Am 09. September 2021 tritt die neue Dual-Use-Verordnung nach einem langen Gesetzgebungsverfahren in Kraft.

Das Reformvorhaben hat sich nun über mehrere Jahre gezogen und verfolgt schwerpunktmäßig Änderungen und Verschärfungen in den Themenbereichen

  • Kontrolle von Überwachungsgütern im Zusammenhang mit Menschenrechtsverletzungen,
  • Sorgfaltspflichten der Ausführer,
  • Technischer Fortschritt und EU-einheitliches Agieren,
  • Aufnahme der Regeln für technischen Unterstützung,
  • Allgemeine Genehmigungen und
  • Transparenz.

Die wohl wichtigste Neuerung betrifft die Einführung einer neuen „Catch-all“-Klausel. Diese weiten die Genehmigungspflicht auf nicht im Anhang I genannte Güter mit doppeltem Verwendungszweck aus und erlegen Ausführern umfangreichere Prüfpflichten als bisher auf.

Weil beim Export von „Dual-Use-Gütern“, also Gütern mit doppeltem Verwendungszweck, strenge gesetzliche Ausfuhrbestimmungen gelten und bei Verstößen empfindliche Strafen drohen, sollten sich Unternehmen und insbesondere Ausführer rechtzeitig mit den Änderungen vertraut machen.

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Die Anwälte von O&W aus dem Außenwirtschaftsrecht beraten Sie und Ihr Unternehmen gerne und beantworten Ihre Fragen rund um das Thema Dual Use und Exportkontrolle! Sie erreichen unsere Anwälte telefonisch unter +49 40 369615-0.

Was ist die Dual-Use-Verordnung?

Die Dual-Use-Verordnung regelt EU-weit bestimmte Genehmigungspflichten und Verfahrensgänge für die Ausfuhr von Waren mit doppeltem Verwendungszweck. 

Damit sind Güter gemeint, die sowohl für zivile als auch militärische Zwecke eingesetzt werden können, so zum Beispiel

  • Luftfahrtelektronik,
  • Schiffstechnik,
  • aber auch Laser, die üblicherweise zu zivilen Zwecken in Druckern eingesetzt werden.

Ziel der Dual-Use-Verordnung ist es, eine wirksame und effektive Exportkontrolle zu schaffen, die die Sicherheit im freien Außenwirtschaftsverkehr weltweit gewährleisten soll.

Die derzeitige Dual-Use-Verordnung der EU stammt aus dem Jahr 2009 und ist Kritikerstimmen zufolge deshalb nicht mehr zeitgemäß.

Die Entstehung von massiven globalen Datennetzen, die anfällig für Angriffe sind sowie die wachsende Verfügbarkeit von Cybertools und Informations- und Kommunikationstechnologien machen neue Regelungen und Ausfuhrbeschränkungen notwendig.

Zudem gab es verstärkt Hinweise darauf, dass Überwachungstechnologien, die aus der EU exportiert wurden, in falsche Hände gelangten. So sollen diese vor allem im Zusammenhang mit den Ausschreitungen im „Arabischen Frühling“ und bei bewaffneten Konflikten zur Begehung von schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen eingesetzt worden sein.

Gesetzesänderungen werden bereits seit 2016 von der Europäischen Kommission, den Mitgliedstaaten und dem EU-Parlament diskutiert und sollen 2021 endlich umgesetzt werden. Die Corona-Pandemie hatte den Reformierungsplänen unerwartet eine Zwangspause verordnet.

Dual-Use-Verordnung 2021: Die Änderungen

Um den neuen technologischen Entwicklungen gerecht zu werden, wurde die Verordnung VO (EG) Nr. 428/2009 überarbeitet und nunmehr durch die neue Verordnung (EU) 2021/821 vom 20. Mai 2021 ersetzt.

