Die EU will ab 2026 einen Klimazoll für EU-Importeure aus energieintensiven Branchen, wie der Aluminium-, Zement-, Eisen und Stahl-,Strom- und Düngemittelindustrie einführen und sie dazu verpflichten, Kohlenstoffzertifikate zu kaufen.

Der zugrundeliegende CO2-Grenzausgleich-Mechanismus bzw. Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM) ergänzt das EU-Emissionshandelssystem und soll als Klimazoll der Verlagerung von CO2-Emissionen in Drittländer entgegenwirken.

Unternehmen, die betroffene Waren in die EU einführen, müssen also Grenzabgaben zahlen – das verursacht einen Verwaltungsmehraufwand und steigende Kosten, die auf die Unternehmen zukommen.

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Was ist der Green Deal der EU?

Bevor geklärt wird, auf welche Maßnahmen sich Importeure bei dem Carbon Border Adjustment Mechanism ab 2023 bzw. 2026 konkret einstellen müssen, folgen ein paar Hintergrundinformationen zum sogenannten Grünen Deal der EU.

Der Grüne Deal (Green Deal) der Europäischen Union beinhaltet die neue Wachstumsstrategie für eine wettbewerbsfähige und klimaneutrale EU-Wirtschaft und Industrie, um die Beschlüsse der Pariser Klimakonferenz und das EU-Ziel der Klimaneutralität bis 2050 umzusetzen. Seit 2019 hat die EU dafür mehrere Schritte eingeleitet, darunter im

  • Dezember 2019: Vorstellung des europäischen Grünen Deals: Ziel der Klimaneutralität bis 2050
  • Dezember 2020: Europäischer Klimapakt: Treibhausgasemissionen in der EU bis 2030 netto um mindestens 55 % im Vergleich zum Stand von 1990 verringern
  • Juli 2021: Maßnahmenpaket „Fit für 55“, darunter auch der Carbon Border Adjustment Mechanism

Was bedeutet Klimazoll?

Die EU führt mit dem Grenzausgleichsmechanismus einen Klimazoll ein.

Was bedeutet Klimazoll?

Kernidee des Klimazolls ist, dass Unternehmen für Waren, die in die EU importiert werden, „an der Grenze“ Abgaben für die produktionsgebundenen CO2Emissionen leisten müssen.

Der Grenzausgleichsmechanismus ist Teil der grünen Klimapolitik der EU, jedoch nicht vollkommen neu. Bereits 2020 haben sich die Staats- und Regierungschefs der EU darauf verständigt.

Neu ist der Vorschlag, durch den CO2-Grenzausgleichsmechanismus das das bereits bestehende europäische Emissionshandelssystem (EU ETS) auszubauen und zu modifizieren.

CO2-Grenzausgleich ergänzt das ETS

Was ist der Emissionsrechtehandel ETS?

Der Emissionsrechtehandel der EU, verkürzt auch als ETS (European Union Emissions Trading System) bezeichnet, ist ein „Cap-and-Trade-System“ und Teil der europäischen Klimapolitik. Ziel des Instruments ist es, die Treibhausgasemissionen zu senken – und das unter gleichzeitig möglichst geringen volkswirtschaftlichen Kosten.

Um das zu erreichen, vergibt die EU pro Jahr eine begrenzte Anzahl an Emissionsrechten bzw. Emissionszertifikaten, um so gleichzeitig eine „Obergrenze“ für die Gesamtmenge an Treibhausgasen festzulegen.

Für jede Tonne CO2, die eine Anlage ausstößt, muss der Anlagenbetreiber dann am Ende des Jahres ein solches gültiges ETS-Zertifikat vorweisen, um seine Emissionen zu „bezahlen“.

Die Zertifikate werden zwischen den rund 11.000 emissionsintensiven Anlagen aus Stromproduktion und CO2-intensiven Industrien auf einem Markt gehandelt. Das bedeutet, die Unternehmen können überschüssige Zertifikate verkaufen oder müssen zusätzlich benötigte Zertifikate nachkaufen.

Ein Teil dieser Zertifikate verteilte die EU aber bisher auch kostenlos an bestimmte Unternehmen als Anreiz. Das betraf vor allem Unternehmen aus Sektoren, die ihre CO2-Emissionen unter Umständen ins Ausland verlagern könnten.

