Die Europäische Kommission hat am 17.08.2021 mehrere Durchführungsverordnungen veröffentlicht und damit die Zolltarifnummern für bestimmte Waren festgelegt.

Unternehmen, die noch ältere verbindliche Zolltarifauskünfte (vZTA) für die betroffenen Waren besitzen, müssen jetzt handeln.

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Zolltarifnummer Elektromobil für Senioren

Mit der Durchführungsverordnung (EU) 2021/1367 vom 06.08.2021 reihte die EU-Kommission bestimmte Elektromobile für Senioren und in ihrer Mobilität eingeschränkte Personen als hauptsächlich zur Personenbeförderung bestimmtes Kraftfahrzeug in den KN-Code 8703 10 18 ein.

Bei dem Spezialfahrzeug für die Personenbeförderung handelt es sich um ein mit einem 24 V 800 W-Elektromotor mit Gleichstrom angetriebenes Elektromobil mit insgesamt 4 Rädern.

Der Elektromotor wiederum wird mit zwei wiederaufladbaren 12V-Batterien mit einer Kapazität von 45 Amperestunden betrieben.

Sind die Batterien voll aufgeladen, hat das Elektromobil eine maximale Reichweite von bis zu 45 km und erreicht dabei eine Höchstgeschwindigkeit von etwa 15-16 km/h.

Das Fahrzeug kann auf Straßen, Gehwegen, Fußwegen, Parkwegen, Fahrradwegen und bestimmten Freizeitwegen oder in Fußgängerbereichen (z. B. Einkaufszentren) genutzt und auch zwecks Transport verstaut werden.

Zu den Maßen: Das Fahrzeug ist etwa 65 cm breit, 125 cm lang und 129 cm hoch (gemessen an der Rückenlehne, 85 cm bei eingeklappter Rückenlehne).

Das Gesamtgewicht beträgt etwa 107 kg (108 kg mit Batterien), die Höchstlast etwa 130 kg.

Zolltarifnummer Elektromobil für Senioren

Hauptsächlich zur Personenbeförderung bestimmtes Kraftfahrzeug, Zolltarifnummer 8703 10 18

Folgende weitere Merkmale weist das Elektromobil auf:

  • Horizontale und statische Plattform als Verbindungselement zwischen dem vorderen Teil und dem hinteren Teil (Plattform kann nicht an die Bedürfnisse des Benutzers angepasst werden),
  • Zwei gefederte Achsen, einen Hinterachsantrieb und einen Radstand von 820 mm,
  • Steigfähigkeit von 13 Grad
  • Wendekreis von 210 cm,
  • zwei Paar aufblasbare Reifen (die Hinterreifen sind größer als die Vorderreifen),
  • konfigurierbarer, höhenverstellbarer und drehbarer Sitz mit Halterungen und Armlehnen und rutschfester Fußablage,
  • einklappbare Lenksäule mit ovalförmiger Lenkstange,
  • vordere und hintere Leuchten,
  • Fahrtrichtungsanzeiger sowie
  • Rückspiegel.

An der Lenksäule des Elektromobils befindet sich ein Armaturenbrett mit einem Schaltkasten sowie weiteren Funktionen, darunter

  • ein Geschwindigkeitsregler,
  • ein Hupenknopf,
  • ein Leerlaufknopf,
  • ein Blinker,
  • ein Lichtschalter und
  • ein Anzeiger des Batterieladezustands.

Mithilfe von 2 manuell bedienbaren Hebeln kann der Benutzer mit dem Elektromobil außerdem beschleunigen, abbremsen und rückwärtsfahren. Die Lenkanlage kann zudem so eingestellt werden, dass sie mit einer Hand betätigt werden kann.

Darüber hinaus ist das Elektromobil mit einem „intelligenten“ elektromagnetischen Bremssystem mit Energierückgewinnungspotenzial ausgestattet.

Zusätzlich kann das Elektromobil mit kleinen Antikipp-Rädern an der Rückseite, einem Warenkorb, einem Gehstockhalter usw. ausgestattet sein und kann insoweit an die Bedürfnisse des jeweiligen Benutzers angepasst werden.

Elektromobil ist kein Rollstuhl

Die EU-Kommission schloss zunächst eine Einreihung unter die Zolltarifnummer 8713 als Rollstuhl oder anderes Fahrzeug für Behinderte aus.

Zur Begründung gab sie an, dass das Fahrzeug nicht speziell für die Beförderung von Behinderten bestimmt sei.

