaffen 25 (52)
- Luftdruck-, Softairwaffen 26 (11)
- Erlaubnispflichtige Munition 750 (15.500)
- Verbotene Waffen 1.079 (400)
- Pyrotechnik 8.500 (2.120)
Der erhebliche Anstieg beim Schmuggel von Feuerwerkskörpern dürfte auf dessen Verkaufsverbot im Bundesgebiet zurückzuführen sein.
Haben Sie Fragen zur Zollfahndung? Wir betreuen und beraten Unternehmen bundesweit bei Ermittlungen durch den Zoll.
Dieser Artikel wurde am 16. Juni 2022 erstellt. Die fachliche Zweitprüfung hat Rechtsanwalt Dr. Tristan Wegner durchgeführt.
Ihr Ansprechpartner
- Rechtsanwalt Anton Schmoll berät im Zollrecht, zum Außenwirtschaftsgesetz und zur Verbrauchssteuer. Er ist seit 2013 für die Kanzlei tätig und hat seitdem in zahlreichen Verfahren vor dem Bundesfinanzhof und der Europäischen Kommission das Zollrecht maßgeblich weiterentwickelt.