Spätestens zum Berufseinstieg fragt sich jeder junge Jurist, welche Kanzlei zu ihm selbst passt. Jeder weiß, dass es verschiedene Kanzleitypen gibt. Nicht jede ist aber für jeden von seinen persönlichen Vorlieben, den erreichten Noten, finanziellen Aspekten oder auch der Work-Life Balance her gleich attraktiv.

Wir wollen in diesem Beitrag die gängigen Kanzleitypen darstellen und ihre Vor- und Nachteile aufzeigen.

Welche Kanzleitypen gibt es?

Grob gegliedert kann man die Kanzleiwelt in folgende Arten von Anwaltskanzleien einteilen.

  • weltweit tätige Großkanzleien (die Größten der Großen, z.B. Freshfields, White & Case)
  • national verankerte Großkanzleien mit einem starken Partner oder Kooperationsnetzwerk weltweit (z.B. CMS Hasche)
  • national tätige Großkanzleien
  • überörtliche mittelständische Anwaltskanzleien, die deutschlandweit beraten
  • Kanzleiboutiquen mit einem starken Spezialisierungsgrad (z.B. O&W Rechtsanwälte)
  • kleine Anwaltskanzleien (mit mind. zwei Anwälten)
  • Einzelanwälte

Insofern lassen sich die unterschiedlichen Kanzleien verschiedenartig kategorisieren. Einerseits kann unterschieden werden zwischen der Anzahl der Mitarbeiter und den Standorten weltweit. Andererseits kann auch danach differenziert werden, welchen Umfang die Tätigkeit hat und ob die Kanzleien bloß lokalen, deutschlandweiten, europaweiten oder gar weltweiten Bezug .

Karriere in der Großkanzlei

Wer bei den ganz großen international tätigen Kanzleien angestellt ist, steht auf der Karriereleiter meist relativ weit unten. Jedenfalls in der Vergangenheit mussten Bewerber, die in großen Anwaltskanzleien anfangen wollten, mindestens zwei Prädikatsexamen aufweisen, eine Promotion oder einen LL.M. mitbringen und mindestens eine Fremdsprache fließend beherrschen.

Zwar hat sich mittlerweile das Anforderungsprofil der großen Anwaltskanzleien im Hinblick auf die Lage am Arbeitsmarkt etwas entschärft, gleichwohl nehmen diese Kanzleien oft nur die Besten der Besten.

Vorteile von Großkanzleien

Die Tätigkeit als Jurist in einer Großkanzlei ist für viele die Krönung des eigenen Karrierewegs. Darüber hinaus gibt es aber weitere Vorteile, die eine Großkanzlei mit sich bringt. Die Mandate sind oft komplex, international und prestigeträchtig. Die Beratung muss auf höchstem Niveau stattfinden und wer Freude daran hat, sich in schwierigen Fragestellungen als Anwalt einzuarbeiten und sich dabei mit den schlausten Köpfen im Team zu umgeben, der wird in einer Großkanzlei genau das finden, was er machen möchte.

Darüber hinaus gehören Großkanzleien natürlich auch zu den Anwaltskanzleien, die die höchsten Gehälter zahlen. Das ist Ihnen schon deswegen möglich, weil eben oft sehr hoch voluminöse Streitigkeiten gehandhabt werden. Wer nach einem langen Studium entsprechend Geld verdienen möchte, für den ist das Gehalt in einer Großkanzlei, dass in vielen Fällen ein Einstiegsgehalt von ca. 120.000 € liegt, sehr attraktiv.

Nachteile von Großkanzleien

Die Nachteile von Großkanzleien liegen auf der anderen Seite aber auch auf der Hand. Das hohe Gehalt muss schließlich auch gerechtfertigt werden.

Dementsprechend sind Arbeitszeiten von mindestens 12 Stunden oftmals die Regel. Aufgrund der internationalen Tätigkeit und Abstimmung mit Mandanten und anderen Beteiligten über verschiedene Zeitzonen hinweg, ist oft auch eine Tätigkeit in den Nachtstunden sehr gerne gesehen.

Zudem bemängeln viele Juristen, die in Großkanzleien gearbeitet haben, dass sie sich nur als Zahnrad einer großen Maschine geführt haben. Das große Ganze steuern sie am Anfang eigentlich niemals mit. Vielmehr haben sie im Rahmen langer Gutachten Spezialprobleme detailliert auszuarbeiten, die dann von anderen Personen – den Partnern oder Seniorpartnern – komplettiert und dem Mandanten präsentiert werden.

