Großbritannien wird zum 01. Januar 2021 das neue britische Zolltarifsystem, den „UK Global Tariff (UKGT)“, einführen. Das teilte das britische Ministerium für internationalen Handel am 19. Mai mit. Damit wird der für Einfuhren in das Vereinigte Königreich bisher geltende EU-Zolltarif endgültig abgelöst – eine notwendige Konsequenz nach dem abgeschlossenen Brexit.

Der UKGT sieht in bestimmten Bereichen Zollreduzierungen und Zollbefreiungen vor und soll nach dem Brexit die britische Wirtschaft unterstützen und günstigere Importe realisieren. Der britische globale Zolltarif wird grundsätzlich in Britischen Pfund (GBP) gemessen.

Der neuen Regelung war eine lange Konsulatationsphase der britischen Regierung vorausgegangen. Um zu verhindern, dass nach dem drohenden No-Deal-Brexit wurde ein vorläufiger Zolltarif veröffentlicht. Dieser Entwurf ist jetzt hinfällig.

Beachte

Da der UKGT den Import von Waren aus Drittländern regelt, werden nach dem Inkrafttreten künftig auch alle EU-Mitgliedstaaten davon betroffen sein. Es sei denn, es kann bis Ende 2020 ein gemeinsames Handelsabkommen zwischen Großbritannien und der EU getroffen werden.

Wie aber sieht der neue UKGT im Vergleich zum gemeinsamen Außenzolltarif der Europäischen Union, dem EU CET, aus und was müssen Unternehmen beachten?

UK Global Tariff: Zollsätze und Zollbefreiungen

Großbritannien setzt mit der Einführung des UKGT bewusst auf niedrigere Zollsätze und Zollbefreiungen für bestimmte Waren. Rund 60 % des grenzüberschreitenden Handels sollen zollfrei abgewickelt werden.

Demnach werden Zölle nur bei Waren veranschlagt, die aus Ländern exportiert werden, mit denen Großbritannien kein präferenzielles Handelsabkommen hat.

Für Unternehmen und auch für Verbraucher ist das erfreulich: Waren wie Haushaltswaren und Lebensmittel werden nach dem Brexit billiger sein.

Um sich weiterhin mit der globalen Konkurrenz messen zu können und weltweit wettbewerbsfähig zu bleiben, werden bestehende Handelshemmnisse abgebaut und bürokratische Vorgänge erleichtert.

Für Unternehmen dürfte hier insbesondere der Wegfall von Zusatzcodes von Bedeutung sein. Insgesamt 6000 Zolltarifpositionen und 13.000 Tarifvarianten, die bislang bei dem Warenimport nach Großbritannien erforderlich waren, werden geändert bzw. abgeschafft.

Durch diese Maßnahme soll Unternehmen der Warenimport aus Übersee erleichtert und Verwaltungskosten gering gehalten werden.

UK-Zoll für Autos, Landwirtschaft und Fischerei

In der Automobilwirtschaft, Landwirtschaft und Fischerei werden auch ab dem 01. Januar 2021 Einfuhrzölle erhoben. So wird für importierte Autos ein Zoll in Höhe von 10% fällig.

Die Zollsätze für landwirtschaftliche Erzeugnisse wie Lamm, Rind und Geflügel sowie für die überwiegende Mehrheit der keramischen Produkte werden beinbehalten.

Die Zölle für Waren wie Vanille (6%), Kochbananen (16%) und Bettwäsche (12%) wurden beibehalten, um den Zugang der Entwicklungsländer zum britischen Markt zu unterstützen.

Darüber hinaus wird zu Zollabweichungen bei Produkten wie Keksen, Waffeln, Pizzen, Quiches, Süßwaren und Aufstrichen kommen.

Zollbefreiungen in UK

Für diese Waren gibt es nach dem UKGT ab 2021 Zollbefreiungen:

Produkte des täglichen Bedarfs, so z.B. 

