Am 02. April 2021 ist das neue Zollfahndungsdienstgesetz (ZFdG) in Kraft getreten – mit Folgen für Unternehmen, vor allem im Außenwirtschaftsverkehr.

Die neuen Regelungen betreffen vor allem die sogenannte Quellen-TKÜ (Quellen-Telekommunikationsüberwachung), Online-Durchsuchung und den Einsatz von Verdeckten Ermittlern.

Ziel des neuen Zollfahndungsdienstgesetzes ist die effektive Kriminalitätsbekämpfung von Seiten der Behörden des Zollfahndungsdienstes und ein besserer Schutz der personenbezogenen Daten.

Unternehmen müssen in Einzelfällen mir erheblichen Eingriffen in vertrauliche und firmeninterne Unterlagen rechnen.

Wir geben Ihnen einen Überblick über die Befugnisse der Zollfahndung nach dem neuen Zollfahndungsdienstgesetz und zeigen Ihnen auf, wie Sie sich am besten vor schützen können.

Sie sind von einer Maßnahme der Zollfahndung betroffen?

Die Anwälte von O&W aus dem Zollrecht beraten Sie und Ihr Unternehmen gerne und vertreten Sie bundesweit bei Streitigkeiten mit dem Zoll. Sie erreichen unsere Anwälte telefonisch unter +49 40 369615-0.

Was macht die Zollfahndung?

Der Zollfahndungsdienst ist im Grunde eine Spezialpolizei auf Bundesebene, zu der dann auch das Zollkriminalamt (ZKA) und die Zollfahndungsämter (ZFÄ) gehören.

Zusammen mit dem Zollkriminalamt sind die Zollfahndungsämter als Teil des Zollfahndungsdienstes für die Verfolgung von Straftaten im Bereich des Zolls und in Fällen von schwerer und organisierter Kriminalität zuständig.

Zu den Aufgaben der Zollfahndung gehören vor allem die Ermittlung, Bekämpfung und Verfolgung von:

Derzeit gibt es in Deutschland 8 Zollfahndungsämter mit 24 Außenstellen.

Zollfahndungsdienstgesetz 2021: Was ist neu?

Eigentlich sollte das Gesetz schon viel früher in Kraft treten – doch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zur Verfassungsmäßigkeit der Bestandsdatenabfrage und lange Diskussionen in Bundestag und Bundesrat verzögerten das Gesetzgebungsverfahren.

Unter anderem gab es Kritik für mangelnde Transparenz bei Einsätzen der Zollfahndung: Es sei zu wenig darüber bekannt, in welchem Umfang die Zollfahndung bereits vor Inkrafttreten des neuen Gesetzes Maßnahmen zur verdeckten Erhebung personenbezogener Daten und zum Austausch und Abruf von Daten durchgeführt habe.

Das ZFdG von 2021 hat nun eine neue Struktur erhalten und die Zollfahndungsämter und das Zollkriminalamt (ZKA) erhalten u.a. mehr Befugnisse, aber auch Vorgaben für die Verarbeitung personenbezogener Daten im Bereich der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung.

Die Neuerungen betreffen u.a.

Zollfahndungsdienstgesetz 2021 - Änderungen

  • Datenerhebung durch den Einsatz verdeckter Maßnahmen
  • Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung und von Berufsgeheimnisträgern,
  • Transparenz,
  • Individueller Rechtsschutz und datenschutzaufsichtliche Kontrolle,
  • Nutzung personenbezogener Daten durch den Zollfahndungsdienst und deren Übermittlung an andere nationale und internationale Stellen
  • Harmonisierung des Datenschutzes im Bereich der Strafverfolgungs- und Gefahrenabwehrbehörden, die den Schutz personenbezogener Daten erhöhen und den EU-weiten Informationsaustausches erleichtern soll
  • Stärkung der Position des Bundesdatenschutzbeauftragten
  • Verpflichtungen für Zollkriminalamt und Zollfahndungsdienst bei der Datenverarbeitung

Bestandsdatenauskunft

Bestimmte Behörden können unter gewissen Voraussetzungen Auskunft über Bestandsdaten von den Telekommunikationdiensteanbietern verlangen. Zu diesen Behörden gehört jetzt auch das Zollkriminalamt.

Was sind Bestandsdaten?

Hier hilft ein Blick ins Telekommunikationsgesetz (TKG):

Demnach sind Bestandsdaten „Daten eines Teilnehmers, die für die Begründung, inhaltliche Ausgestaltung, Änderung oder Beendigung eines Vertragsverhältnisses über Telekommunikationsdienste erhoben werden“.

