Nach einem bestandenen ersten Staatsexamen, kann man den Titel des Diplomjuristen beantragen. Von vielen fällt schon an dieser Stelle des Ausbildungsweg eine Menge Leistungsdruck ab. Und das auch zurecht. Dass im Jurastudium eines der größten Probleme vor dem ersten Staatsexamen die Versagensängste sind, ist kein Geheimnis.

Man studiert viereinhalb Jahre darauf hin, das erste Staatsexamen zu bestehen. Schafft man das nicht, steht man (zumindest auf den ersten Blick) mit nichts da. Das stimmt so zwar nicht, denn die Leistungen aus dem Studium können auch für andere Studiengänge angerechnet werden, trotzdem ist das natürlich das Worst-Case-Szenario.

Allerdings zeigen die Berufsaussichten von Diplomjuristen, dass auch mit einem von zwei juristischen Staatsexamina durchaus gearbeitet werden kann.

Was kann man ohne zweites Staatsexamen nicht machen?

Vorweggenommen bleibt einmal zu erwähnen, was man mit nur einem Staatsexamen nicht werden kann. Das zweite Staatsexamen als Befähigung zum Richteramt, befähigt nicht nur dazu, sondern auch zur Vertretung von Mandanten als Anwalt vor Gericht. Ohne Volljurist mit zwei bestandenen Staatsexamina zu sein wird man demnach folgende Berufe nicht ausüben können:

  • Richter
  • Anwalt
  • Staatsanwalt
  • Notar

Warum als Diplomjurist arbeiten

Der Grund dafür, dass Absolventen des ersten Staatsexamens Diplomjuristen bleiben und keine Volljuristen werden ist entweder, dass man sich bewusst dafür entschieden hat das Referendariat und zweite Staatsexamen nicht zu machen oder es nicht schafft.

Gerade in der heutigen Zeit passiert es aber immer öfter, dass sich aktiv dagegen entschieden wird, den Ausbildungsweg zum Volljuristen weiter zu beschreiten. Das passiert sicher auch aufgrund der Fülle an Studenten, die diesen Studiengang wählen. Hat man den Studiengang aber erstmal angefangen und ein paar Jahre studiert merken einige, dass die anwaltliche oder richterliche Tätigkeit nicht unbedingt die Arbeit ist, die sie ihr Leben lang machen möchten.

Aufgrund vieler Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt ist das auch nicht mehr das größte Problem. Denn egal in welche Richtung man sich orientieren möchte, Möglichkeiten gibt es unzählige. Das Studium abzubrechen und etwas ganz anderes anzufangen ist aber oft auch kein guter Lösungsansatz.

Besteht man das zweite Staatsexamen nicht, bleibt einem keine Wahl. Entweder man orientiert sich um, arbeitet mit den erworbenen Qualifikationen oder bildet sich im juristischen oder nicht-juristischen Bereich weiter.

Jobaussichten eines Diplomjuristen

Die Jobauswahl für Juristen mit nur einem Staatsexamen sind extrem vielfältig. Sowohl im juristischen Bereich als auch außerhalb davon, kann man mit einem abgeschlossenen Staatsexamen eine Menge anfangen. Die Nachfrage nach Mitarbeitern mit einem juristischen Abschluss ist groß.

Das liegt einerseits daran, dass Arbeitgeber wissen, dass wenn jemand ein Staatsexamen geschrieben hat, dieser relativ belastbar ist und ein gewisses Durchhaltevermögen besitzt. Andererseits sind auch die analytischen Fähigkeiten, die einem im Jurastudium beigebracht werden in allen möglichen Bereichen sehr hilfreich. Dazu sei allerdings gesagt, dass trotz dieser erlernten Fähigkeiten das Problem an der Tätigkeit eines Diplomjuristen immer die begrenzten Aufstiegsmöglichkeiten sind.

Jobs in der freien Wirtschaft

Der wohl größte Einsatzort von Diplomjuristen ist die freie Wirtschaft. Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, Versicherungen oder Unternehmensberatungen suchen immer wieder nach juristischen Mitarbeitern für die „gehobene Sachbearbeitung“. Dabei wird Spezialwissen im Bereich des jeweiligen Arbeitgebers und Einsatzbereichs mit der Zeit wichtiger als die im Studium erlernten juristischen Grundkenntnisse.

Wenn man weiß, dass man in diesem Bereich arbeiten möchte, sollte man allerdings möglichst frühzeitig anfangen sich Zusatzqualifikationen zuzulegen. Denn der Nachteil an vielen dieser Jobs sind die Aufstiegschancen. Viele Arbeitgeber erklären sich dazu bereit einige Fortbildungen oder auch Weiterbildungen zu finanzieren, wenn sie den entsprechende Output aus ihren Investitionen ziehen können. Trotzdem sind die Aufstiegschancen leider nicht halb so weitreichend wie die eines Juristen mit zwei Staatsexamina.

