Am 14. Dezember 2012 hat der Bundestag das Gesetz zur Reform des Seehandelsrechts verabschiedet. Das Gesetz soll bereits im Februar 2013 in Kraft treten. Alle am Seetransport Beteiligten sollten daher prüfen lassen, ob ihre Geschäftsbedingungen mit den Neuregelungen konform gehen und diese gegebenenfalls anpassen lassen.

Seit Jahren ist die Reform des deutschen Seehandelsrechts in der Diskussion. Die bereits 1897 gefassten Regelungen erwiesen sich mittlerweile nicht mehr als zeitgerecht. Dennoch wurden sie bei der Reform des Transportrechts nicht mit überarbeitet. Bereits Brigitte Zypries hatte sich 2004 für eine Reform eingesetzt. Der Entwurf wurde jetzt vom Deutschen Bundestag verabschiedet. Das bisher im Handelsgesetzbuch kodifizierte Seehandelsrecht wird vollständig neu gefasst und strukturiert. 125 Paragrafen sind als überflüssig deklariert und aus dem neuen Seehandelsrecht entfernt worden. Damit und mit inhaltlichen Neuerungen soll das deutsche Seerecht an die modernen Bedürfnisse angepasst werden.

Unter anderem werden veraltete Regelungen abgeschafft. Dazu gehören beispielsweise

  • die Partenreederei,
  • das seerechtliche Verklarungsverfahren. Das Verklarungsverfahren (dabei handelt es sich um ein besonderes Beweissicherungsverfahren) in der Binnenschifffahrt ist aber weiterhin zulässig und kann künftig vom Richter durchgeführt werden.

Aber auch ansonsten werden umfangreiche Neuerungen eingeführt.

  • Beschränkung der Haftung des Kapitäns,
  • Regelungen von verbreiteter Vertragspraxis im Seehandel,
  • Regelung einer Haftung für Passagierschäden auf kleineren Seeschiffen und Binnenschiffen in Anlehnung an die Verordnung der EG 392/2009.
  • Neuregelung des Havarie Grosse-Verfahrens. Dabei werden Sonderfälle nicht mehr unterschieden. Die Differenzierung zwischen uneigentlicher Haverei, der kleinen Haverei und der besondere Haverei wird nicht länger aufrecht erhalten.
  • Erleichterung des Arrestverfahrens. Während es bislang notwendig war, dass ohne den Erlass eines Schiffsarrestes die Vollstreckung eines Urteils vereitelt oder wesentlich erschwert wird, ist der Schiffsarrest jetzt auch ohne diese Voraussetzung statthaft,
  • Erweiterung der Vollstreckung in Schiffe. Bislang war die Zwangsversteigerung zeitweise gehindert, wenn sich das Schiff auf einer Reise befindet und nicht im Hafen liegt. Dieses gilt nur noch für Seeschiffe.

Was ändert sich im Seefrachtrecht?

Eine der wesentlichen Änderungen der Seehandelsrechtsreform betrifft das Seefrachtrecht. Hier wird zum ersten mal die Verwendung elektronischer Konnossemente und Seefrachtbriefe ermöglicht. Auch wird das Seefrachtrecht stärker an das Landfrachtrecht angelehnt.

An den Bestimmungen zur Haftung ändern sich jedoch nichts. Hier verbleibt es bei den Haftungsbegrenzungen, die durch die Haag-Visby Regeln vorgegeben werden. Wichtig ist aber die Haftung für Feuer und nautisches Verschulden. Bei nautischem Verschulden handelt es sich um fehlerhafte Handlungen bei der Führung und Bedienung des Schiffes. Gerade bei Schiffszusammenstößen liegt regelmäßig nautisches Verschulden vor.

Bislang war in Anlehnung an den Harter Act die Haftung für nautisches Verschulden ausgeschlossen. Nach dem reformierten Seehandelsrecht ist die Haftung für Feuer und nautisches Verschulden nicht mehr ausgeschlossen. Diese Neuregelung lehnt sich an das Haftungskonzept an, welches aus den Rotterdam Rules bekannt ist. Vielmehr müssen Verfrachter und Befrachter sich über einen solchen Haftungsausschluss einigen. Gegenüber den Staaten, die die Haager Regeln ratifiziert haben, bleibt es aber bei einem gesetzlichen Haftungsausschluss wegen der vorrangigen völkerrechtlichen Vereinbarungen.

Bislang war im deutschen Seerecht die Rechtsnatur von Bareboat-Charter und Zeitcharter problematisch. Beide Vertragstypen der Schiffsüberlassung werden nunmehr ausdrücklich geregelt, sodass die Abgrenzung vom Seefrachtvertrag erleichtert wird.

Wer muss sich um die Reform des Seehandelsrechts kümmern?

Die Reform des Seehandelsrechts betrifft alle am Seehandel beteiligten Unternehmen. Insbesondere Reedereien, die in ihren Konnossementsbedingungen deutsches Recht zugrunde gelegt haben, werden diese umfassend überarbeiten müssen. Auch internationale Kaufverträge mit Bezug zum Seetransport und Frachtaufträge müssen überprüft werden, um sicherzustellen, dass keine alten Regelungen mehr enthalten sind.

Da die Regelungen zum Schiffsarrest vereinfacht werden, ist auch mit vermehrten Arrestierungen in Deutschland zu rechnen.

Kontaktieren Sie uns gerne, wenn Sie mehr über die Auswirkungen des neues Seehandelsrechts auf Ihr Geschäft erfahren möchten. Wir erarbeiten mit Ihnen eine Strategie, damit sich Ihre Geschäftsabläufe auch unter dem neuen Seehandelsrecht nahtlos in die rechtlichen Rahmenbedingungen einpassen.

Dieser Artikel wurde am 15. Dezember 2012 erstellt. Die fachliche Zweitprüfung hat Rechtsanwalt Dr. Tristan Wegner durchgeführt.

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  • Dr. Tristan Wegner ist seit 2013 als Rechtsanwalt im internationalen Handels- und Transportrecht tätig und hat über 10 Jahre Erfahrung. Er ist Fachanwalt für Transport- und Speditionsrecht. Er ist geschäftsführender Partner der Kanzlei. Herr Dr. Wegner war für eine international führende Kanzlei im Zoll– und Außenwirtschaftsrecht sowie für die Zollfahndung tätig und hat zum internationalen Handel promoviert. Rechtsanwalt Dr. Wegner ist regelmäßig in der Fachpresse und veröffentlicht Aufsätze. Er ist Mitglied im Versicherungswissenschaftlichen Verein Hamburg, der Deutschen Initiative junger Schiedsrechtler (DIS40) sowie dem Europäischen Forum für Außenwirtschaft, Verbrauchsteuern und Zoll, dem Verein für Seerecht und der GMAA. Er ist zudem Dozent und Lehrbeauftragter an der Universität Hamburg.