Oberstes Ziel der neuen Dual-Use-Verordnung ist es, durch schärfere Dual-Use-Kontrollen und Ausfuhrbestimmungen die Verbreitung nuklearer, chemischer und biologischer Waffen sowie der Trägersysteme zu verhindern. Insbesondere in den politisch instabilen Regionen und Ländern, um langfristig für mehr Sicherheit und Frieden zu sorgen.

Zudem sollen die Menschenrechte wie bereits in anderen Wirtschaftsbereichen geschützt und gestärkt werden.

Der EU-Kommission war dabei aber auch bewusst, dass europäische Exporteure bei den neuen Regelungen nicht auf der Strecke bleiben können und versucht mit dem neuen Regelwerk auch die wirtschaftlichen Interessen und die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu berücksichtigen.

Was aber sind die wichtigsten Änderungen & was müssen Unternehmen beachten?

Dual-Use-Verordnung 2021 - Das ist neu!

  • Neue „catch-all“-Klausel zum Schutz der Menschenrechte
  • Neue Regelungen beim Brokering
  • Erbringung technischer Unterstützung“ mit Dual-Use-Gütern genehmigungspflichtig
  • Güterlisten von anderen EU-Mitgliedstaaten als zusätzlicher Prüfungsmaßstab für Ausführer
  • 2 neue EUAllgemeingenehmigungen dienen der Erleichterung
  • Schärfere Kontrollvorschriften für Ausfuhren bestimmter digitaler Abhör- und Überwachungstechnik
  • Regelungen zur stärkeren Bekämpfung der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen
  • Leitlinien zur Unterstützung der interinstitutionellen Zusammenarbeit zwischen Genehmigungs- und Zollbehörden
  • Mehr Transparenz im Jahresbericht der EU-Kommission

Außerdem muss berücksichtigt werden, dass die Regelungen in der Neufassung der Dual-Use Verordnung teilweise anders nummeriert sind – insofern ist Präzision geboten, wenn man sich bei der Antragstellung auf bestimmte Regelungen bezieht und diese zitiert.

Was unverändert bestehen bleibt, sind die Genehmigungspflichten für solche Güter, die in Anhang I der Verordnung aufgeführt sind.

Ausführer müssen also nach wie vor Ausfuhrvorhaben gegen die Güterlisten prüfen, um nicht entgegen einer Genehmigungspflicht Waren zu exportieren und einen Verstoß gegen Ausfuhrbestimmungen zu riskieren.

Denn kurz gesagt: Wer ohne eine Ausfuhrgenehmigung ausfuhrgenehmigungspflichtige Güter exportiert, muss mit einem Bußgeld von bis zu 500.000 Euro rechnen, je nach Schwere des Verstoßes.

Neue catch-all-Klausel

Aber auch für nicht gelistete Dual-Use-Güter kann es unter Umständen eine Genehmigungspflicht für die Ausfuhr oder auch reine Vermittlung geben – diese werden in Auffangklauseln, den sogenannten „Catch-all-Klauseln“, erfasst.

Was sind “Catch-All-Klauseln”?

“Catch-All” bedeutet, dass auch nicht gelistete Güter ausfuhrgenehmigungspflichtig sein können, weil sie aufgrund ihres spezifischen Verwendungszwecks ein erhöhtes Gefahrenpotenzial für eine zweckfremde Endverwendung tragen, vor allem in politisch instabilen Ländern.

Unter dem Begriff „Catch-all“ versteht man den Umstand, dass die Ausfuhr von nicht-gelisteten Gütern unter bestimmten Umständen und unter Berücksichtigung des kritischen Verwendungszweckes genehmigungspflichtig werden kann.

  • Grundsätzlich ausfuhrgenehmigungspflichtig sind Dual-Use-Güter, also die gelisteten Güter, z.B. im Anhang der Dual-Use-Verordnung
  • Ausnahmsweise ausfuhrgenehmigungspflichtig sind Single-Use-Güter, also nicht gelistete zivile Waren, wenn sie aufgrund ihres spezifischen kritischen Verwendungszweckes für eine militärische Endverwendung bestimmt ist und in ein Land exportiert werden soll, dem gegenüber ein Waffenembargo ausgesprochen wurde.