Abgesehen von diesen Arbeitgebern kann man grundsätzlich praktisch alles machen, wonach einem der Sinn steht. Genauso wie mit jedem anderen Abschluss auch kann man quer einsteigen und sich einfach mal auf etwas bewerben auf das man Lust hat. Diplomjuristen sind für verschiedenste Stellen gerne gesehen. Sobald allerdings nichts im juristischen Bereich mehr angestrebt wird, bei dem einem die juristischen Fähigkeiten etwas bringen, muss damit gerechnet werden, dass auch die Gehaltserwartung angepasst werden muss. 

Arbeit im öffentlichen Dienst

Sehr beliebt ist auch die Arbeit im gehobenen oder höheren öffentlichen Dienst. Ein gutes Beispiel für diese Tätigkeit bietet ein Quereinstieg bei der Polizei. Wie genau die Tätigkeit am Ende ausgestaltet ist, ist sehr unterschiedlich. Es gibt auch innerhalb des öffentlichen Dienstes noch viele verschiedene Wege und Weiterbildungen, die einen in verschiedenste Positionen befördern können.

Die Arbeit im öffentlichen Dienst besteht allerdings überwiegend aus verwaltenden Tätigkeiten in den verschiedenen Behörden. Je nachdem ob auf Bundes-, Landes- oder kommunaler Ebene kann auch dieser Job entweder sehr vielfältig oder recht langweilig sein. Genauso wie bei allen anderen Jobs sind aber auch hier die Aufstiegschancen begrenzt. Dafür warten im öffentlichen Dienst gut geregelte Arbeitszeiten und ein sicheres Einkommen.

Diplomjurist in einer Kanzlei

Auch in einer Kanzlei kann man mit einem abgeschlossenen Staatsexamen arbeiten. In Deutschland ist dieses Konzept allerdings noch nicht so weit verbreitet wie beispielsweise im englischsprachigen Raum. In vielen großen Kanzleien im Ausland gibt es bereits eine Menge sogenannte „Paralegals“. Auch hierzulande gibt es mittlerweile Diplomjuristen in Anwaltskanzleien, wobei allerdings hier der Nachteil darin besteht, dass die Aufstiegschancen extrem begrenzt sind. Die inhaltliche Arbeit bleibt weitestgehend die eines Associates in einer Großkanzlei, wobei das Gehalt noch darunter angesiedelt ist und dabei auch nicht besonders viel Luft nach oben bleibt.

Mit nur einem Staatsexamen in einer Kanzlei anzufangen ist deshalb nicht unbedingt üblich und bietet auf Dauer auch keine wirkliche Erfüllung. Das gilt natürlich nicht für die Übergangphase oder promotionsbegleitend zwischen dem ersten und zweiten Staatsexamen. Die Arbeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter ist sehr sinnvoll, solange sie eben nicht auf Dauer angelegt ist.

Anderes gilt für Diplomjuristen, die beispielsweise Lust haben etwas in Richtung HR zu machen. Wenn die eigenen Stärken in zwischenmenschlicher Kommunikation liegen und man Spaß an ein wenig Management- oder Verwaltungstätigkeiten hat, kann das ein spannender Job sein. Auch hier muss man sich aber vor Augen halten, dass die Aufstiegs- und Gehaltschancen begrenzt sind.

Alternativen im internationalen Bereich

Als Diplomjurist kann man auch im internationalen Bereich tätig werden. Die Möglichkeiten sind hier zwar relativ vielfältig, allerdings auch sehr speziell und nischig platziert. Juristen werden aber grundsätzlich in praktisch allen Bereichen gesucht. Wenn ein gewisses Interesse und auch das nötige Know-how bezüglich fremden Kulturen und Sprachen besteht. Beispiele für solche Jobs sind:

  • Auch bei einschlägigen supranationalen Organisationen gibt es interessante Jobs für Juristen mit nur einem Staatsexamen. Wer sich für staatenübergreifendes Recht interessiert, für den könnte beispielsweise die Arbeit bei der Europäischen Union oder den vereinten Nationen etwas sein. Hierfür wird außer einem Staatsexamen und guten bis sehr guten Sprachkenntnissen (in wenn möglich mehr als einer Fremdsprache) auch gerne ein Auslands- LL.M. gesehen. Gerade in dieser Branche ist es doch sehr wichtig, dass man sich mit mehr als nur dem deutschen Rechtssystem auskennt.

    Die Tätigkeit selbst besteht bei diesen Organisationen überwiegend in Verwaltungs- und Referententätigkeiten. Außerdem ist man Ansprechpartner und in Berater für juristische Fragen in dem Bereich, in dem man tätig ist.

