In einem Urteil hat sich das Finanzgericht München mit der Fälschung von begleitenden Verwaltungsdokumenten (BVD) bei dem Versand von Alkohol, hier Whiskyflaschen im Zusammenhang mit dem Steueraussetzungsverfahren auseinandergesetzt:
Beim Export von Branntweinerzeugnissen wie Whisky, der über andere EU-Mitgliedstaaten das Verbrauchsteuergebiet der EU verlässt, handelt die entsprechende Zollstelle als Empfängerin. Diese muss den bestätigten Rückschein an den Versender zurückschicken.
Wer die begleitenden Verwaltungsdokumente beim Transport gegen Fälschungen austauscht, entzieht die Ware dem Steueraussetzungsverfahren.
Der Versender muss auch Steuern nachzahlen, wenn er nicht selbst Waren dem Steueraussetzungsverfahren entzogen hat. Er trägt die Verantwortung und haftet für ein ordnungsgemäßes Steueraussetzungsverfahren.
Gefälschte Dokumente bei Whiskyflaschen führen zu Alkoholsteuer
In dem Verfahren ging es um insgesamt 11 Sendungen Whiskyflaschen mit 40 % vol Alkoholgehalt. Die Klägerin in dem Gerichtsverfahren hatte ihr Steuerlager in Österreich und versendete die Sendung unter Steueraussetzung, um sie über Deutschland an eine Firma nach Russland zu exportieren.
Nach Einschreiten des Zollfahndungsamtes stellte dieses fest, dass die begleitenden Verwaltungsdokumente in Deutschland gegen eine Fälschung ausgetauscht wurden. Die gefälschten Dokumente wiesen nunmehr eine belgische Firma als Versenderin und eine britische Firma als Empfängerin aus. Die Ausfuhr aus Deutschland wurde auf den Originalen hingegen mittels einer Stempelfälschung bestätigt und ein Exemplar an die Klägerin zurückgesendet.
Aufgrund dieser Feststellungen erhielt die Klägerin dann einem Steuerbescheid des Hauptzollamts, in dem eine Nachzahlung von Alkoholsteuer für den transportierten Whisky festgesetzt wurden. Dieser Steuerbescheid erging auch zu Recht, wie das Finanzgericht im Gerichtsverfahren feststellte.
Steueraussetzungsverfahren
Grundsätzlich darf im deutschen Steueraussetzungsverfahren der Transport von verbrauchsteuerpflichtigen Waren nur von registrierten Versendern vorgenommen werden.
Verbrauchsteuerpflichtige Genussmittel wie Alkohol dürfen sodann unversteuert in das Steuerlager, in Betriebe von registrierten Empfängern oder Verwendern im Steuergebiet, zu anderen Begünstigten oder zu einem Ort außerhalb des EU-Verbrauchsteuergebiets transportiert werden.
Im vorliegenden Fall habe sich der Whiskey jedenfalls im Steueraussetzungsverfahren befunden, weil dieser von Österreich durch das deutsche Steuergebiet befördert wurde.
In der Konsequenz trete nun anstelle des eigentlichen Empfängers die Zollstelle, an der der Alkohol das europäische Verbrauchsteuergebiet verlässt. Diese müsse dann den bestätigten Rückschein an den Versender zurückschicken.
Es sei anders zu beurteilen, wenn der Versender im BVD wissentlich einen Empfänger im Inland angebe, der nicht berechtigt ist, den Alkohol unversteuert zu beziehen oder gar nicht existiere. Die Klägerin hatte in den BVD aber einen Empfänger in Russland angegeben und dessen Nichtexistenz auch nicht wirksam bestritten.
Der Einwand der Klägerin, dass gar nicht geplant war, den Whiskey nach Russland zu transportieren, sondern nach Großbritannien, wurde vom Gericht als unerheblich abgewiesen.
Gefälschte Dokumente sind Alkohol-Steuerbetrug
Alkoholsteuer (bzw. Branntweinsteuer) entsteht, wenn Alkohol während seines Transports dem Steueraussetzungsverfahren entzogen wird.
