Die Europäische Union hat am 10. November 2020 neue Strafzölle auf US-Waren in Höhe von 15 % bzw. 25 % verhängt. Insgesamt belaufen sich die Zölle auf 4 Mrd. US-Dollar.

Die Welthandelsorganisation (WTO) hatte die Möglichkeit, grundsätzlich Zölle auf amerikanische Produkt-Importe zu erheben, zuvor am 13.10.2020 bewilligt.

Hintergrund dieser Gegenmaßnahmen ist der jahrelange transatlantische Handelsstreit um Zuschüsse in der Luftfahrtindustrie zwischen der EU und den USA.

Im Oktober 2019 verhängten die USA nach einer ähnlichen WTO-Entscheidung bereits Strafzölle auf EU-Produkte, darunter auch deutsche,in Höhe von fast 7 Mrd. Euro jährlich.

EU-Exporte im Wert von 7,5 Mrd. Dollar. Waren wie Schweinefleisch, Milchprodukte und Wein waren unmittelbar davon betroffen.

Auf der anderen Seite haben die USA den Flugzeug-Hersteller Boeing durch Subventionierung unterstützt und damit andere Unternehmen diskriminiert.

Bereits 2019 hatte die WTO festgestellt, dass diese US-Subventionen an Boeing nicht mit dem WTO-Recht vereinbar und daher unzulässig sind.

Mit der Entscheidung am 13.10.2020 hat die WTO der Union jetzt grünes Licht für Gegenmaßnahmen gegeben.

Die EU hat noch versucht, zusammen mit den USA eine gemeinsame Verhandlungslösung zu erarbeiten, um die Einführung der Sonderabgaben zu vermeiden – leider erfolglos.

Daher macht die EU jetzt auch Gebrauch von den Strafzöllen auf US-Waren.

Viele Stimmen aus der Politik mahnten aber auch, möglichst zeitnah eine neue Verhandlungslösung zu finden und die Zölle, wenn möglich, auf beiden Seiten wieder abzuschaffen.

Fragen zu den neuen Strafzöllen auf US-Produkte?

Unsere Anwälte für Zollrecht beraten Sie und Ihr Unternehmen gerne bei Fragen zur Vermeidung von Strafzöllen und den betroffenen Zolltarifnummern.

Welche Waren sind betroffen?

Die europäischen Handelsminister haben Folgendes beschlossen:

  1. Strafzölle in Höhe von 15 % auf bestimmte Flugzeugtypen
  2. Strafzölle in Höhe von 25 % auf verschiedene Produkte aus der Lebensmittelindustrie, wie z.B. Fisch, Käse, Nüsse, Süßkartoffeln, aber auch Waren wie Tabak und bestimmter Alkohol und andere Agrarprodukte

Die Europäische Kommission hat in der Verordnung eine Auflistung aller Waren veröffentlicht, die von den Zöllen betroffen sind. Zur Übersicht haben wir die betroffenen Produkte nachstehend aufgelistet.

Strafzölle in Höhe von 15 %

Auf folgende US-Waren entfallen zusätzlich Zölle in Höhe von 15 %:

Zivile Starrflügelflugzeuge und andere Luftfahrzeuge, neu
(außer Regierungs- oder Frachtflugzeuge)

  • mit einem Leergewicht von mehr als 38 000 kg bis 100 000 kg
    (TARIC Code 8802 40 00 13)
  • mit einem Leergewicht von mehr als 100 000 kg bis 124 000 kg
    (TARIC Code 8802 40 00 15)
  • mit einem Leergewicht von mehr als 124 000 kg bis 132 000 kg
    (TARIC Code 8802 40 00 17)
  • mit einem Leergewicht von mehr als 132 000 kg bis 140 000 kg
    (TARIC Code 8802 40 00 19)
  • mit einem Leergewicht von mehr als 140 000 kg
    (TARIC Code 8802 40 00 21)

Strafzölle i.H.v. 15 % auf

bestimmte Flugzeugtypen, die unter den Zolltarifnummern 8802 40 00 13, 8802 40 00 15, 8802 40 00 17, 8802 40 00 19, 8802 40 00 21 eingereiht werden.

Die Europäische Kommission weist in dem Zusammenhang auch auf Folgendes hin:

Die genannten Tarifpositionen erfassen im Rahmen der betroffenen Gewichtsgrößen alle Luftfahrzeuge, die in die EU eingeführt werden und

  • von einer beliebigen Einrichtung mit Sitz in der EU über einen wirtschaftlich signifikanten Zeitraum hinweg entweder
  • in der EU oder zwischen der EU und einem anderen Nicht-EU-Land betrieben werden.

Dabei werden folgende Kriterien berücksichtigt:

  1. Ort der Erlangung der Rechtsfähigkeit des Betreibers
  2. Betriebszentrum des Betreibers
  3. Außenlackierung sowie Innenkonstruktion und Konfiguration des Luftfahrzeugs entsprechend dem Branding des Betreibers
  4. und beabsichtigtes Land der Registrierung

Etwaige formale Finanzierungsvereinbarungen, wie z.B. Leasingvereinbarungen bleiben allerdings unberücksichtigt.