Mit anderen Worten: Das Zollkriminalamt ist dazu befugt, Auskunft bei Telekommunikationsdiensteanbietern wie z.B. der Telekom über

  • Name,
  • Adresse,
  • Kontodaten und
  • Geburtsdatum sowie
  • PIN und PUK-Nummer des Smartphones oder Handys,
  • IP-Adresse,
  • Passwörter für Mailaccounts beim Provider und auch
  • Zugangsdaten zu digitalen Adressbüchern

eines Nutzers zu bekommen.

Wann darf die Zollfahndung Auskunft über Bestandsdaten verlangen?

Dieser einschneidende und tiefe Eingriff in die Privatsphäre ist aber natürlich nur in bestimmten Fällen gestattet.

Die Voraussetzungen für eine solche Bestandsdatenauskunft sind gesetzlich klar festgelegt und gestatten eine Auskunft u.a. in folgenden Fällen:

  • zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für eine Straftat,
  • Gefahrenabwehr für die öffentliche Sicherheit,
  • Schutz von Leib, Leben, Freiheit sowie sexueller Selbstbestimmung einer Person,
  • Bestandsschutz und Sicherheit des Bundes oder der Länder,
  • Schutz der freiheitlich demokratischen Grundordnung

In diesen Fällen muss die Leitung oder stellvertretende Leitung des Zollkriminalamtes grundsätzlich einen Antrag bei Gericht auf Auskunft stellen: Erst, wenn ein Richter die Auskunft anordnet und auch genehmigt, gibt es grünes Licht für die Zollfahndung.

Es sei denn, es handelt sich um Umstände, bei denen Gefahr im Verzug vorliegt. Aber auch dann muss nachträglich eine richterliche Genehmigung eingeholt werden.

Lag keine richterliche Genehmigung vor, ist diese Maßnahme rechtswidrig. Ermittlungsergebnisse, die auf der Bestandsdatenabfrage beruhen, dürfen dann nicht mehr vor Gericht verwertet werden.

Sicherstellung bei Exportkontrolle

Eine wichtige Änderung gibt es vor allem im Zusammenhang mit der Exportkontrolle.

Die Behörden des Zollfahndungsdienstes dürfen nun eine Sache sicherstellen, um eine gegenwärtige Gefahr für die Sicherheitsinteressen Deutschlands, die auswärtigen Beziehungen und andere wichtige Belange im Außenwirtschaftsrecht abzuwehren.

Häufigster Fall ist hier die präventive Telekommunikations- und Postüberwachung durch das ZKA, um den ungenehmigten oder verbotenen Export von Gütern zu verhindern.

Zollfahnder als Verdeckte Ermittler

Neu ist außerdem der sog. Verdeckte Ermittler, der die Zollfahndung bei Maßnahmen zur Gefahrenabwehr, auch im Bereich der Außenwirtschaftsüberwachung unterstützt.

Seit dem 01.04.2021 arbeiten bei der Zollfahndung auch verdeckte Ermittler, also Zollfahndungsbeamte, die unter einer ihnen verliehenen und auf Dauer angelegten Legende im Bereich der Gefahrenabwehr tätig werden und z.B. Observationen durchführen.

Allerdings gelten auch hier hohe Anforderungen: Damit ein verdeckter Ermittler die Wohnung eines Verdächtigen betreten darf, muss vorher eine richterliche Genehmigung eingeholt werden.

Bei Gefahr im Verzug darf die Anordnung ausnahmsweise durch die Leitung des Zollkriminalamtes oder des jeweils zuständigen Zollfahndungsamtes oder ihre Vertretung getroffen werden; die Genehmigung muss dann aber nachträglich eingeholt werden.

Bereits vor der Einführung des neuen ZFdG in 2021 waren gesetzlich umfangreiche Befugnisse des Zollkriminalamtes zur Durchführung von Überwachungsmaßnahmen festgelegt, diese regelt das neue ZFdG nun für das ZKA und die Zollfahndungsämter gleichermaßen, so z.B.:

  • längerfristige Observationen,
  • verdeckter Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von Bildaufnahmen und Bildaufzeichnungen,
  • verdeckter Einsatz technischer Mittel zum Abhören und Aufzeichnen von privaten Gesprächen,
  • Einsatz von V-Personen und
  • Einsatz von technischen Mitteln außerhalb und innerhalb von Wohnungen.

