Viele Yachtbesitzer und Freizeitskipper benutzen für die Planung ihrer Törns Navigations-Apps, die ihnen Kartenmaterial auf Smartphones oder Tablets zur Verfügung stellen und auf denen sie ihre Position in Echtzeit per GPS verfolgen können.

Die Nutzung solcher Navigations-Apps ist allerdings nicht ganz risikofrei, wie der Fall eines Yachtbesitzers zeigt.

Fragen zur Haftung bei Schäden an der Motoryacht?

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Navigations-App steuert Motoryacht auf Untiefe

Wie aus einem Urteil des Landgerichts Neubrandenburg vom 14.04.2010 (Az. 3 O 537/19) hervorgeht, hatte eine solche Software den Kurs wohl so geplant, dass dieser auf direktem Wege auch über Untiefen und Steine führte.

Der Kläger war in diesem Fall der Eigentümer einer Motoryacht und verwendete zur Planung seines Törns auf der Ostsee eine solche Navigations-App.

Hierbei plante die Navigations-App den Kurs wohl so, dass dieser auch über Untiefen in dem befahrenen Seegebiet führt, die mit dem Tiefgang der Yacht nicht mehr passierbar waren.

Der Kläger ist diesem Kurs gefolgt und mit über 20 Knoten pro Stunde auf eine Untiefe gelaufen.

Die Motoryacht wurde dadurch stark beschädigt und ist wegen massiven Wassereinbruchs im Ergebnis vollständig gesunken.

Versicherung kürzt Entschädigungssumme

Die Ermittlungen ergaben, dass der Yachtbesitzer aber unabhängig von der Navigations-App aus den übrigen Faktoren und Kriterien wie

  • Sicht,
  • Seezeichen,
  • Echolot und
  • anderen Seekarten

klar hätte erkennen können, dass er direkt auf eine Untiefe zufährt.

Die Wassersportkaskoversicherung des Yachtbesitzers hatte daraufhin die Entschädigungssumme wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalles um 40 % gekürzt.

Dies wollte der Booteigentümer nicht akzeptieren und verklagte seine Versicherung auf Leistung der restlichen Entschädigungssumme.

Im Gerichtsverfahren argumentierte die Wassersportkaskoversicherung dann dahingehend, dass das Mitverschulden des Booteigentümers im konkreten Fall bei 100 % liege.

Die Wassersportkaskoversicherung verlangte deswegen sogar die bereits ausgezahlte Versicherungssumme zurück.

Yachtbesitzer haftet zu 80 % für Bootschaden

Das Gericht gab der Wassersportkaskoversicherung überwiegend Recht.

Nach Auffassung des Gerichts lag das Mitverschulden des Yachtbesitzers bei 80 %, da dieser grob fahrlässig gehandelt habe.

Was ist grobe Fahrlässigkeit?

Grob fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt. Das bedeutet, der fahrlässig Handelnde stellt schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht an und beachtet das nicht, was im konkreten Fall jedermann einleuchten musste.

Denn der Yachtbesitzer hatte sich ausschließlich auf die Anzeige seiner Navigations-App verlassen.

Die habe ihm die ganze Zeit angezeigt, dass er sich noch auf der geplanten Route befindet und damit westlich der Untiefen.

Allerdings konnte der Yachtbesitzer zum entscheidenden Zeitpunkt eine Gefahrentonne wahrnehmen, die die Untiefen markierte.

Darüber hinaus hätte das Seezeichen ihm angezeigt, dass sich die Untiefen in einer Entfernung von 2-3 Seemeilen befinden. Und trotzdem habe der Yachtbesitzer die Geschwindigkeit nicht reduziert.

Yachtbesitzer: Seemännische Sorgfalt beachten

Dieses Verhalten des Yachtbesitzers verletzt nach Auffassung des Gerichts das Maß an gebotener seemännischer Sorgfalt.

Was sind seemännische Sorgfaltspflichten?

