Kranarbeiten sind in der Großstadt bei Bauarbeiten, auf dem Land bei der Errichtung von Windparks, in den Häfen als Containerbrücken und in der Industrie bei der Errichtung oder Demontage von Anlagen für uns allgegenwärtig – doch wer übernimmt für Schäden die Haftung?
Diese Schäden können an den zu hebenden Gütern, an den Bauwerken oder Anlagen, an den der Kran aufgestellt ist, an Baustelleneinrichtungen, Fahrzeugen, Schiffen oder sonstigen Einrichtungen, die mit der Kranleistung in Berührung kommen oder an dem Kran selbst eintreten.
Interessant ist hierbei immer die Frage, inwieweit der Kranunternehmer oder Auftraggeber für die Schäden haftet.
Fragen zur Haftung bei Kranarbeiten und Kranunfällen?
Unsere Anwälte für Transportrecht bei O&W beraten Sie und Ihr Unternehmen zu möglichen Vertragsgestaltungen und Haftungsrisiken. Sie erreichen unsere Anwälte telefonisch unter +49 40 369615-0
Haftung – Eine Frage der Vertragsgestaltung
Die Frage „Wer haftet beim Kranvertrag?“ richtet sich nach der Rechtsnatur des Vertrages, der Grundlage für die Kranleistung geworden ist.
Hierzu hat das OLG Frankfurt am Main mit Urteil vom 17.03.2020 (Az. 5 U 48/19) interessante Ausführungen zu der bestehenden Rechtsprechung des BGH gemacht, die die Haftungsrisiken der gängigen Vertragsgestaltungen veranschaulicht.
Fahrfehler beim Kranführer
In dem zu entscheidenden Fall hatte die Versicherung eines Kranunternehmens Schadensersatz für den Totalschaden am Raupenkran eingeklagt.
Bei der Beklagten handelte es sich um eine Firma die Windparks in Deutschland errichtet.
Der Kran, ein sog. Raupenkran, mit einer Hubhöhe von fast 200m und einer maximalen Traglast von 600 Tonnen, wurde auf der Baustelle der Beklagten für die Errichtung von Windkrafträdern eingesetzt, um die tonnenschweren Gondeln der Windräder und die Rotorblätter auf 150m Höhe zu hieven.
Aufgrund eines fahrlässigen Fahrfehlers des Kranführers beim Versetzen des Krans ist dieser umgekippt und es entstanden ein Totalschaden und erhebliche Bergungskosten.
Der Kranfahrer war allerdings bei dem ausführenden Kranunternehmen, der Versicherungsnehmerin, beschäftigt und hat den Schaden als Angestellter des Auftragnehmers fahrlässig verursacht.
Auf den ersten Blick erscheint es somit ziemlich widersinnig, diejenige, die die Kranarbeiten beauftragt hat, für Schäden am Kran in Anspruch zu nehmen.
Der Totalschaden des Krans stammt schließlich auf den ersten Blick nicht aus dem Einflussbereich des Auftragnehmers.
Vertragstyp bei Kranarbeiten
Grundsätzlich stellt die Stellung eines Krans samt Kranführer für Kranarbeiten einen Werkvertrag in Form eines Frachtvertrags dar. Bei diesem schuldet der Auftragnehmer einen konkreten Erfolg, nämlich die Ortsveränderung des beförderten Gutes.
Diese Vertragsnatur kann jedoch durch die konkrete Ausgestaltung des Vertrags so abgeändert werden, dass sich die Haftungsrisiken für die Parteien verschieben können. Und das, obwohl schlussendlich derselbe Erfolg eintreten soll.
So hat auch der BGH mehrere Vertragstypen und Mischverträge für möglich gehalten, sofern es um die entgeltliche Überlassung eines Krans bei gleichzeitiger Gestellung von Bedienpersonal geht.
Je nach Ausgestaltung der Vertragsbeziehung kann es laut BGH folgende Vertragstypen geben:
- Mietvertrag verbunden mit einem Dienstverschaffungsvertrag,
- Mietvertrag verbunden mit einem Dienst- oder Werkvertrag oder
- Mietvertrag, Dienstvertrag oder Werkvertrag in vollem Umfang
Maßgeblich ist, welche der Leistungen dem Vertrag das Gepräge geben, wie also die konkrete Leistungserbringung durch den Vertrag geregelt wird.
Vertragstypen bei Kranarbeiten?
Ein Vertrag über die Durchführung von Kranarbeiten kann sowohl ein
- Werkvertrag,
- Dienstvertrag
- Mietvertrag oder
- Mietvertrag mit Dienstverschaffungsvertrag sein.
Grundsätzlich von Bedeutung sind hier wohl die Ausgestaltung als Werk-, Miet- oder gemischten Vertrag in Form von Miet- und Dienstvertrag.
Kranarbeiten als Werkvertrag bzw. Frachtvertrag
Ein Werkvertrag liegt dann vor, wenn der Kranunternehmer einen konkreten Erfolg schuldet, z.B. der Hub des Gutes, den der Kranführer eigenverantwortlich durchführt.
Hierbei hat, je nach Ausgestaltung des konkreten Vertrags, der Werkunternehmer auch die für die Kranarbeiten erforderlichen Vorbereitungen zu leisten. Dazu gehört u.a. die Verdichtung des Kranplatzes.
Für das Vorliegen eines Werkvertrags sprechen z.B. folgende Faktoren:
- Vereinbarung eines Pauschalbetrags für die Leistungserbringung
- Personal des Auftragnehmers führt die Kranarbeiten eigenverantwortlich nach der Planung des Auftragnehmers durch
- Personal des Auftragnehmers ist nicht den Weisungen des Auftraggebers unterstellt
Kranarbeiten als Mietvertrag
Ein Mietvertrag liegt vor, wenn es lediglich um die Gestellung des Krans in ordnungsgemäßem Zustand geht. Die Überlassung des Kranführers oder sonstige vorbereitende Arbeiten schuldet der Auftragnehmer explizit nicht.
