Ein Gericht in Slowenien hat am 21. April 2021 einen Antidumpingzollbescheid, der gegen unseren Mandanten bei der Einfuhr in Slowenien erging, für rechtswidrig erklärt und die Beweislast für Ermittlungsberichte des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung (OLAF) beim Zoll betont.

Weil der slowenische Zoll Widersprüche im OLAF-Bericht, die wir im Verfahren aufzeigten, zuvor ignoriert hatte, musste der Zoll den Antidumpingzollbescheid zurücknehmen.

Außerdem für (Import-)Unternehmen wichtig und interessant zu wissen:

Durch eine gezielte Kooperation mit unseren slowenischen KollegInnen konnten wir eine solide anwaltliche Betreuung und gerichtliche Vertretung auch außerhalb Deutschlands für das deutsche Import-Unternehmen organisieren und so das Gerichtsverfahren für unseren Mandanten gewinnen.

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Wichtiger Bestandteil dabei ist die Akteneinsicht, um Unternehmen zu entlasten und eine Aufhebung des Zollbescheids zu erreichen.

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Vorwurf: Umgehung von Antidumpingzöllen

Unser Mandant führte im vorliegenden Fall Stahlwaren aus Vietnam per Schiff über Slowenien in die EU ein und meldete die Ware als vietnamesisches Ursprungserzeugnis an.

Eine entsprechende Ausfuhranmeldung in Vietnam sowie eine Zollanmeldung zur Überlassung in den zollrechtlich freien Verkehr in der EU lagen dem Zoll vor.

Bei der betroffenen Ware handelt es sich um Stahlwaren, und auf mindestens einer Seite gestrichen, lackiert oder mit Kunststoff beschichtet, die derzeit unter den KN-Code 7210 70 80 eingereiht werden.

In dem Gerichtsverfahren ging es um einen Zollbescheid und Antidumpingzölle in Höhe von 13,6 % und Ausgleichszölle in Höhe von 44,7 % sowie Zinsen, die der slowenische Zoll nacherhoben hat.

Denn der Zoll war der Auffassung, die Ware stamme aus China und unser Mandant habe einen falschen Ursprung angemeldet, um damit die Antidumpingzölle zu umgehen.

Allerdings fanden sich nach unserer Recherche Widersprüche in den OLAF-Berichten, auf die sich der Zoll bei der Nacherhebung der Antidumpingzölle stützte.

Das Datum der Ausfuhr und das Datum der Überlassung in den freien Verkehr stimmten nicht überein.

Und damit bestanden bereits erhebliche Zweifel daran, dass es sich bei der Antidumpingware auch um die Ware unseres Mandanten handelte.

Beweislast für OLAF liegt beim Zoll

Das Gericht in Ljubljana folgte unseren Ausführungen und hat den Antidumpingzollbescheid für rechtswidrig erklärt.

Das Gericht betonte dabei vor allem die Beweislast des Zolls, der die Erhebung von Einfuhrabgaben auch nachvollziehbar begründen und rechtfertigen muss.

Als zulässiges Beweismittel zählt das Gericht in seinem Urteil u.a. die Ermittlungen des Europäischen Amts für Betrugsbekämpfung (OLAF) auf.

Dabei betonte das Gericht aber, dass die Zollbehörde zu den Berichten Stellung nehmen und eine konkrete Beweiswürdigung vornehmen muss, die die Festlegung der Antidumpingzölle rechtfertigt.

Besonders betont wird dabei die Pflicht des Zolls, zusätzliche Beweise zu erbringen und vorzulegen, sollten die OLAF-Berichte nur allgemeine Beschreibungen enthalten.

Nach der Auffassung des Gerichts hat es der slowenische Zoll in diesem Fall aber versäumt, die offensichtliche Datumsinkonsistenz der Ereignisse zu erklären und stattdessen lediglich eine Zusammenfassung des Frachtbriefs abgegeben.

Und hier lag auch der Knackpunkt des Falls:

Der Frachtbrief als Bestandteil der Warenbegleitpapiere war in diesem Fall das entscheidende Beweismittel, um die Ware zweifelsfrei identifizieren zu können.