Auch der Mandantenkontakt ist in einer Großkanzlei eher eingeschränkt vorhanden. E-Mails müssen vorgeschrieben und dem vorgesetzten Senior-Associate oder Partner vorgelegt werden, sodass eine direkte Rückmeldung nicht möglich ist.

Auch ist das Leben in einer Großkanzlei streng hierarchisch organisiert. Bevor man hier nennenswert eigene Fälle bearbeitet oder an diesen mitwirken kann und wirklich etwas bewegen kann, muss man auf der Karriereleiter weiter aufsteigen.

Nicht zuletzt ist auch ein großer Nachteil, dass man für eine Tätigkeit in kleineren Einheiten nach einer langen Tätigkeit in der Großkanzlei nur bedingt ausgebildet ist. Wer nämlich eine Großkanzlei verlässt und z.B. in eine Kanzleiboutique wechselt, der befasst sich plötzlich ganz alleine und eigenverantwortlich mit einem Fall. Dann müssen neben den juristischen Aspekten auch strategische Fragestellungen im Hinterkopf behalten werden.

Das hat man oft nicht gelernt, wenn man zwar auf sehr hohem juristischen Niveau in der Großkanzlei Aspekte ausgearbeitet hat, in die strategischen Fragestellungen aber nicht einbezogen war.

Karriere in der Kanzleiboutique

Noch vor einigen Jahren gab es Kanzleiboutiquen nur in begrenzter Anzahl. Seinerzeit handelt es sich um wenige Kanzleien, mit ausgewiesener Spezialisierung. Es gab nicht viele von diesen Kanzleien und meist wiesen diese einen loyalen Mandantenstamm auf, der der Kanzlei seit Jahren treu war.

Im Zuge wachsender Unzufriedenheit mit dem System der Kanzleien sind auch viele unzufriedene Associates aus den Kanzleien ausgeschieden und haben sich mit einer eigenen Kanzlei und ihrer Spezialisierung selbstständig gemacht. Auch hierbei handelt es sich um Kanzleiboutiquen, die neudeutsch eher als „Spin-Off“ bezeichnet werden.

Vorteile einer spezialisierten Kanzlei – Experte werden

Die Vorteile einer Kanzleiboutique liegen oft darin, dass hier nur wenige Anwälte arbeiten. Oft lediglich zwischen fünf und zehn Anwälte. Zudem sind die Tätigkeiten der Kanzlei oft spezifisch festgelegt und jeder Mitarbeiter hat damit die Chancen, Experte auf einem Spezialgebiet zu werden. Wir bei O&W Rechtsanwälte verstehen uns beispielsweise auch als Kanzleiboutique und sind auf alle Rechtsfragen rund um den internationalen Transport und Handel spezialisiert.

Natürlich setzt keine Kanzleiboutique voraus, dass Bewerber schon entsprechende Expertise auf dem Fachgebiet gesammelt haben. Schließlich sind die Tätigkeiten von spezialisierten Anwaltskanzleien meist so individuell, dass man hiermit während des Studiums oder Referendariats auch noch keine Berührungspunkte hatte.

Wichtig ist daher eher, dass man ein gesundes Interesse daran hat, sich in neue juristische Probleme hinein zu denken und mit dem Handwerkszeug, dass man über so viele Semester an der Universität gelernt hat, dann eine sinnvolle Lösung zu entwickeln.

Internationaler Bezug ist auch hier möglich

Auch wenn in einer Boutiquekanzlei deutlich weniger Anwälte arbeiten als in einer Großkanzlei, so können die Fälle gleichwohl einen internationalen Bezug haben. Wir bei O&W beispielsweise haben Fragestellungen, die z.B. das Recht von Slowenien oder Japan berühren. Natürlich bearbeiten wir das nicht alles selbst, sondern koordinieren dann mit entsprechenden Kooperationspartnern vor Ort, wobei eine Menge über ausländische Rechtsordnungen gelernt werden kann, wenn man mit den ausländischen Anwälten zusammenarbeitet.

Flache Hierarchien und Einbeziehung in alle Entscheidungen

Die Vorteile einer Kanzleiboutique liegen vor allem darin, dass die Hierarchien relativ flach sind. Es ist in der Regel nicht so, dass alles was ein Berufseinsteiger nach seiner ersten Zeit macht, mehrfach gegengezeichnet werden muss. Vielmehr spielt Vertrauen in einer solchen Größenordnung eine wichtige Rolle.