Auskunftspflicht von Unternehmen

Unternehmen, die am Außenwirtschaftsverkehr teilnehmen, sind nach dem neuen ZFdG 2021 dazu verpflichtet, bestimmte Unterlagen auf Aufforderung des Zollkriminalsamts herauszugeben, sofern dies zur Abwehr einer Gefahr für außenwirtschaftliche Belange wie z.B. die Sicherheitsinteressen Deutschlands notwendig ist.

Vergleichbare Pflichten haben Unternehmen bereits gegenüber Beamten bei den Hauptzollämtern in außenwirtschaftsrechtlichen Angelegenheiten.

Unternehmen müssen Firmenunterlagen offenlegen

Unternehmen, die unmittelbar oder auch nur mittelbar am Außenwirtschaftsverkehr teilnehmen, müssen der Zollfahndung ihre geschäftlichen Unterlagen herausgeben, wenn dies zur Gefahrenabwehr bei außenwirtschaftlichen Belangen und bei Ermittlungsmaßnahmen des Zollkriminalamts notwendig ist.

Sinn und Zweck dieser Regelung ist es, im Vorfeld von Ausfuhrlieferungen, Handels- oder Vermittlungsgeschäften oder von Dienstleistungen mit rüstungsrelevanten Bezügen belastbare Erkenntnisse zu gewinnen, um über die Notwendigkeit weiterer Gefahrabwendungsmaßnahmen sachgerecht entscheiden können, so die Begründung des Gesetzgebers.

Sollten sich also belastende Erkenntnisse in den Unterlagen zu bestimmten Außenwirtschaftsangelegenheiten befinden, kann die Zollfahndung präventive Telekommunikations- und Postüberwachungsmaßnahmen einleiten.

Online-Durchsuchung im Außenwirtschaftsverkehr

Eine der wichtigeren Neuerungen betrifft die sogenannte Quellen-Telekommunikationsüberwachung, bei der es sich streng genommen um eine online-Durchsuchung bei den betroffenen Personen und Unternehmen handelt.

Doch was ist eigentlich genau unter einer Quellen-Telekommunikationsüberwachung zu verstehen?

Bei der Quellen-Telekommunikationsüberwachung, auch Quellen-TKÜ genannt, darf mit technischen Mitteln in informationstechnische Systeme (IT-Systeme) Betroffener eingegriffen werden.

Dies ist u.a. dann notwendig, um den Betroffenen und den Telekommunikationsdatenverkehr in unverschlüsselter Form zu überwachen und aufzuzeichnen.

Das bedeutet, die Zollfahndung darf unter bestimmten Voraussetzungen jegliche Art von  elektronischen datenverarbeitenden Systemen überwachen und die zugehörigen Daten auslesen.

Zu diesen IT-Systemen gehören u.a.:

  • Computer, Großrechner und Hochleistungsrechner, 
  • Verteilte Systeme (wie z. B. Serversysteme, Computer-Grids, Cloud Computing), 
  • Datenbanksysteme und Informationssysteme, 
  • Prozessrechner,
  • Digitale Messsysteme, 
  • DSP-Systeme, 
  • Mikrocontroller-Systeme, 
  • Kompaktregler, 
  • eingebettete Systeme,
  • Mobiltelefone, 
  • Handhelds, digitale Anrufbeantworter, 
  • Videokonferenzsysteme und diverse andere Kommunikationssysteme 

Wichtig: Auch hier muss eine richterliche Anordnung vorliegen, die das betroffene informationstechnische System möglichst genau bezeichnet. Ansonsten handelt die Zollfahndung rechtswidrig.

Außerdem muss technisch gewährleistet werden, dass ausschließlich (!) die laufende Telekommunikation oder die gespeicherten Inhalte und Umstände, die während laufender Kommunikation hätten überwacht und aufgezeichnet werden können, auch überwacht und aufgezeichnet werden.

Internetauktionshäuser & Internettauschbörsen haben Auskunftspflicht

Auch vor der gesetzlichen Neuerung durfte das Zollkriminalamt bestimmte Verkehrsdaten bei der Telekommunikation erheben, allerdings nur bei Unternehmen, die geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringen oder daran mitwirken.

Was sind Verkehrsdaten?

Daten, die bei der Erbringung eines Telekommunikationsdienstes erhoben, verarbeitet oder genutzt werden.