Im Hinblick auf die Konstruktion und Ausstattung des Fahrzeugs mit

  • einer Lenkanlage zur Steuerung mit einer Hand
  • einem bequemen drehbaren Sitz mit Halterungen und einer rutschfesten Fußablage und
  • kleinen Antikipprädern (optional)

äußerte sich die Kommission wie folgt: Diese Merkmale stellten objektiv keine speziellen Merkmale dar, die zum Ausgleich einer Behinderung bestimmt seien.

Außerdem seien Fahrzeuge mit einer separaten beweglichen Lenksäule und Fahrzeuge, die eine Höchstgeschwindigkeit von mehr als 10 km/h erreichen, von der Einreihung in die Zolltarifnummer 8713 ausgeschlossen, so die Kommission.

Entscheidend für die zolltarifliche Einreihung seien der Zeitpunkt der Gestellung bei den Zollbehörden und die objektiven Merkmale und Eigenschaften, die zum Zeitpunkt der Zollabfertigung nachprüfbar sind, so die Kommission.

Weil das Fahrzeug zur Personenbeförderung verwendet werde und zu diesem maßgeblichen Zeitpunkt nicht als Fahrzeug erkennbar sei, das nur für Menschen mit Behinderungen bestimmt ist, scheide die Zolltarifnummer 8713 aus.

Die Kommission wies dabei darauf hin, dass nachträgliche Änderungen des Fahrzeugs unberücksichtigt bleiben. Dasselbe gelte für jede Bewertung des Fahrzeugs, die von einer nationalen Behörde zu anderen als den in den zollrechtlichen Vorschriften vorgesehenen Zwecken vorgenommen werden kann.

Im Ergebnis handelt es sich bei dem Elektromobil daher um ein Spezialfahrzeug für die Personenbeförderung, das genau wie die Spezialfahrzeuge zur Personenbeförderung auf Golfplätzen als hauptsächlich zur Personenbeförderung bestimmtes Kraftfahrzeug in den KN-Code 8703 10 18 eingereiht werden müsse.

Zolltarifnummer Elektromobil für Senioren und Gehbehinderte

Zolltarifnummer Clip-on-Kameralinse

In der Durchführungsverordnung (EU) 2021/1368 vom 06.08.2021 beschäftigte sich die Kommission mit der richtigen Zolltarifnummer für sogenannte Clip-on-Kameralinsen.

Bei dieser Ware handelt es sich um eine Glaslinse in einer Kunststofffassung mit einer Klemme zur Befestigung.

Clip-on-Kameralinsen sind für die Verwendung mit Kameras mit Einfachlinse, die in Smartphones, Tablets und ähnlichen Geräten eingebaut sind, bestimmt.

Die Clip-on-Kameralinse wird mithilfe der Klemme an der Kameralinse befestigt und bietet der Kamera damit ein breiteres Sichtfeld.

Zolltarifnummer Clip-on-Kameralinse

Objektiv für Kameras, Zolltarifnummer 9002 11 00

Die Kommission reihte die Clip-on-Kameralinse aufgrund ihrer objektiven Merkmale ein:

Durch die Klemme sei die Linse dazu bestimmt, mit einem optischen Instrument (Kamera) als Linsensystem verwendet zu werden, das auf das Objekt gerichtet wird und ein Bild davon erzeugt, so die Kommission.

Im Ergebnis sei die Clip-on-Kameralinse als ein Objektiv für Kameras in den KN-Code 9002 11 00 einzureihen.

Dafür spreche insbesondere der Wortlaut der Zolltarifnummer 9002 11 00.

Denn der KN-Code 9002 11 00 erfasse erstens Objektive für Kameras, ohne dass die Regelung bestimmte Kamerasorten näher aufzähle.

Zweitens werden solche Objektive für Kameras, die in andere Waren, eingebaut sind, dort nicht ausgeschlossen. Und das obwohl die Ware ihrerseits nicht als Kamera eingereiht wird.

Zolltarifnummer Clip-on-Kameralinse

Zolltarifnummer Kinesio-Tape

Mit der Durchführungsverordnung 2021/1369 vom 06.08.2021 reihte die EU-Kommission sogenanntes Kinesio-Tape als Klebeband unter der Zolltarifnummer 5906 10 00 und nicht als medizinisches Erzeugnis im Sinne der Position 3005 ein.

Bei der betroffenen Ware handelt es sich um ein Band aus elastischem Gewebe mit einer Breite von etwa 5 cm, das einseitig mit Klebematerial aus synthetischem Kautschuk überzogen ist und ein Quadratmetergewicht von 1 500 g oder weniger aufweist.

Vertrieben wird das Band, aufgerollt auf ein Stützrohr, in Kartons mit insgesamt 16 oder 24 Rollen mit einem Durchmesser von jeweils etwa 7,5 cm.