Kranarbeiten als Mietvertrag mit Dienstverschaffungsabrede
Demzufolge liegt ein Mietvertrag mit Dienstverschaffungsvertrag bei folgender Konstellation vor:
- Durchführung der Arbeiten liegt ausschließlich bei dem Mieter und
- das vom Vermieter gestellte Bedienungspersonal ist den Weisungen des Bestellers unterworfen
Für einen Mietvertrag mit Dienstverschaffung sprechen z.B. folgende Faktoren:
- Abrechnung in Tages- und Stundensätzen für Gerät und die zur Verfügung gestellten Leute
- konkretes Weisungsrecht des Auftraggebers gegenüber dem ausführenden Personal
Diese Vertragsform hat für den Kranunternehmer vor allem Vorteile im Hinblick auf die Haftung:
Bei einem Mietvertrag mit Dienstverschaffungsabrede haftet der Kranunternehmer in der Regel nicht für Schäden an dem Gut oder für Schäden, die seine Leute vorsätzlich oder fahrlässig verursachen.
Der Kranunternehmer schuldet nur:
- die Stellung des funktionsfähigen und ordnungsgemäß gewarteten Krans und
- die Auswahl geeigneter Leute.
In diesem Fall kann der Kranunternehmer selbst auch vom Auftraggeber Schadensersatz verlangen, wenn bei den Arbeiten z.B. der Kran beschädigt wird.
In dem oben geschilderten Fall, hat das Gericht nach umfangreicher Auslegung der Verträge und des Schriftverkehrs zwischen den Parteien entschieden, dass die Parteien einen Werkvertrag geschlossen hatten.
Somit stand der Klägerin bzw. deren Versicherungsnehmerin kein Schadensersatz wegen des umgestürzten Raupenkrans zu.
Hätte es sich jedoch um einen gemischten Miet- und Dienstvertrag gehandelt, so hätte die Klägerin sehr wohl ein Schadensersatzanspruch wegen Zerstörung der Mietsache gegen die Beklagte gehabt.
Kranarbeiten: Vertragstyp & Folgen für Unternehmen
Für den Kranunternehmer als auch den Auftraggeber von Kranleistungen hat die jeweilige Ausgestaltung des Vertrags erhebliche Auswirkungen.
Dies können sowohl Vor- als auch Nachteile sein. Welche Vertragsvariante gewählt werden sollte, hängt von dem konkret durchzuführenden Auftrag und den jeweils hiermit verbundenen Risiken und Kosten ab.
Kranunternehmer: Vorteile & Risiken Werkvertrag!
Vorteile für Kranunternehmer:
- die eigenverantwortliche Ausführung und
- die bessere Planbarkeit hinsichtlich zu erzielendem Gewinn.
Risiken für Kranunternehmer:
Gleichzeitig beinhaltet der Werkvertrag aber auch ein Haftungsrisiko für den Kranunternehmer in Bezug auf:
- die Beschädigung am zu hebenden Gut,
- die Beschädigung von umliegenden Gebäuden, Fahrzeugen etc. und
- Kosten für etwaige Schäden am Kran.
Kranunternehmer: Vorteile & Risiken Mietvertrag mit Dienstverschaffung!
Vorteile für Kranunternehmer: geringere Haftung
Denn bei einem Mietvertrag mit Dienstverschaffung wird regelmäßig der Auftraggeber für Schäden am Gut als auch am Kran haften.
Risiken für Kranunternehmer:
Eine solche Abrede beinhaltet gleichzeitig das Risiko für größere Streitpunkten hinsichtlich der konkreten Durchführbarkeit als auch Durchführung selbst.
Gerne beraten die Anwälte aus dem Transportrecht von O&W Sie als Kranunternehmer sowie auch als Auftraggeber ausführlich bezüglich der Vorteile und Risiken der einzelnen Ausgestaltungsmöglichkeiten.
Zusammen mit Ihnen erarbeiten wir diese projektbezogen, damit einer erfolgreichen und klaren Zusammenarbeit bei Nichts im Wege steht.
Gerne unterstützen unsere Anwälte für Transportrecht Sie und Ihr Unternehmen bei Fragen zu Vertragstypen und Haftung bei Kranarbeiten.
Dieser Artikel wurde am 9. September 2021 erstellt. Die fachliche Zweitprüfung hat Rechtsanwalt Dr. Tristan Wegner durchgeführt.
Ihr Ansprechpartner
- Dr. Tristan Wegner ist seit 2013 als Rechtsanwalt im internationalen Handels- und Transportrecht tätig und hat über 10 Jahre Erfahrung. Er ist Fachanwalt für Transport- und Speditionsrecht. Er ist geschäftsführender Partner der Kanzlei. Herr Dr. Wegner war für eine international führende Kanzlei im Zoll– und Außenwirtschaftsrecht sowie für die Zollfahndung tätig und hat zum internationalen Handel promoviert. Rechtsanwalt Dr. Wegner ist regelmäßig in der Fachpresse und veröffentlicht Aufsätze. Er ist Mitglied im Versicherungswissenschaftlichen Verein Hamburg, der Deutschen Initiative junger Schiedsrechtler (DIS40) sowie dem Europäischen Forum für Außenwirtschaft, Verbrauchsteuern und Zoll, dem Verein für Seerecht und der GMAA. Er ist zudem Dozent und Lehrbeauftragter an der Universität Hamburg.