Dazu gehören z.B.

  • die Nummern und Kennungen der überwachten Anschlüsse,
  • bei mobilen Anschlüssen auch die Standortdaten,
  • Beginn und Ende der jeweiligen Verbindung nach Datum und Uhrzeit.

Neu ist seit dem 02.04.2021, dass das ZKA nun auch von all denjenigen Auskunft verlangen, die geschäftsmäßig eigene oder fremde Telemedien zur Nutzung bereithält.

Diese Auskunftspflicht betrifft vor allem Internetauktionshäuser oder Internettauschbörsen.

Die Zollfahndung kann so mitbekommen, wenn etwa Teile von Kriegswaffen oder DualUse-Gütern, die für Massenvernichtungswaffen Verwendung finden können, online angeboten werden.

IMSI-Catcher und WLAN-Catcher

Außerdem darf das Zollkriminalamt künftig sog. IMSI-Catcher (International Mobil Subscriber Identity-Catcher) oder WLAN-Catcher einsetzen, um eine unbekannte Rufnummer oder Kennung eines Endgeräts festzustellen, um dann im Nachgang ggf. Maßnahmen zur Überwachung der Telekommunikation sowie des Brief- und Postverkehrs zu ergreifen.

Das Zollkriminalamt kann mithilfe dieser Technik zugleich auch den Standort eines Mobilfunknutzers ermitteln.

Was ist ein ISMI-Catcher?

Ein IMSI-Catcher kann die auf der Mobilfunkkarte eines Mobiltelefons gespeicherte International Mobil Subscriber Identity (IMSI) auslesen und den Standort eines Mobiltelefons innerhalb einer Funkzelle ermitteln und bestimmen.

Was ist ein WLAN-Catcher?

Ein WLAN-Catcher hält die über ein WLAN geführte Kommunikation einschließlich der zugehörigen verbindungsbegleitenden Daten fest.

Zollfahndung – so schützen sich Unternehmen

Wenn der Zoll erstmal gegen Sie und Ihr Unternehmen ermittelt, heißt es Ruhe bewahren und keine vorschnellen Entscheidungen treffen!

Denn in bestimmten Fällen können Unternehmen auch mithilfe einer strafbefreienden Selbstanzeige eine Strafe und finanzielle Konsequenzen abwenden – jedoch nur im Bereich der Zollhinterziehung.

Gegen Sie und Ihr Unternehmen wird wegen einer Zollstraftat ermittelt? Sie haben bereits eine Vorladung vom Hauptzollamt erhalten?

Wichtig: Einer Vorladung des Hauptzollamtes müssen Sie auf jeden Fall Folge leisten! Das Nichterscheinen kann sich nachteilig auf Ihr Verfahren auswirken.

Auf jeden Fall sollten Sie sich aber im ersten Schritt von einem Anwalt aus dem Zollrecht und Zollstrafrecht beraten lassen, der mit Ihnen zusammen die für Sie und Ihr Unternehmen richtige Strategie entwickelt, bevor Sie sich ggf. zur Sache äußern.

Unsere Anwälte von O&W haben jahrelange Erfahrung bei Streitigkeiten mit dem Zoll und der Zollfahndung:

Anwalt und Partner bei O&W, Dr. Tristan Wegner, hat bei der Zollfahndung Hamburg gearbeitet und bringt daher die nötige Erfahrung, Weitsicht und Fingerspitzengefühl für Ihren Fall mit und ist der richtige Ansprechpartner für Sie bei zollstrafrechtlichen Ermittlungen durch die Zollfahndung!

Sie haben Fragen zur Zollfahndung? Wir betreuen und beraten Unternehmen bei Streitigkeiten mit dem Zoll und das bundesweit!

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Dieser Artikel wurde am 30. Juni 2021 erstellt. Er wurde am 24. Juli 2021 aktualisiert. Die fachliche Zweitprüfung hat Rechtsanwalt Dr. Tristan Wegner durchgeführt.

Ihr Ansprechpartner

  • Anton Schmoll

    Rechtsanwalt
    ABC-Str. 21
    20354 Hamburg
  • Rechtsanwalt Anton Schmoll berät im Zollrecht, zum Außenwirtschaftsgesetz und zur Verbrauchssteuer. Er ist seit 2013 für die Kanzlei tätig und hat seitdem in zahlreichen Verfahren vor dem Bundesfinanzhof und der Europäischen Kommission das Zollrecht maßgeblich weiterentwickelt.