Das sei beim Austausch der Begleit-Dokumente gegen gefälschte Dokumente der Fall gewesen. Eine klare Zuordnung der Ware zu den tatsächlich beteiligten Unternehmen sei dadurch nämlich nicht mehr möglich gewesen. In der Folge wurde der Whiskey so der Steueraufsicht vorenthalten und die erforderliche zollamtliche Überwachung verhindert.
Versender haftet für Alkoholsteuer-Nachzahlungen
Bei der Frage nach der Steuerschuld trifft den Versender eine sehr weite Haftung. Denn es kommt nicht darauf an, ob dieser selbst die Waren dem Steueraussetzungsverfahren entzogen hat.
Selbst wenn das Unternehmen, das den Whiskey in Versand gab, nachweislich nichts mit der Fälschung der Begleitpapiere zu tun hatte, kann es zur Nachzahlung der Alkoholsteuer verpflichtet werden.
Alleine der Umstand, dass das Unternehmen als Versender tätig werde, reiche für diese Inanspruchnahme aus, so das Gericht. Begründet wurde dies mit der Verantwortung des Versenders, für ein ordnungsgemäßes Steueraussetzungsverfahren zu sorgen. Diese Verantwortung ende erst dann, wenn Nachweise darüber vorliegen, dass die Waren das Verbrauchsteuergebiet verlassen haben.
Dass andere Unternehmen und Hilfspersonen wie eine Spedition beim Transport zwischengeschaltet sind, ändert auch nichts an dem weiten Haftungsmaßstab. Der Versender müsse als Verantwortlicher für das Steueraussetzungsverfahren auch für ein etwaiges Verschulden seiner Hilfspersonen eintreten. Das gilt zudem unabhängig davon, ob dieser einen signifikanten Einfluss auf die eingesetzten Hilfspersonen oder Unternehmen hatte.
EMCS verhindert gefälschte BVD
Durch eine Reform in 2011 wurde das Papiersystem der BVD für alle EU-weit einheitlichen Verbrauchsteuern auf ein elektronisches Verfahren umgestellt. Darunter fällt auch die Branntwein- bzw. Alkoholsteuer.
Unternehmen, die mit verbrauchssteuerpflichtigen Waren wie Bier oder Branntweinerzeugnissen oder sonstigem verbrauchssteuerpflichten Alkohol handeln und diese versenden, mussten bis Ende 2010 ein begleitendes Verwaltungsdokument (BVD) ausstellen, welches die Transportperson dann mitführen musste.
Mit zunehmender Harmonisierung von rechtlichen und wirtschaftlichen Regelungen innerhalb Europas wurde das BVD 2011 dann durch das elektronische Versanddokument e-VD ersetzt.
Das e-VD wird seitdem für alle Verbrauchsteuern verwendet, die EU-weit harmonisiert und angeglichen wurden und im elektronischen Steueraussetzungsverfahren „Excise Movement Control System (EMCS)“ eingesetzt.
Bei nationalen Verbrauchersteuern, wie der Kaffeesteuer und der Alkopopsteuer, die nur für Deutschland gelten, wird dagegen weiterhin das BVD verwendet.
Das EMCS dient vor allem zur Vereinfachung der Beförderung von verbrauchsteuerpflichtigen Waren unter Steueraussetzung. Dank elektronischer Übermittlung der Verwaltungsdokumente herrscht weniger Papieraufwand.
Zudem soll das elektronische System die Beförderung vor allem besser absichern, indem Daten des Empfängers der Waren vorab geprüft werden und Beförderungsvorgänge effizienter überwacht und kontrolliert werden können. Zusätzlich kann eine schnellere und sichere Rücksendung der Eingangs– und Ausfuhranmeldung gewährleistet werden.
Dieser Artikel wurde am 14. April 2020 erstellt. Die fachliche Zweitprüfung hat Rechtsanwalt Dr. Tristan Wegner durchgeführt.
Ihr Ansprechpartner
- Rechtsanwalt Anton Schmoll berät im Zollrecht, zum Außenwirtschaftsgesetz und zur Verbrauchssteuer. Er ist seit 2013 für die Kanzlei tätig und hat seitdem in zahlreichen Verfahren vor dem Bundesfinanzhof und der Europäischen Kommission das Zollrecht maßgeblich weiterentwickelt.