Strafzölle in Höhe von 25 %

Auf folgende US-Waren entfallen zusätzlich Zölle in Höhe von 25 %:

  • Bestimmte Fische
    (Zolltarifnummern 0301 11 00, 0301 19 00, 0303 13 00, 0304 81 00 und 0305 41 00)
  • Bestimmte Muschelarten (Zolltarifnummer 0307 22 90)
  • Bestimmter Käse (Zolltarifnummern 0406 10 50, 0406 90 21, 0406 90 86)
  • Süßkartoffeln (Zolltarifnummern 0714 20 10, 0714 20 90)
  • Bestimmte Nüsse (Zolltarifnummer 0802 90 85)
  • Datteln (Zolltarifnummer 0804 10 00)
  • Pampelmusen und Grapefruits (Zolltarifnummer 0805 40 00)
  • Bestimmte Beeren (Zolltarifnummern 0810 40 50, 0811 90 50, 0811 90 70)
  • Vanille (Zolltarifnummern 0905 10 00, 0905 20 00)
  • Bestimmtes Getreide (Zolltarifnummer 1001 99 00)
  • Bestimmte Erdnüsse (Zolltarifnummern 1202 41 00, 1202 42 00)
  • Bestimmte Algen und Tange (Zolltarifnummer 1212 29 00)
  • Bestimmte Pflanzensäfte und Pflanzenauszüge
    (Zolltarifnummern 1302 19 70, 1302 39 00
  • Bestimmte Öle und Wachse
    (Zolltarifnummern 1515 90 11, 1515 90 29, 1515 90 39, 1515 90 40, 1515 90 51, 1515 90 59, 1515 90 60, 1515 90 91, 1515 90 99)
  • Bestimmter Zucker (Zolltarifnummer 1703 10 00)
  • Bestimmter Alkohol
    (Zolltarifnummern 2208 60 19, 2208 60 91, 2208 60 99)
  • Bestimmte Rückstände der Lebensmittelindustrie
    (Zolltarifnummer 2303 20 10)
  • Bestimmter Tabak
    (Zolltarifnummern 2401 10 35, 2401 10 60, 2401 10 70, 2401 10 85, 2401 10 95, 2401 20 35, 2401 20 60, 2401 20 70, 2401 20 85, 2401 20 95)
  • Tabakabfälle (Zolltarifnummer 2401 30 00)
  • Bestimmte ätherische Öle
    (Zolltarifnummern 3301 19 20, 3301 25 10, 3301 25 90)
  • Bestimmte Eiweißstoffe / modifizierte Stärke / Klebstoffe / Enzyme
    (Zolltarifnummern 3502 90 20, 3502 90 70, 3504 00 10, 3504 00 90)
  • Bestimmte Kunststoffe und Waren daraus
    (Zolltarifnummern 3904 10 00, 3920 10 23, 3920 10 24, 3920 10 81)
  • Bestimmte Lederwaren, Reiseartikel, Handtaschen und ähnliche Behältnisse
    (Zolltarifnummern 4202 19 10, 4202 19 90, 4202 21 00, 4202 22 10, 4202 22 90, 4202 32 10, 4202 32 90, 4202 91 10, 4202 91 80, 4202 92 11, 4202 92 15, 4202 92 19, 4202 92 91)
  • Bestimmte Baumwolle (Zolltarifnummer 5203 00 00)
  • Bestimmte Bagger sowie Schürf- und andere Schaufellader
    (Zolltarifnummern 8429 51 10, 8429 51 91, 8429 51 99)
  • Bestimmte Zugmaschinen
    (Zolltarifnummern 8701 91 10, 8701 91 90, 8701 92 90, 8701 93 10, 8701 93 90, 8701 94 10, 8701 94 90)
  • Bestimmte Kraftfahrzeuge zu besonderen Zwecken
    (Zolltarifnummer 8705 90 80)
  • Teile und Zubehör für bestimmte Fahrzeuge
    (Zolltarifnummern 8714 91 10, 8714 91 30, 8714 91 90)
  • Bestimmte Spiele
    (Zolltarifnummern 9504 20 00, 9504 30 10, 9504 30 20, 9504 30 90, 9504 50 00, 9504 90 10, 9504 90 80)
  • Bestimmte Sportgeräte (Zolltarifnummern 9506 91 10, 9506 91 90)

Zollbefreiung und Zollermäßigung

Unternehmen müssen für betroffene Produkte, für die sie vor dem 10.11.2020 eine Einfuhrlizenz mit einer Zollbefreiung oder einer Zollermäßigung ausgestellt bekommen haben, keine zusätzlichen Strafzölle auf US-Waren zahlen.

Gleiches gilt auch für den Zeitpunkt der Ausfuhr: Betroffene Waren, für die die Einführer belegen können, dass sie vor dem 10.11.2020 aus den USA in die EU die Union ausgeführt wurden, werden keinen zusätzlichen Zöllen unterworfen.

Konsequenzen für Unternehmen

Die Strafzölle auf US-Waren könnten vor allem für der Wein-Industrie Folgen haben.

So seien besonders die Weinexporteure durch die Sonderabgaben belastet und würden die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie zurzeit noch verschärfen, äußerte sich der Europäische Dachverband der Weinwirtschaft (CEEV).

Aber auch für europäische Verbraucher bleiben die Strafzölle auf US-Waren nicht folgenlos: So kann es unter anderem zu Preiserhöhungen kommen, wenn Importeure den Kaufpreis für US-Produkte aufgrund der Strafzölle anheben.



Dieser Artikel wurde am 20. November 2020 erstellt. Er wurde am 16. Dezember 2021 aktualisiert. Die fachliche Zweitprüfung hat Rechtsanwalt Dr. Tristan Wegner durchgeführt.

Ihr Ansprechpartner

  • Anton Schmoll

    Rechtsanwalt
    ABC-Str. 21
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  • Rechtsanwalt Anton Schmoll berät im Zollrecht, zum Außenwirtschaftsgesetz und zur Verbrauchssteuer. Er ist seit 2013 für die Kanzlei tätig und hat seitdem in zahlreichen Verfahren vor dem Bundesfinanzhof und der Europäischen Kommission das Zollrecht maßgeblich weiterentwickelt.