  • Für die Arbeit im diplomatischen Dienst wird grundsätzlich nur ein Staatsexamen verlangt. Dazu kommen noch etwaige Prüfungen und Weiterbildungen. Diese Arbeit ist allerdings sehr speziell und eignet sich nicht unbedingt für jemanden, der sich „einfach nur“ eine Alternative zur klassischen Juristenkarriere sucht. Die Arbeit hier ist mit vielen Reisen und einer hohen Belastbarkeitsschwelle verbunden. Dadurch, dass man viel mit verschiedenen Ländern kommunizieren muss sind Kenntnisse in mehreren Sprachen erwünscht. Genaueres zur Arbeit im diplomatischen Dienst findet sich auf der Internetseite des Auswärtigen Amtes.

  • Auch andere Organisationen und Stiftungen, die international arbeiten, suchen oft Leute für juristische Fragestellungen. In welcher Form man hier tätig werden kann ist genauso unterschiedlich wie die Organisation für die man die Tätigkeit ausführt. Auch hier dreht sich die Arbeit überwiegend um Verwaltungsaufgaben und Stellungnahmen oder Beratung zu juristischen Fragestellungen.

    Einige Organisationen befassen beispielsweise mit Thematiken wie der „Good Governance“, deutsch übersetzt, „Gute Regierungsführung“. Dieser Bereich ist beispielweise für Juristen geeignet, die ihre Stärken im öffentlichen und Verwaltungsrecht haben. Hier geht es, gerade im Ausland um die (Neu-) Strukturierung und Reformierung von Rechtssystemen anderer Staaten oder Gemeinden. Dieser Bereich ist zwar unglaublich interessant, kann allerdings auf Dauer auch sehr kräftezehrend.

Pädagogische Tätigkeiten

Auch im pädagogischen Bereich gibt es einige Tätigkeitsfelder, die man als Jurist ausüben kann. So werden beispielweise für Berufsschulen immer wieder Leute mit juristischer Grundausbildung gesucht, die verschiedensten Auszubildenden rechtliches Wissen und gutachterliches Denken in allen möglichen Bereichen vermitteln.

Eine weitere Möglichkeit ist das Berufsbild eines rechtlichen Betreuers i.S.v. §§ 1896 ff. BGB. Für diesen Beruf ist das erste juristische Staatsexamen und eine Eignungsprüfung erforderlich. Merkt man im Studium, dass man mit seinem rechtlichen Wissen gerne etwas „soziales“ anfangen möchte, bei dem man viel kommunizieren kann, ist auch dieser Weg sehr attraktiv. Die Aufgaben, die man hier übernimmt sind nicht mehr nur juristische Tätigkeiten, da hier der Fokus wirklich auf dem kommunikativen Teil der Arbeit liegt.

Jobs an Universitäten

Als Diplomjurist kann man durchaus Jobs an der Universität annehmen. Allerdings ist das, für den Fall, dass man diese Zeit nicht als Übergangszeit zum Referendariat oder promotionsbegleitend nutzt, nicht unbedingt Gang und gebe. Das liegt vor allem daran, dass sowohl das Einstiegsgehalt als auch die Aufstiegschancen nicht besonders gut sind. Stellen an der Uni für wissenschaftliche Mitarbeiter sind deshalb wirklich eher für kürzere Zeiträume gedacht und eigenen sich insbesondere für Diplomjuristen, die ihr zweites Staatsexamen noch ablegen möchten und sich sogar vorstellen können später einmal in die Lehre zu gehen.

Fazit

Die Berufsaussichten eines Diplomjuristen sind absolut nicht schlecht. Wenn der Fall eintreten sollte, dass man das zweite Staatsexamen geschrieben aber nicht bestanden hat, ist das also kein Beinbruch. Trotzdem ist es ratsam zumindest einen Versuch im zweiten Examen zu starten. Obwohl es vielfältige Möglichkeiten gibt, sind die Aufstiegschancen in den einzelnen Branchen oft begrenzt. Die Gefahr, dass man sich im späteren Berufsleben deshalb irgendwann fragt, warum man es damals verpasst hat, das Studium zu Ende zu machen ist groß.

Auch wenn das Referendariat und die Vorbereitungszeit für das zweite Staatsexamen noch einmal viel Zeit in Anspruch nehmen, helfen gerade auch die Wahlstationen noch einmal bei der späteren Berufsorientierung.

Dazu bleibt zu vermerken, dass man all die angegebenen Möglichkeiten auch als Volljurist geboten bekommt, weswegen ein Versuch für das zweite Staatsexamen auch niemals verschenkt werden sollte.

Dieser Artikel wurde am 29. November 2022 erstellt. Er wurde am 30. September 2023 aktualisiert. Die fachliche Zweitprüfung hat Rechtsanwalt Dr. Tristan Wegner durchgeführt.

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  • Katharina Scharf ist Mitarbeiterin für unseren Karriereblog. Sie bloggt regelmäßig über Themen der juristischen Ausbildung, dem Studium, Examen und Referendariat. Sie kann hierzu aus erster Hand berichten, da sie sich selbst gerade in der Examensvorbereitung befindet und weiß, welche Themen zur juristischen Karriere relevant sind.