Die Verpackung enthält keinerlei Angaben darüber, dass die Bänder für medizinische Zwecke bestimmt sind.

Nichtsdestotrotz dient das Tape dem Schutz der Gelenke bei sportlichen Aktivitäten.

Zolltarifnummer Kinesio-Tape

Klebeband mit einer Breite von 20 cm oder weniger, Zolltarifnummer 5906 10 00

Weil das Band aber weder mit pharmazeutischen Stoffen getränkt noch bestrichen ist und keine weiteren objektiven Merkmale auf einen medizinischen, chirurgischen, zahnärztlichen oder tierärztlichen Verwendungs- und Bestimmungszweck hindeuten, sei eine zolltarifliche Einreihung in die Position 3005 ausgeschlossen.

Aus diesem Grund reihte die Kommission das Tape nach der stofflichen Beschaffenheit als Klebeband mit einer Breite von 20 cm oder weniger in den KN-Code 5906 10 00 ein.

Zolltarifnummer Kinesio-Tape

Zolltarifnummer Seitenwand Zelt

Des Weiteren reihte die EU-Kommission mit der Durchführungsverordnung (EU) 2021/1370 vom 06.08.2021 eine Seitenwand für Zelte als andere konfektionierte Ware unter der Zolltarifnummer 6307 90 98 ein.

Bei der Ware handelt es sich um ein flaches, rechteckiges Textilerzeugnis mit Abmessungen von etwa 2,5 m × 2,5 m aus 100 % Polyesterfasern.

Auf einer Seite ist die Ware mit Kunststoff (PVC) bestrichen, was für das bloße Auge allerdings nicht sichtbar ist.

An drei ihrer Kanten befinden sich angenähte Reißverschlüsse, um die Ware an ein Zelt anzubringen.

Laut den Verpackungsangaben dient die Ware als Seitenwand für ein Zelt.

Die Seitenwand wird als eigenständige Ware eingeführt, das heißt ohne Dach, andere Wände und ohne tragende Struktur.

Zolltarifnummer Seitenwand für Zelt

Andere konfektionierte Ware, Zolltarifnummer 6307 90 98

Die Kommission lehnte die zolltarifliche Einreihung der Wand als Plane in den KN-Code 6306 12 00 ab.

Denn Planen bestünden laut EU-Kommission üblicherweise aus schwerem Gewebe und seien dazu bestimmt Waren gegen Witterungsunbilden zu schützen.

Die angenähten Reißverschlüsse und das leichte Material der Wand würden aber gegen einen solchen Verwendungszweck sprechen.

Außerdem könne die Ware auch nicht als Zelt in die Zolltarifnummer 6306 22 00 eingereiht werden.

Dafür fehle dem Erzeugnis der wesentliche Charakter der vollständigen Ware „Zelt“.

Zudem gaben die objektiven Merkmale keinen Aufschluss darüber, ob die Wand als Teil eines Zelts, eines Gartenpavillons oder eines anderen Erzeugnisses verwendet werden soll.

Im Ergebnis komme daher nur eine Einreihung als andere konfektionierte Spinnstoffware unter der Zolltarifnummer 6307 90 98 in Betracht.

Denn diese HS-Position umfasst auch konfektionierte flache Schutzdecken, ausgenommen Planen und Zeltböden der Position 6306.

Ungültigkeit von verbindlichen Zolltarifauskünften (vZTA)

Falls Sie sich zu den oben genannten Waren eine verbindliche Zolltarifauskunft (vZTA) haben ausstellen lassen, ist diese aufgrund der Änderungen der Rechtsvorschriften ungültig geworden.

Die jeweilige Verordnung bestimmt jedoch, dass Sie die Ihnen erteilte vZTA noch für drei Monate nach Inkrafttreten der Kommissionsverordnung noch weiterverwenden können.

Gerne prüfen unsere Zollanwälte für Sie, inwiefern Sie von einer dieser Einreihungsverordnungen betroffen sind.

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Dieser Artikel wurde am 23. August 2021 erstellt. Er wurde am 03. November 2021 aktualisiert. Die fachliche Zweitprüfung hat Rechtsanwalt Dr. Tristan Wegner durchgeführt.

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  • Anton Schmoll

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  • Rechtsanwalt Anton Schmoll berät im Zollrecht, zum Außenwirtschaftsgesetz und zur Verbrauchssteuer. Er ist seit 2013 für die Kanzlei tätig und hat seitdem in zahlreichen Verfahren vor dem Bundesfinanzhof und der Europäischen Kommission das Zollrecht maßgeblich weiterentwickelt.