Die Pläne zur Verschärfung des Emissionssystems sehen vor, diese kostenlose Verteilung der Zertifikate schrittweise abzuschaffen und nimmt dadurch vor allem die europäische Industrie als Verursacher von CO2-Emissionen in die Pflicht.

Klimazoll soll Carbon Leakage bekämpfen

Nach Auffassung der EU kann der Wegfall der kostenlosen Zertifikate aber dazu führen, dass EU-Unternehmen international auf dem Weltmarkt benachteiligt werden.

Viele EU-Unternehmen werden dem durch die Verlagerung ihrer Produktion ins Ausland entgehen wollen, um von den bisher weniger strengen Umweltstandards in Drittländern zu profitieren.

Dieses Phänomen wird in der Fachwelt auch als Carbon Leakage (Kohlenstoff-Leckage) bezeichnet.

Was ist Carbon Leakage?

 „Carbon Leakage“ bezeichnet ein Vorgang, bei dem Unternehmen aus energieintensiven Branchen ihre Produktion ins nichteuropäische Ausland verlagern, um den mit Klimamaßnahmen verbundenen Kosten zu entgehen und von den dort weniger strengen Emissionsauflagen zu profitieren.

Weil dies langfristig zu einem Anstieg der Gesamtemissionen führt, ergreift die EU Ausgleichsmaßnahmen, um die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu fördern.

Mithilfe des Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM) will die EU europäische Hersteller von energieintensiven Produkten wie Stahl, Aluminium, Dünger und Elektrizität deshalb vor ausländischer Konkurrenz mit weniger strengen Klimaschutzauflagen schützen.

Die EU schlägt dafür vor, eine CO2-Abgabe auf Importe von energieintensiven Gütern einzuführen.

Damit will die EU die Wettbewerbsbedingungen zwischen EU-Unternehmen und Nicht-EU-Unternehmen wieder in ein Gleichgewicht bringen.

Im Ergebnis will die EU Unternehmen natürlich auch dazu anregen, ihre Produktionsprozesse umweltfreundlicher zu gestalten.

Aluminium-, Eisen- & Stahlindustrie betroffen

Deutschland ist als Industriestaat besonders stark von den neuen EU-Plänen betroffen.

Der CO2-Grenzausgleich-Mechanismus wird ab 2023 zunächst für die Einfuhren folgender Waren gelten, bei denen ein hohes Risiko der Kohlenstoffverlagerung besteht:

Ab 2023: Diese Unternehmen sind betroffen

EU-Importeure von

  • Zement,
  • Eisen und Stahl,
  • Aluminium,
  • Düngemittel und
  • Elektrizität

müssen ihre produktionsgebundenen CO2-Abgaben ab 2023 melden. Ab 2026 ist der Erwerb von Kohlenstoffzertifikaten verpflichtend.

Beachte: Die Regelung gilt auch für Produkte der ersten Weiterverarbeitungsstufe, wie zum Beispiel Stahlrohre.

Der Vorschlag der EU-Kommission gilt für die Einfuhren in die EU aus allen Nicht-EU-Ländern. Davon ausgenommen sind Einfuhren aus den EWR-Ländern Island, Liechtenstein und Norwegen (die am EU-Emissionshandelssystem teilnehmen) und der Schweiz.

EU-Importeure müssen Kohlenstoffzertifikate kaufen

Welche Verpflichtungen kommen konkret auf die Unternehmen zu?

Kurz gesagt: Wer aus Drittstaaten Stahl, Aluminium, Zement, Düngemittel oder Strom in die EU einführt, die weniger klimafreundlich hergestellt wurden, muss ab 2026 dafür eine finanzielle Abgabe zahlen.

EU-Importeure werden deswegen dazu verpflichtet, ab 2026 kostenpflichtig Kohlenstoffzertifikate zu erwerben.

Die Kohlenstoffzertifikate stellen eine Art CO2Zoll für bestimmte aus Drittstaaten importierte Produkte dar und fallen entsprechend der Klimaschädlichkeit ihrer Einfuhren unterschiedlich hoch aus.

Die CBAM-Zertifikate gelten dann erstmal für die direkten Emissionen von Treibhausgasen, die während des Produktionsprozesses der erfassten Erzeugnisse entstehen.