  • Spülmaschinen
  • Tiefkühlschränke
  • Sanitärprodukte und Tampons
  • Farben und Schraubendreher
  • Spiegel
  • Schere und Gartenschere
  • Vorhängeschlösser
  • Kochprodukte wie Backpulver, Hefe, Lorbeerblätter, gemahlener Thymian und Kakaopulver
  • Weihnachtsbäume

Produkte für die britische Produktion & Industriefertigung einschließlich Rohre aus Kupferlegierungen und Schrauben

Produkte im Bereich erneuerbare Energien, Energieeffizienz, CO2-Abscheidung, so z.B.

  • Thermostate
  • Vakuumsauger
  • LED-Lampen
  • Fahrradschläuche

Außerdem ist der Import fast aller Arzneimittel und der meisten medizinischen Geräte (einschließlich Ventilatoren) im UKGT zollfrei.

Zusätzlich werden alle Zollsätze, die unter 2 % liegen abgeschafft. Dies stellt einen entscheidenden Unterschied zu den Regelungen im aktuellen EU-Zolltarif dar.

Online-Tool für UK Global Tariff

Die britische Regierung hat im Juli 2020 das Online-Tool für den neuen UK Global Tariff veröffentlicht.

Unternehmen können mithilfe des Online-Tools die Zolltarife für die entsprechende Ware einsehen und überprüfen. Das Tool ermöglicht dies sowohl für den derzeit noch geltenden Common External Tariff als auch für den geplanten UK Global Tariff.

Unternehmen können so leicht einsehen, ob sie zum Inkrafttreten am 01. Januar 2021 ggf. höhere Zollsätze bezahlen müssen oder weniger.

Die konkreten Zollsätze beziehen sich allerdings nur auf den neuen Global Tariff.

Eine Auskunft über Einfuhrzölle und –Beschränkungen oder andere Maßnahmen wie Antidumping-, Ausgleichs- oder Schutzzölle gibt es über das Online-Tool auch nicht.

Das Online-Tool ermöglicht Unternehmen die Warensuche über eine Suchfunktion, bei der der Warencode, eine Produktbeschreibung oder auch beides in Kombination eingegeben werden kann.

Checkliste für Unternehmen

Die EU-Kommission hat im August 2020 eine Checkliste für Unternehmen zur Vorbereitung auf den Brexit veröffentlicht.

Unternehmen, die mit Großbritannien Handel betreiben, können sich hier übersichtlich über die geplanten Änderungen ab dem 01. Januar 2021 im Warenverkehr informieren.

Die Checkliste hält u.a. Informationen zu den Pflichten von Importeuren und Exporteuren, sowie zu Zollförmlichkeiten, Ursprungsregeln und Steuern bereit.

Auch Änderungen im Bereich von Warenbescheinigungen und Etikettierung & Co. können Unternehmen hier nachvollziehen und unternehmensinterne Abläufe entsprechend adaptieren.

Geplant: Freihandelsabkommen mit Türkei

Daneben plant die britische Regierung derzeit auch ein Freihandelsabkommen mit der Türkei, das voraussichtlich bis Ende 2020 zustande kommen soll. Dies soll den zollfreien Handel mit allen Waren gewährleisten, die derzeit in der Zollunion EU-Türkei gehandelt werden. Der UKGT gilt dann für Waren, die nicht in den Geltungsbereich dieser Vereinbarung fallen.

Dieser Artikel wurde am 29. Mai 2020 erstellt. Er wurde am 22. November 2020 aktualisiert. Die fachliche Zweitprüfung hat Rechtsanwalt Dr. Tristan Wegner durchgeführt.

Themen:

Brexit

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  • Anton Schmoll

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  • Rechtsanwalt Anton Schmoll berät im Zollrecht, zum Außenwirtschaftsgesetz und zur Verbrauchssteuer. Er ist seit 2013 für die Kanzlei tätig und hat seitdem in zahlreichen Verfahren vor dem Bundesfinanzhof und der Europäischen Kommission das Zollrecht maßgeblich weiterentwickelt.