Denn anhand der Begleitpapiere, wie z.B. Konnossement, Dokumente der Ent- und Beladungspapiere, Abnahmeprotokolle und Lieferscheinen wird die Rückverfolgbarkeit der Ware sichergestellt.

Indem der slowenische Zoll aber die von uns vorgelegten Beweisanträge und Widersprüche ignorierte, fand eine unzulässige vorweggenommenen Beweiswürdigung durch den Zoll statt. Und das stellt einen klaren Prozessverstoß dar.

Im slowenischen Prozessrecht ist ein solcher formeller Fehler unumstößlich und kann nicht durch Nachholung im Klageverfahren durch die Zollbehörden nachträglich geheilt werden.

Das bedeutet: Kommt der Zoll seiner Begründungsflicht nicht nach und gibt die OLAF-Berichte nur eins zu eins wieder ist der Antidumpingzollbescheid rechtswidrig.

Zollpraxis in DE & Slowenien

EU-weit gibt es grundsätzlich ein einheitliches Zollrecht, das mitunter durch nationale Regelungen noch spezifisch ergänzt wird. So muss zum Beispiel nach EU-Recht sowohl in Deutschland als auch in Slowenien der Zoll vor Erlass des Bescheids auf das Recht hinweisen ein, dass die Unterlagen und Beweise eingesehen werden können.

Was auffällt, ist der unterschiedliche Umgang der Zollbehörden mit den rechtlichen Vorgaben, insbesondere was den Zugang zu OLAF-Unterlagen betrifft.

So herrscht in Slowenien eine für Unternehmen tendentiell günstigere Zollpraxis.

So haben in diesem Fall die slowenischen Behörden den OLAF-Bericht samt Anlagen bereits vor Erlass des belastenden Bescheids übersandt.

Akteneinsicht einklagen

Der deutsche Zoll weigert sich oft, Unternehmen die OLAF-Berichte zur Verfügung zu stellen. Doch Unternehmen haben oft einen rechtlichen Anspruch auf Einsicht in den OLAF–Bericht. Dieser muss zur Not mithilfe eines Einspruchs durchgesetzt werden.

Die deutschen Zollbehörden dagegen weigern sich in der Praxis oft, den Zugang zu beweiserheblichen Unterlagen wie den OLAF-Berichten zu gewähren.

Meistens mit dem Argument der Geheimhaltungspflicht.

Dass diese in diesen Fällen aber hinter das Rechtsschutzinteresse der Unternehmen treten muss, hat das Finanzgericht Hamburg in einem Urteil bestätigt.

Wir erleben es außerdem genauso häufig, dass sich der Zoll in Deutschland in Antidumpingzollbescheiden oft mit einem pauschalen Verweis auf die „Ermittlungsergebnisse des OLAF“ begnügt.

Im Zollbescheid findet sich dann darüber hinaus kein nachvollziehbarer Beweis zu den konkreten Einfuhren des betroffenen Händlers.

Anders sieht das Ganze in Slowenien aus: Dort stellten die Zollbehörden den Sachverhalt unter Bezugnahme auf die OLAF-Unterlagen dar und begründen ihre Auffassung, indem sie eine eigenständige rechtliche Beweiswürdigung vornehmen.

FG Hamburg: Zugang zu OLAF-Bericht

Auch das Finanzgericht Hamburg hat im Herbst 2020 in einem Beschluss (vgl. FG Hamburg 4. Senat, Beschluss vom 08.10.2020, 4 V 101/20) zu den Themen Begründungspflicht und Einsicht in Besteuerungsgrundlagen eine klare Position bezogen und dabei die rechtliche Pflicht des Zolls zur Offenlegung der OLAF-Berichte betont.

Wir berichteten bereits darüber.

In dem Fall vor dem FG Hamburg ging es um einen Eilantrag eines polnischen Unternehmens, bei dem die Zollbehörden für die Einfuhr von Fahrrädern und Fahrradteilen ebenfalls Antidumpingzölle wegen des Verdachts der Umgehung nacherhoben haben.

Auch das polnische Unternehmen führte ihre Ware per Schiff in Hamburg in den zollrechtlich freien Verkehr in die EU ein.