 „Seemännische Sorgfaltspflichten sind Vorsichtsmaßnahmen, die der Schiffsführer durchführen muss, weil es der Seemannsbrauch oder die besondere Umstände des Einzelfalles erfordern und die der Schiffsführer neben den Verkehrsvorschriften im Interesse der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs zu erfüllen hat.“

Denn der Yachtbesitzer hat trotz der Kenntnis dieser Fakten das Risiko einer Grundberührung ignoriert und ist mit der Yacht ungebremst in den gefährlichen Bereich eingefahren.

So vermeiden Yachtbesitzer und Freizeitskipper Haftung!

Um die seemännische Sorgfalt im Sportbootbereich zu erfüllen, müssen Yachtbesitzer und Freizeitskipper:

  • sich stets mit den Schifffahrtsvorschriften und den Hilfen für die Navigation und dem geplanten Fahrtgebiet vertraut machen,
  • vor Fahrtbeginn Informationen über die herrschenden und vorhergesagten Seegangs- und Wetterverhältnisse einholen,
  • sich vor Fahrtantritt mit dem Sportboot und seinen Eigenschaften und Einrichtungen vertraut machen,
  • die für die Planung und Durchführung erforderlichen Hilfsmittel, wie Seekarten und Seehandbücher stets auf dem neusten Stand halten,
  • ihr Boot stets mit der für die Menschen an Bord richtige Anzahl an geeigneten Rettungsmaterialien ausrüsten und die Gäste über deren Aufbewahrung und Anwendung zu unterrichten,
  • stets ihre korrekte Position bestimmen und zwar nicht nur anhand einer Navigationsmöglichkeit, sondern anhand der Sicht (auch per Fernglas), anderen Karten, Auffälligkeiten und Seezeichen,
  • bei Unklarheiten über die eigene Position die Fahrt verringern und gegebenenfalls sogar zu stoppen,
  • stets den Schiffsverkehr um sich herum beobachten und vorrausschauend fahren,
  • Situationen, die möglicherweise zu einer Kollision führen können, frühzeitig erkennen und auch das Wasser um sich herum beobachten, um z.B. das Boot nicht durch umhertreibende Gegenstände wie Netze zu gefährden und
  • sich vom Fahrtgebiet der Berufsschifffahrt fern halten.

Sofern Sie weitere Fragen rund um die Haftung und Risiken bei Motoryachten und Versicherungen haben, rufen Sie uns gerne an. Gern beraten wir Sie zu allen Themengebieten rund um Ihre Yacht, sei es Registrierung, Bußgeldverfahren oder auch den An- und Verkauf.

Gerne unterstützen unsere Anwälte für Yachtrecht Sie und Ihr Unternehmen bei Fragen zur Haftung bei Schäden an der Motoryacht.

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Dieser Artikel wurde am 16. September 2021 erstellt. Die fachliche Zweitprüfung hat Rechtsanwalt Dr. Tristan Wegner durchgeführt.

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  • Dr. Tristan Wegner ist seit 2013 als Rechtsanwalt im internationalen Handels- und Transportrecht tätig und hat über 10 Jahre Erfahrung. Er ist Fachanwalt für Transport- und Speditionsrecht. Er ist geschäftsführender Partner der Kanzlei. Herr Dr. Wegner war für eine international führende Kanzlei im Zoll– und Außenwirtschaftsrecht sowie für die Zollfahndung tätig und hat zum internationalen Handel promoviert. Rechtsanwalt Dr. Wegner ist regelmäßig in der Fachpresse und veröffentlicht Aufsätze. Er ist Mitglied im Versicherungswissenschaftlichen Verein Hamburg, der Deutschen Initiative junger Schiedsrechtler (DIS40) sowie dem Europäischen Forum für Außenwirtschaft, Verbrauchsteuern und Zoll, dem Verein für Seerecht und der GMAA. Er ist zudem Dozent und Lehrbeauftragter an der Universität Hamburg.