Vor allem aber ist man in Kanzleien mit entsprechender Spezialisierung auch direkt als Berufseinsteiger in den Fall eingebunden, insbesondere was strategische Entscheidungen anbelangt. Man hat hier die Möglichkeit, eigenverantwortlich Lösungen zu entwickeln und mit dem Mentor der Kanzlei zu besprechen. So bekommt man viel schneller ein Gefühl dafür, wie man als Jurist Fälle zugunsten seiner Mandanten in die richtige Richtung lenken kann.

Auch die Arbeitszeiten sind im Rahmen einer Boutiquekanzlei oftmals deutlich entspannter, als in einer Großkanzlei. Flexiblere Arbeitszeitmodelle sind hier viel häufiger anzutreffen. Auch wird im Urlaub oft nicht erwartet, dass man erreichbar ist. Wer also juristisch auf hohem Niveau arbeiten möchte, es nicht scheut sich in neue spannende Rechtsgebiete einzuarbeiten und dabei auf einen kollegialen Umgang und flexibler Arbeitszeiten Wert legt, für den ist eine spezialisierte Kanzlei wahrscheinlich genau der richtige Weg.

Einen eigenen Bereich aufbauen – geht am ehesten in einer Boutiquekanzlei

Hier bestehen auch deutlich größere Chancen für eine spätere Partnerschaft und den Aufbau einer eigenen Praxisgruppe. Die individuelle Förderung ist oft deutlich ausgeprägter und es besteht in der Regel auch ein großes Interesse der anderen Anwälte einer solch spezialisierten Kanzlei, dass der Nachwuchs sich ein eigenes Standbein aufbaut.

Einstieg in einer Einzelkanzlei

Für manche Absolventen ist eventuell auch der Einstieg in die Kanzlei eines Einzelanwalts interessant. Meist wird dieses vor allem dann der Fall sein, wenn man sich Chancen erhofft, später die Kanzlei übernehmen zu können.

Wer bei einem Einzelkämpfer einsteigt, der kann auch hier – je nach Rechtsgebiet – spannende Fälle finden. Zudem wird man näher als in diesem Fall kaum an die Mandanten und Mandatsarbeit herankommen.

Die Nachteile sind dementsprechend natürlich oft, dass lange Arbeitszeiten leicht entstehen können, weil es im Fall der Fälle keine Kollegen gibt, die im Notfall einspringen können. Von daher wird man in einer solchen Konstellation maximal gefordert.

Auf der anderen Seite entfallen viele Zwänge, wenn man in einer kleinen Einheit unterwegs ist. Hierarchien gibt es (bis auf den Einzelanwalt, für den man arbeitet) keine und es gibt auch keine Reibungsverluste, was die Organisation oder standortübergreifende Thematiken anbelangt.

Allerdings muss man sich auch darüber bewusst sein, dass man in finanzieller Hinsicht eventuell Abstriche machen muss, wobei das natürlich nicht verallgemeinert werden kann. Jedoch sollte man sich neben der Gehaltsfrage auch damit beschäftigen, welche Mandate der Einzelanwalt bearbeitet. Meist handelt es sich bei Einzelkanzleien um die sogenannten „Feld, Wald und Wiesen Kanzleien“, die eher Aspekte wie Vertragsrecht, Arbeitsrecht, Verkehrsrecht, Familienrecht etc. bearbeiten.

Möchtest Du wissen, welche spannenden Fälle man in einer Kanzleiboutique wie O&W Rechtsanwaltsgesellschaft mbH bearbeiten kann?

Dann sprich uns gerne an. Im Rahmen unseres Programms „O&W Inside“ kannst du am Telefon mit uns darüber sprechen, wie die Arbeit bei uns ausschaut.

Natürlich kannst du auch jederzeit gerne für ein paar Stunden bei uns vorbeischauen, um dir ein Bild von unserer Arbeit zu machen.

Dieser Artikel wurde am 16. Juni 2019 erstellt. Er wurde am 03. Oktober 2023 aktualisiert. Die fachliche Zweitprüfung hat Rechtsanwalt Dr. Tristan Wegner durchgeführt.

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  • Katharina Scharf ist Mitarbeiterin für unseren Karriereblog. Sie bloggt regelmäßig über Themen der juristischen Ausbildung, dem Studium, Examen und Referendariat. Sie kann hierzu aus erster Hand berichten, da sie sich selbst gerade in der Examensvorbereitung befindet und weiß, welche Themen zur juristischen Karriere relevant sind.