Zoll muss Zollbescheid begründen

Weil der Zoll in seinem Zollbescheid seiner Begründungspflicht nicht nachkam, erklärte das Hamburger Gericht den Antidumpingzollbescheid im Eilverfahren für formell rechtswidrig.

Denn bei der Nacherhebung von Antidumpingzöllen handelt es sich um eine belastende Entscheidung für den Zollschuldner. Und diese muss ordnungsgemäß durch den Zoll begründet werden.

Der Sinn und Zweck dahinter ist die Gewähr von effektivem Rechtsschutz für den Zollschuldner.

Dazu gehört u.a., dass die Zollbehörde ihre maßgebend tragenden Erwägungen darlegen muss, damit das Unternehmen eindeutig erkennen kann, warum ausgerechnet seine Einfuhr eine Umgehung des Antidumpingzolls darstellen soll.

Der Hamburger Zoll beschränkte sich aber darauf, im Wesentlichen auf die Ergebnisse in den OLAF-Prüfberichten zu verweisen.

Dieser Verweis sei eine lediglich „apodiktische Feststellung„, so das FG Hamburg wortwörtlich.

Verweis auf OLAF-Bericht reicht nicht

Der Zoll muss in seinem Antidumpingzollbescheid Beweise vorlegen und die Antidumpingzölle nachvollziehbar begründen. Ein Verweis auf OLAF-Berichte reicht ebenso wenig wie die bloße Auflistung von Container-Nummern.

Auch vom Zoll beigefügten Tabellen, die diese Aussagen ergänzen sollten, reichten dem Gericht zur Begründung nicht aus.

Außerdem fehlten Angaben darüber, in welchen Zeitraum die Ermittlungen des OLAF stattgefunden haben. Diese Angaben seien unverzichtbar, so das FG Hamburg. Nur so könne auch zweifelsfrei belegt werden, dass es sich bei der Ware im Antidumpingzollbescheid auch um die Ware des Zollschuldners handele.

Darüber hinaus fehlte die Auskunft über konkrete Daten für die genaue Zuordnung von Importen und Exporten in dem Fall- die bloße Auflistung von Container-Nummern genügt dafür nicht, rügte das Gericht in seinem Urteil.

Das Gericht betonte abschließend nochmals, dass es nicht die Aufgabe des einführenden Unternehmens sei, selbst den Inhalt der Anlagen des Einfuhrabgabenbescheides zu erschließen.

Es sei Aufgabe und die Pflicht des Zolls, den Zollbescheid ordnungsgemäß und im erforderlichen Umfang zu begründen.

Einsicht in OLAF-Berichte

Das FG Hamburg wies außerdem darauf hin, dass eine eindeutige und rechtliche Pflicht der Zollbehörden bestehe, die Besteuerungsgrundlagen offenzulegen.

Und zu diesen mitteilungspflichtigen Besteuerungsgrundlagen gehörten eben auch auch die OLAF-Ermittlungsberichte.

Der Zoll hatte sich zuvor gegen die Einsichtnahme geweigert und sich auf eine bestehende Geheimhaltungspflicht gestützt.

Diesem Argument folgte das FG Hamburg jedoch nicht.

Zoll muss OLAF-Berichte offenlegen

Der Zoll ist dazu verpflichtet, Besteuerungsgrundlagen offenzulegen und betroffenen Unternehmen Akteneinsicht zu gewähren. Dazu gehören auch die OLAF-Berichte. Weigert sich der Zoll, kann durch einen Einspruch verbindlich Akteneinsicht verlangt werden.

Das Gericht bekräftigte vielmehr den Anspruch auf Akteneinsicht, der in diesem Fall höher wiegt und das Maß an Geheimhaltungspflicht begrenzt.

Verwehrt der Zoll dem Zollschuldner die Einsicht und der Zugang zu den belastenden Unterlagen, verletzt er den Anspruch des betroffenen Unternehmens auf rechtliches Gehör, so das Gericht.

Die Zollbehörden seien nicht dazu berechtigt, über das „Ob“ und das „Wie“, also über den Umfang der Mitteilung der Besteuerungsgrundlagen zu bestimmen, betonte das Gericht weiter.

Unternehmen haben in so einem Fall das Recht, jegliche Unterlagen anzufordern, die ihm helfen, den Sachverhalt und die Nacherhebung der Antidumpingzölle nachzuvollziehen.

