Die Hafenüberlastung (port congestion) kommt nicht sehr oft vor, wenn es aber einmal der Fall ist, sind die Auswirkungen oft erheblich. Denn sind die Häfen überlastet und müssen Schiffe auf Reede bleiben, können schnell viele Folgekosten entstehen und die Sendungen könne nicht rechtzeitig ausgeliefert werden.

So gab es beispielsweise im Jahre 2015 in den vereinigten Staaten von Amerika aufgrund eines Streiks und schwelenden Tarifkonflikten wochenlange Arbeitsniederlegungen, die zu port congestion führten und des summierten sich erhebliche Container-Demurrage und Container-Detention Forderungen und Überliegegelder auf. Damals beriefen sich zahlreiche Reeder und Spediteure wegen der port congestion auf force majeure.

Auch der Reeder wird sich auf höhere Gewalt bei port congestion berufen

Kommt es zu Überlastung von Häfen (port congestion) wird sich der Reeder auf höhere Gewalt berufen, sodass er sich von Lieferfristüberschreitungen und Verspätungsschäden freizeichnen wird.

Nach den Konnossementsbedingungen behalten sich die carrier in der Regel auch das Recht vor, jede Buchung oder jeden Vertrag aufzukündigen, wenn es zu port congestion kommt.  Manche B/L-terms gehen auch so weit, dass nach Wahl des Verfrachters, die Ladung während zu einem anderen Löschhafen oder Bestimmungsort umgeleitet werden kann und der shipper alle damit verbundenen Mehrkosten selbst tragen muss.

In den USA beriefen sich damals viele Schifffahrtsgesellschaften auf höhere Gewalt, nachdem die Hafenaktivitäten in New York und New Jersey eingestellt wurden, und viele Container wurden in alternative Häfen wie Baltimore und Norfolk umgeleitet. Alleine 6.000 Container wurden damals zu den Terminals in Virginia umgeleitet. Spediteure mussten dann erst einmal kläre, wie man alle diese Container an ihren ursprünglichen Bestimmungsort zurückbringen kann.

Haftung für port congestion besser nicht übernehmen

Die Verstopfung von Seehäfen und der Rückstau in der Schiffsabfertigung ist speziell auch ein Problem für beteiligte Projektspediteure, speziell im Anlagenbau. Denn gerade bei der Verschiffung im Anlagenbau ist es von außerordentlicher Bedeutung, dass die einzelnen Lots rechtzeitig auf der Baustelle ankommen. Kommt es zur Verstopfung des Seehafens, so wird der Spediteur gegebenenfalls von seinem Kunden in Anspruch genommen.

Es ist dann wichtig, dass der Spediteur in seinem Logistikvertrag nicht die Haftung für verstopfte Seehäfen übernommen hat. Mitunter sehen Logistikverträge von Großunternehmen eine Haftung des Spediteurs vor.

Merke: Die Klausel zu höherer Gewalt im Logistikvertrag sollte so spezifisch sein, dass nicht nur die Haftung für Streiks ausgeschlossen ist, sondern auch für die Folgen des Streiks, wie eben port congestion .

Selbst wenn die Haftung nicht übernommen ist, so wird der Spediteur sich aber selbst auf höhere Gewalt berufen wollen, um gegenüber seinem Kunden nicht schadensersatzpflichtig zu werden. Allerdings sollte der Logistikvertrag die Folgen des Eintretens eines solchen Ereignisses darlegen. Wenn beispielsweise nur „Streik“ als Ereignis höherer Gewalt aufgeführt ist, jedoch nicht die Folge der „port congestion“ so wird es später eventuell Streitigkeiten um die Reichweite der Klausel geben.

Dieser Artikel wurde am 4. Mai 2019 erstellt. Die fachliche Zweitprüfung hat Rechtsanwalt Dr. Tristan Wegner durchgeführt.

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  • Dr. Tristan Wegner ist seit 2013 als Rechtsanwalt im internationalen Handels- und Transportrecht tätig und hat über 10 Jahre Erfahrung. Er ist Fachanwalt für Transport- und Speditionsrecht. Er ist geschäftsführender Partner der Kanzlei. Herr Dr. Wegner war für eine international führende Kanzlei im Zoll– und Außenwirtschaftsrecht sowie für die Zollfahndung tätig und hat zum internationalen Handel promoviert. Rechtsanwalt Dr. Wegner ist regelmäßig in der Fachpresse und veröffentlicht Aufsätze. Er ist Mitglied im Versicherungswissenschaftlichen Verein Hamburg, der Deutschen Initiative junger Schiedsrechtler (DIS40) sowie dem Europäischen Forum für Außenwirtschaft, Verbrauchsteuern und Zoll, dem Verein für Seerecht und der GMAA. Er ist zudem Dozent und Lehrbeauftragter an der Universität Hamburg.