  • Grundsätzlich alle Importeure aus Nicht-EU-Ländern aus den betroffenen (energieintensiven) Branchen

    • Zement,
    • Eisen und Stahl,
    • Aluminium,
    • Düngemittel und
    • Elektrizität.

    Davon ausgenommen sind Importeure aus Island, Liechtenstein, Norwegen und der Schweiz.

    Die EU wird aber bis Ende 2025 prüfen, ob der Anwendungsbereich ggf. auf weitere Dienstleistungen und Produkte sowie nachgelagerte Wertschöpfungsketten erweitert werden muss.

    Außerdem könnte die EU die Zertifikat-Pflicht auch für die „indirekten“ Emissionen (d. h. die Kohlenstoffemissionen aus der für die Herstellung der Ware verwendeten Elektrizität) erweitern.

    Eine Befreiung oder Reduktion der abzugebenden CBAM-Zertifikate ist aber möglich. Und zwar dann, wenn der Importeur nachweislich denselben Kohlenstoffpreis im Herkunftsland zahlen musste, wie in der EU.

  • Der Preis der CBAM-Zertifikate wird auf Basis des durchschnittlichen wöchentlichen Auktionspreises für EU-EHS-Zertifikate berechnet. 

    Das bedeutet, die Abgabenhöhe für das Unternehmen bemisst sich dann anhand der Menge von Kohlendioxid, die bei der Produktion ausgestoßen wurde und dem jeweils aktuellen CO2-Preis im EU-ETS.

  • Für den Verkauf der CBAM-Zertifikate sind die nationalen Behörden zuständig. Dafür ist vorab eine Registrierung notwendig. Die nationale Behörde genehmigt die Registrierung und Anmeldung und verifiziert anschließend den Importeur.

  • Vom 01.01.2023 – 31.12.2025 läuft eine Übergangsphase – während dieses Zeitraums gilt nur eine Meldepflicht.

    Ab dem 01.01.2026 greift die Zertifikate-Pflicht.  

    Dann gilt: Stichtag ist der 31. Mai jeden Jahres. Bis zu diesem Zeitpunkt müssen Importeure die

    • Gesamtmenge der Einfuhren
    • einschließlich der darin enthaltenen Emissionen für das Vorjahr
    • und die korrespondierenden CBAM-Zertifikate angeben.

  • Das erworbene CBAM-Zertifikat ist zwei Jahre lang gültig.

  • Wichtiger Unterschied zum EU-Emissionshandelssystem: Mit den neuen Kohlenstoffzertifikaten darf und kann kein Handel betrieben werden.

    Allerdings können Unternehmen ihre Zertifikate an die nationalen Behörden zurück verkaufen, wenn ein Überschuss an Zertifikaten besteht.

Ab wann gilt der Klimazoll?

Dem Vorschlag der EU-Kommission müssen erstmal noch das Europäische Parlament und der Europäische Rat zustimmen.

Unternehmen und Verbände können also noch die Möglichkeit nutzen, Einfluss auf die konkrete Gestaltung der Regelungen zu nehmen.

Vorbehaltlich der Genehmigung soll dann zum 1. Januar 2023 das Maßnahmenpaket erstmal in einer Übergangsform in Kraft treten – nur bestimmte Branchen sind dann sofort zum Handeln verpflichtet.

Mit dieser Schonfrist soll Unternehmen ein ausreichender Korridor zur Vorbereitung und nicht zuletzt auch Rechtssicherheit und Stabilität gewährt werden.

CBAM & Klimazoll - Was müssen Importeure wissen?

Übergangsregelung für Unternehmen:

  • ab dem 01.01.2023: Meldepflicht für EU-Importeure
  • ab dem 01.01.2026: Erwerb & Abgabe von CBAM-Zertifikate

Der 31. Mai jeden Jahres wird zum Stichtag:

Bis dahin müssen Importeure dann für das Vorjahr

  1. die Gesamtmenge der Einfuhrware (für jede Warenart),
  2. die Gesamtmenge der damit verbundenen eingebetteten Emissionen für jede Warenart angeben und
  3. die erforderliche Menge an CBAM-Zertifikaten abgeben, die die entsprechende Emissionsmenge für das Vorjahr abdecken.

CO2-Grenzausgleich belastet EU-Unternehmen

Der Vorschlag der EU stößt nicht nur auf breite Zustimmung.

