Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am 10.07.2019 (C-26/18) ein wegweisendes Urteil zur Einfuhrumsatzsteuer gefällt. Danach entsteht die Einfuhrumsatzsteuer als Verbrauchsteuer nur für die Waren, die in den Wirtschaftskreislauf der Union gelangen und einem Verbrauch zugeführt werden können. Dies gilt selbst dann, wenn eine Zollschuld wegen Unregelmäßigkeiten entsteht. Unternehmen, die aufgrund eines zollrechtlichen Fehlverhaltens Einfuhrabgaben zahlen mussten, sollten jetzt die Möglichkeit einer Erstattung der Einfuhrumsatzsteuer prüfen lassen.
Kein Automatismus zwischen Zoll und EUSt
Die deutsche Zollverwaltung und weite Teile der Rechtsprechung gingen bisher davon aus, dass mit der Zollschuld automatisch auch die Einfuhrumsatzsteuer entsteht. So wurde stets für eine zollrechtliche Unregelmäßigkeit Zoll und Einfuhrumsatzsteuer festgesetzt, selbst wenn die Waren in einen anderen Mitgliedstaat oder in einen Drittstaat befördert worden sind.
Besonders für Spediteure und Zollagenten ist dies unangenehm, da sie die Einfuhrumsatzsteuer nicht als Vorsteuer abziehen können.
Wir haben für unsere Mandantin seit Jahren die Ansicht vertreten, dass die deutsche Einfuhrumsatzsteuer nicht entsteht, wenn die Waren in einen anderen Mitgliedstaat oder in einen Drittstaat ausgeführt worden sind.
Einfuhrumsatzsteuer setzt Verbrauch voraus
Der EuGH hat nun entschieden, dass für die Einfuhrumsatzsteuer ein Verbrauch (Eingang in den Wirtschaftskreislauf) in dem Mitgliedstaat erforderlich ist, der die Einfuhrumsatzsteuer erheben will. Bei einer Zollschuldentstehung wegen Unregelmäßigkeiten wird vermutet, dass der Verbrauch in dem Mitgliedstaat stattfindet, in dem die Unregelmäßigkeit begangen worden ist.
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Diese Vermutung kann jedoch widerlegt werden. Im Streitfall des EuGH ist eine Zollschuld wegen Unregelmäßigkeiten in Deutschland entstanden. Allerdings sind die Waren bestimmungsgemäß nach Griechenland befördert worden. Der EuGH hat der Erhebung der Einfuhrumsatzsteuer durch die deutschen Zollbehörden in diesem Fall eine klare Absage erteilt.
Unternehmen sollten Erstattung beantragen
In den Fällen, in denen Unternehmer wegen zollrechtlicher Unregelmäßigkeiten in den letzten drei Jahren Einfuhrumsatzsteuer zahlen mussten, obwohl die Waren nicht für Deutschland bestimmt waren, besteht nun grundsätzlich die Möglichkeit einer Erstattung. Die Erstattung müsste innerhalb von drei Jahren beantragt werden.
Insbesondere zum Vorsteuerabzug nicht berechtigte Spediteure und Zollagenten, sollten die Erstattungsmöglichkeiten prüfen lassen.