O&W Strategie: Kooperation im EU-Ausland

Die Herausforderung in unserem Fall war, obwohl der Fall nicht in Deutschland spielte, für unseren Mandanten eine gesicherte Vertretung vor Ort in Slowenien sicherzustellen und von Deutschland aus eine Strategie zu entwickeln.

Wichtig ist dabei zu wissen: Innerhalb der Europäischen Union gilt ein einheitliches Zollrecht, an die die Zollbehörden und Unternehmen gleichermaßen gebunden sind.

Daher bestand unsere Aufgabe vor allem auch darin, die Situation von unserem Mandanten von Deutschland aus rechtlich zu bewerten und im Anwendungsbereich des europäischen Zollrechts eine Strategie im Rahmen unserer rechtlichen Möglichkeiten zu bestimmen.

Dabei waren wir in ständiger Rücksprache und Korrespondenz mit den zuständigen slowenischen Kollegen und Kolleginnen vor Ort, die die gerichtliche Vertretung übernommen haben.

Die Erfahrung hat uns bestätigt: Durch eine gute Vernetzung und Kooperation mit lokalen Ansprechpartnern können wir auch bei Streitigkeiten mit Zollbehörden im Ausland eine erfolgreiche Strategie für unserer Mandanten entwickeln und gewährleisten.

5 gute Gründe für O&W-Strategie

  • Sichere Ratschläge: breites Team aus Zollrecht-Anwälten mit 33 Jahren Erfahrung im Zollrecht
  • Klärung aller Fragen: Persönlicher und schneller Kontakt bundesweit
  • Großes Netzwerk aus (Fach-)Anwälten im Zollrecht im EU-Ausland
  • Schnelle Ergebnisse: Dank Kooperation und Korrespondenz mit dem Ausland
  • Rechtssicherheit in der internationalen Lieferkette gewinnen

Unternehmen: Einspruch gegen Zollbescheid lohnt sich

Bemerkenswert ist, dass obwohl innerhalb der EU ein einheitliches Zollrecht gilt, die Zollpraxis und das Verfahrensrecht in den Ländern stark voneinander abweichen kann.

Dieser Fall hat auch gezeigt, dass Rechtsschutz für Unternehmen und die Chance, erfolgreich gegen Zollbescheide vorzugehen, auch maßgeblich vom Land und den zuständigen Behörden und Gerichten abhängt.

Nach unserer Auffassung lohnt es sich auf jeden Fall auch bei geringen Zweifeln, gegen einen Zollbescheid vorzugehen.

Die Erfahrung und Praxis hat leider gezeigt, dass sich die deutschen Zollbehörden nach wie vor in der Regel dagegen wehren, die OLAF-Berichte offenzulegen und Akteneinsicht zu gewähren. Obwohl ein rechtlicher Anspruch darauf besteht.

Offen bleibt, ob Urteile wie das vom Hamburger Finanzgericht an dieser Zollpraxis etwas ändern.

Weigert sich der Zoll jedenfalls, die Besteuerungsunterlagen offenzulegen, kann bereits das zu einen Anspruch auf Aussetzung der Zollzahlungspflicht führen.

Aber auch die Akteneinsicht kann ein wichtiger und entscheidender Entlastungsbeweis sein und mitunter zur Aufhebung des Zollbescheids führen.

Sollten Sie Zweifel an Ihrem Zollbescheid haben und dagegen Einspruch einlegen wollen, unterstützen Sie wir gerne.

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Dieser Artikel wurde am 10. Mai 2021 erstellt. Die fachliche Zweitprüfung hat Rechtsanwalt Dr. Tristan Wegner durchgeführt.

Ihr Ansprechpartner

  • Anton Schmoll

    Rechtsanwalt
    ABC-Str. 21
    20354 Hamburg
  • Rechtsanwalt Anton Schmoll berät im Zollrecht, zum Außenwirtschaftsgesetz und zur Verbrauchssteuer. Er ist seit 2013 für die Kanzlei tätig und hat seitdem in zahlreichen Verfahren vor dem Bundesfinanzhof und der Europäischen Kommission das Zollrecht maßgeblich weiterentwickelt.