Menschenrechtsverletzung als neuer Rechtfertigungsgrund

So sieht die neue Verordnung vor, das Kriterium der Menschenrechtsverletzung als ausdrückliche Rechtfertigung für die Exportkontrolle bei Gütern für digitale Überwachung einzuführen.

Was sind Güter für digitale Überwachung?

Güter mit doppeltem Verwendungszweck, die besonders dafür konstruiert sind, die verdeckte Überwachung natürlicher Personen durch Überwachung, Extraktion, Erhebung oder Analyse von Daten aus Informations- und Telekommunikationssystemen zu ermöglichen.

Ausführer müssen deswegen ihre Compliance-Programme und Ausfuhrkontrollen im Bereich von digitalen Überwachungstechnologien verschärfen:

Denn nur weil es sich um nicht gelistete Überwachungsgüter handelt, besteht noch lange kein Freibrief für die Ausfuhr.

Der Artikel 5 der neuen Verordnung sieht nämlich vor, dass Exporteure eine besondere Notfizierungspflicht (und auch Handlungspflicht) trifft und regelt diesbezüglich eine spezielle Genehmigungspflicht für die Ausfuhr nicht gelisteter digitaler Überwachungstechnologien, sogenannte „cyber surveillance items“.

Wann aber besteht eine Genehmigungspflicht für solche Güter?

Immer dann, wenn der Ausführer im Rahmen seiner Sorgfaltspflichten (!) Kenntnis davon erlangt oder hätte erlangen können, dass seine Ware „zur Verwendung im Zusammenhang mit interner Repression und/oder der Begehung schwerwiegender Verstöße gegen die Menschenrechte und das humanitäre Völkerrecht bestimmt sind oder bestimmt sein können.

Sind diese Voraussetzungen gegeben, muss das Unternehmen die zuständige Behörde – in Deutschland ist das BAFA zuständig – unterrichten. Das BAFA wird dann über die Genehmigungspflicht entscheiden.

Wenn das ausführende Unternehmen im Vorfeld vom BAFA selbst informiert und über diesen Umstand in Kenntnis gesetzt worden ist, besteht von vorneherein eine Ausfuhrgenehmigungspflicht für die betroffene digitale Ware.

Problematisch wird es für EU-Exporteure dann, wenn es diesen im Rahmen ihrer eigenen Sorgfaltspflichten obliegt, zu beurteilen, wann eine solche schwere Menschenrechtsverletzung vorliegt.  

Auf der Seite der Technologieindustrie gab es deswegen im Vorwege auch Bedenken. Sie fürchtet durch die Regelung gegenüber nicht-europäischen Konkurrenten benachteiligt zu werden.

Die Herausforderung wird also unter anderem darin bestehen, einen angemessenen Ausgleich zwischen Sicherheitsaspekten und einer unnötigen und unverhältnismäßigen Beschränkung der Technologie-Industrie zu finden. Sicherheit und Handel sollten dabei stets im Gleichgewicht zueinander stehen.

Technische Unterstützung auf EU-Ebene

Außerdem wird auf EU-Ebene erstmals die Erbringung technischer Unterstützung von der Dual-Use-Verordnung aufgegriffen und reglementiert.

Deutsche Exporteure kennen diese Regelung bereits aus dem deutschen Außenwirtschaftsrecht (siehe §§ 49ff AWV).

Ab dem 09. September 2021 benötigt man auch nach EU-Vorgaben (Artikel 8 der Verordnung) eine Genehmigung, wenn eine technische Unterstützung im Zusammenhang mit gelisteten Gütern erfolgen soll.

Was fällt unter den Begriff „technische Unterstützung“?

