Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat sich in einem Urteil in 2018 mit der Frage nach der Haftung eines Luftfrachtführers beschäftigt. 

Der Zoll in Mexiko vernichtete eine Sendung, weil diese wegen fehlender Zollpapiere nicht verzollt werden konnte.

Der Luftfrachtführer haftet hier nur beschränkt für den Verlust der Sendung – denn die Verzollung ist Bestandteil des Luftfrachtvertrages – ein Anwendungsfall für das Montrealer Übereinkommen (MÜ).

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Fehlende Zollpapiere – Zoll vernichtet Sendung 

In dem Verfahren verklagte ein Transportversicherer ein Paketdienstunternehmen. Das Paketdienstunternehmen war beauftragt worden, eine Sendung der Klägerin von Deutschland nach Mexiko zu befördern. 

Das Unternehmen holte die Sendung mit dem LKW ab, beförderte sie dann zum Flughafen Köln und veranlasste den Transport per Flugzeug nach Mexiko.

In Mexiko angekommen, sollte das Paketdienstunternehmen die Verzollung übernehmen. Zu diesem Zweck beförderte das Unternehmen das Transportgut in ein Zollager der mexikanischen Behörden am Flughafen. 

Das Problem: Es fehlten Zollpapiere und die Verzollung konnte nicht durchgeführt werden. 

Der Zoll in Mexiko vernichtete die Ware daraufhin nach Ablauf einer Frist von 60 Tagen.

Haftung als Spediteur und Frachtführer?

In der Folge verlangte der Transportversicherer Schadensersatz vom Paketdienstunternehmen. Das Landgericht Düsseldorf bewilligte diesen auch – allerdings nur in Höhe von 11.572 Euro. Nach Ansicht des Gerichts haftet das Paketdienstunternehmen nur beschränkt. 

Gegen dieses Urteil legte der Transportversicherer Berufung ein. Als Begründung gab er an, dass die Pflichten des Paketdienstunternehmens in seiner Funktion als Spediteurin getrennt zu beurteilen seien von denen als Frachtführerin. 

Als Spediteurin habe sie die fehlgeschlagene Verzollung leichtfertig verursacht.

Zudem sei die Aufgabe der Verzollung auch Teil des vertraglich geschuldeten Landtransportes – dieser habe bereits vor der Luftbeförderung in Deutschland begonnen und sei in Mexiko nach Ankunft am Flughafen wieder aufgenommen worden. 

Beschränkte Haftung nach Montrealer Übereinkommen

Das Gericht sah das anders. Das Paketdienstunternehmen sei für den Verlust der Sendung nur beschränkt haftbar. Eine weitergehende und unbeschränkte Haftung sei ausgeschlossen. 

Gesetzliche Grundlage dafür ist das Montrealer Übereinkommen, das u.a. auch die Haftung bei Beförderung im internationalen Luftverkehr regelt und hier vorrangig vor anderen Haftungsregimen Anwendung findet. 

Das Gericht bestätigte: Der Luftfrachtführer haftet für die Vernichtung des Transportguts nur beschränkt nach dem Übereinkommen. 

Voraussetzung dafür ist aber, dass der Schaden während der Obhutszeit des Luftfrachtführers eingetreten ist.

Was aber bedeutet das konkret?

Verzollung gehört zum Luftfrachtvertrag

Das Transportgut müsste, auch wenn es sich bereits im Zollager zur Verzollung befindet, in den alleinigen Herrschaftsbereich des Frachtführers fallen. 

Und so war es auch in diesem Fall: Die Verzollung sei alleinige Angelegenheit des Frachtführers, so das Gericht. 

Der Frachtführer ist vertraglich für die Luftbeförderung verantwortlich. Die Verzollung sei Bestandteil des Luftfrachtvertrages.

Denn die Verzollung sei in diesem Zusammenhang eine beförderungsnahe vertragliche Leistungsphase und Teil des Multimodalvertrages. Damit gehöre sie auch zum Luftfrachtvertrag, so das Gericht.

Der Luftfrachtvertrag sei daher auch erst dann erfüllt, wenn der Luftfrachtführer die Sendung an den berechtigten Empfänger abgeliefert habe.

Wenn die Sendung das Zollager erreicht, gehört diese also trotzdem noch in die Obhut des Luftfrachtführers. 

Für den Zoll bedeutet das: Er ist zum Schutz und zur Herausgabe der Ware an den Frachtführer verpflichtet.

Verzollung & Luftfrachtvertrag

Die Verzollung gehört hier zum Luftfrachtvertrag – daher haftet der Frachtführer bei der Vernichtung der Ware durch den Zoll nur beschränkt nach dem Montrealer Übereinkommen.

Beweispflicht

Der Luftfrachtführer kann in dem Fall also von einer Haftungsprivilegierung profitieren.

Dafür muss er aber auch nachweisen können, dass der Verlust der Sendung auch durch hoheitliches Handeln im Zusammenhang mit der Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr der Ware eingetreten ist – z.B. wie hier durch die Vernichtung durch den Zoll. 

Tritt der Verlust oder anderweitiger Schaden an der Ware aber ein, weil der Frachtführer einen Mangel in der Transportdurchführung zu vertreten hat, dann muss er volle Haftung übernehmen.

Dieser Artikel wurde am 23. Oktober 2020 erstellt. Er wurde am 04. April 2021 aktualisiert. Die fachliche Zweitprüfung hat Rechtsanwalt Dr. Tristan Wegner durchgeführt.

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  • Dr. Tristan Wegner ist seit 2013 als Rechtsanwalt im internationalen Handels- und Transportrecht tätig und hat über 10 Jahre Erfahrung. Er ist Fachanwalt für Transport- und Speditionsrecht. Er ist geschäftsführender Partner der Kanzlei. Herr Dr. Wegner war für eine international führende Kanzlei im Zoll– und Außenwirtschaftsrecht sowie für die Zollfahndung tätig und hat zum internationalen Handel promoviert. Rechtsanwalt Dr. Wegner ist regelmäßig in der Fachpresse und veröffentlicht Aufsätze. Er ist Mitglied im Versicherungswissenschaftlichen Verein Hamburg, der Deutschen Initiative junger Schiedsrechtler (DIS40) sowie dem Europäischen Forum für Außenwirtschaft, Verbrauchsteuern und Zoll, dem Verein für Seerecht und der GMAA. Er ist zudem Dozent und Lehrbeauftragter an der Universität Hamburg.