Eigentlich soll die Regelung die internationale Wettbewerbsfähigkeit von EU-Unternehmen, vor allem in der europäische Stahl- oder Chemie-Industrie, stärken.

Doch Vertreter der betroffenen Industrien haben daran Zweifel und fordern effektive Förderansätze wie einen Industriestrompreis und Dekarbonisierungsprojekte.

Zum einen werden neue bürokratische Hürden auf die Unternehmen zukommen. Denn die EU plant die Einrichtung einer gesonderten Behörde, die den CO2-Grenzausgleich überwachen soll. Importeure sollen hier vor der Einfuhr eine generelle Importgenehmigung beantragen.

Zum anderen könnten die Importpreise unkontrolliert steigen.

Außerdem lassen sich die CO2-Emissionen bei ausländischen Waren nur in einem komplexen Verfahren bestimmen, was das Risiko für Rechtsunsicherheit und Betrug erhöht.

Experten kritisieren auch, dass die Regelung bislang nur Importe belastet, aber keine Entlastung für Exportprodukte vorsieht.

Unklar ist bis jetzt, ob der Vorschlag daher eher einen Anreiz für Drittländer schafft, selbst eine CO2-Bepreisung zu implementieren. Oder ob es als Importbeschränkung wirken oder zu Wettbewerbsnachteilen führen wird.

Importeure sollten handeln

Der Vorschlag um den Ausgleich der Kohlenstoffgrenzwerte, sofern das EU-Parlament und die EU-Mitgliedstaaten den neuen Regelungen zustimmen, wird zu einem erhöhten Verwaltungs- und Kostenaufwand für Importeure führen.

Daher ist Unternehmen, vor allem aus dem Bereich der Aluminium-, Zement-, Eisen und Stahl-, Strom- und Düngemittelindustrie zu empfehlen, betriebsinterne Prozesse und Kontrollmechanismen frühzeitig zu konfigurieren und anzupassen.

Dazu gehört vor allem ein funktionierendes System, um die in den betroffenen Waren enthaltenen Emissionen zu melden.

Agieren und nicht reagieren: Auf den CBAM vorbereitet sein!

Importeure sollten ihre betriebsinternen Prozesse auf die Meldepflicht und den Erwerb von Kohlenstoffzertifikaten umstellen und anpassen.

Unternehmen, die mit dem Vereinigten Königreich Handel betreiben, sollten außerdem aktuelle Gesetzesvorhaben in dem Bereich auf dem Schirm haben und beobachten. Es ist wahrscheinlich, dass Großbritannien sein eigenständiges britisches ETS entsprechend modifiziert und ein eigenes CBAM erlässt.

Denn die EU unterstrich auch die Notwendigkeit, auf internationaler Ebene Anwendung von Kohlenstoffpreismechanismen enger zu koordinieren, um langfristig effektiv Treibhausgasemissionen zu reduzieren.

Daher planen auch außereuropäische Länder wie Kanada und Japan ähnliche Initiativen.

Falls Sie Fragen zum CBAM haben und sich zu den rechtlichen Anforderungen und Vorgaben beraten lassen wollen, kontaktieren Sie gerne unsere Anwälte aus dem Zollrecht– und Außenwirtschaftsrecht bei O&W.

Unsere Anwälte halten Sie und Ihr Unternehmen auf dem aktuellen Stand und besprechen mit Ihnen zusammen mögliche Handlungsempfehlungen für Ihr Unternehmen.

Gerne unterstützen unsere Zollanwälte Sie und Ihr Unternehmen bei Fragen und Herausforderungen rund um den CBAM.

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Dieser Artikel wurde am 30. August 2021 erstellt. Er wurde am 31. August 2021 aktualisiert. Die fachliche Zweitprüfung hat Rechtsanwalt Dr. Tristan Wegner durchgeführt.

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  • Anton Schmoll

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  • Rechtsanwalt Anton Schmoll berät im Zollrecht, zum Außenwirtschaftsgesetz und zur Verbrauchssteuer. Er ist seit 2013 für die Kanzlei tätig und hat seitdem in zahlreichen Verfahren vor dem Bundesfinanzhof und der Europäischen Kommission das Zollrecht maßgeblich weiterentwickelt.