Unter technische Unterstützung ist jede technische Hilfe im Zusammenhang mit Reparaturen, Entwicklung, Herstellung, Montage, Erprobung, Wartung oder jeder anderen technischen Dienstleistung zu verstehen.

Dabei kann die technische Hilfe als Weitergabe unverkörperter Kenntnisse und Fähigkeiten in Form der Unterweisung, Ausbildung, Weitergabe oder in Form von Beratungsleistungen erfolgen mittels elektronischer Träger, telefonischer Unterstützung sowie in mündlicher Form.

Unter den Begriff der technischen Unterstützung fällt also knapp formuliert der Know-how-Transfer und die manuelle Dienstleistung im Zusammenhang mit den gelisteten Gütern im Anhang I der Dual-Use-Verordnung in Kenntnis oder Unterrichtung über die Verwendung im Sinne von Artikel 4 der Verordnung gemeint.

Da diese Definition sehr weit ausfällt, gewährt die EU Ausnahmen von der Genehmigungspflicht in Bezug auf

  • Länder für die die AG EU001 genutzt werden kann
  • Grundlagenforschung
  • allgemein zugängliche Informationen sowie
  • ein notwendiges Minimum an Gütern, für die eine Genehmigung erteilt wurde.

Wichtig ist außerdem die Abgrenzung zwischen der Erbringung technischer Unterstützung im Ausland und der Ausfuhr oder Verbringung von Technologie ins Ausland:

  • Die Erbringung technischer Unterstützung im Ausland ist die Weitergabe unverkörperter Erkenntnisse, vor allem in Form der mündlichen Weitergabe von Informationen (also z.B. auch die mündliche Unterweisung eines Kollegen am Forschungsinstitut).
  • Die Ausfuhr oder Verbringung von Technologie hingegen liegt in der grenzüberschreitenden Weitergabe verkörperter Technologie. Hierzu gehört z.B. auch das Absenden einer E-Mail ins Ausland oder das Hochladen von Inhalten in eine im Ausland abrufbare Cloud, da die Technologie, nicht aber der Übertragungsweg selber verkörpert sein muss.).

Was den Ort der Erbringung anbelangt, so muss diese

  • vom Zollgebiet aus
  • innerhalb eines Drittlandes
  • gegenüber zeitweise im Zollgebiet
  • aufhaltenden Personen erfolgen.

Eine weitere Einschränkung ergibt sich daraus, dass die Weitergabe von Informationen einer konkreten Güterlistennummer zugeordnet werden muss.

Außerdem muss es einen erkennbaren und konkreten Bezug zu der kritischen bzw. sensiblen Verwendung geben, die der Artikel 4 Absatz 1 der EG-Dual-Use-Verordnung aufführt.

Darunter fällt u.a. die Verwendung im Zusammenhang mit

  • Massenvernichtungswaffen und Flugkörpern außerhalb der EU sowie
  • die konventionelle militärische Endverwendung in Waffenembargoländern.

Außerdem muss der Ausführer selbst von dieser Verwendung Kenntnis haben oder aber durch das BAFA unterrichtet worden sein.

Im Ergebnis bedeutet das, dass es für die Beurteilung einer Genehmigungspflicht in Bezug auf die Erbringung technischer Unterstützung immer auf den Einzelfall ankommen wird.

Hier sollte deshalb dringend rechtliche Beratung durch einen Anwalt im Außenwirtschaftsrecht stattfinden, der die notwendige Expertise und Erfahrung auf dem Gebiet der Exportkontrolle mitbringt.

Brokering: Tochterunternehmen außerhalb der EU

Die neue Verordnung enthält auch Neuerungen zu Vermittlungsgeschäften, dem sogenannten Brokering.

Die Definition wurde insbesondere dahingehend erweitert, dass auch Gebietsfremde als Vermittler gelten, sofern sie Dienstleistungen vom Zollgebiet der EU aus erbringen.

Damit fallen auch Vermittlungsdienste, die von Nicht-EU-Angehörigen innerhalb der EU erbracht werden, unter das Brokering.

Bedeutung hat die Erweiterung vor allem auch für Tochtergesellschaften von EU-Unternehmen, die ihren Sitz außerhalb der Union haben.

Zu den Vermittlungstätigkeiten zählt die Dual-Use-Verordnung

  • die Aushandlung oder das Herbeiführen von Transaktionen zum Kauf, zum Verkauf oder zur Lieferung von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck von einem EU-Ausland in ein anderes Drittland oder
  • den Verkauf oder Kauf von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck, die sich in Drittländern befinden, zwecks Verbringung in ein anderes Drittland

Ausdrücklich hiervon nicht erfasst ist die ausschließliche Erbringung von Hilfeleistungen, also

  • die Beförderung,
  • Finanzdienstleistungen,
  • Versicherung oder Rückversicherung oder
  • allgemeine Werbung oder Verkaufsförderung.

Neue EU-Allgemeingenehmigungen

Einige Unternehmen werden auch von der Reform profitieren. Die EU hat den Kreis der Allgemeingenehmigungen um zwei neue erweitert, so gibt es ab dem 09. September 2021

  • die Allgemeingenehmigung EU007 und
  • die Allgemeingenehmigung EU008.

Was sind Allgemeingenehmigungen?


Allgemeine Genehmigungen (AGG) sind besondere Ausfuhrgenehmigungen, die den Export ohne einen gesonderten Antrag des Ausführers von Amts wegen gestatten. Erfüllt die Ausfuhr die Voraussetzungen der jeweiligen Allgemeinen Genehmigung, ist die Ausfuhr automatisch genehmigt.

Unternehmen können im AGG-Finder des BAFA herausfinden, ob der Ausfuhrvorgang von einer Allgemeinen Genehmigung erfasst wird oder nicht.

Die Allgemeingenehmigung EU 007 ermöglicht Ausführern den konzerninternen Technologiertransfer in bestimmte Länder und verlangt für die Verwendung folgende Voraussetzungen:

  • Innerbetriebliches Exportkontrollsystem (ICP Internal Compliance Program)
  • Sitz der Muttergesellschaft in der Europäischen Union bzw. in einem Land der EU 001
  • Rückbeförderung der Software/Technologie

Die Allgemeingenehmigung EU008 bezieht sich auf die Ausfuhr bestimmter Verschlüsselungsgüter.

Weil national bereits die AG Nr. 16 besteht, können Exporteure zwischen der EU 008 und der AG Nr. 18 wählen – sie sind inhaltsgleich.

Liegen die Voraussetzungen einer AGG vor, ist ein Export auch ohne gesonderte Antragstellung möglich und verkürzt für Unternehmen so den Verwaltungsprozess und gewährt Unternehmen damit mehr Planungssicherheit und ermöglicht verkürzte Lieferzeiten.

Ausführer: Europäische & nationale Güterlisten beachten

Vor allem Unternehmen, die Güter für digitale Überwachung exportieren, müssen mit Inkrafttreten strengere Kontrollvorschriften einhalten und beachten.

Unternehmen sollten dabei aber nicht ausschließlich der Güterliste im Anhang der Dual-Use-Verordnung Beachtung schenken.

Auch aus den deutschen Güterlisten (so z.B. die am 29. Oktober 2020 in Kraft getretene Ausfuhrliste) und den Güterlisten anderer EU-Mitgliedstaaten können sich von der Verordnung abweichende Genehmigungspflichten ergeben!

Zwar werden die meisten Güter mit doppeltem Verwendungszweck bereits von der Dual-Use-Verordnung erfasst – nationale Erweiterungen in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten sind jedoch ausdrücklich zugelassen und daher möglich.

Eine solche Liste muss allerdings zwingend im Amtsblatt der EU-Kommission veröffentlicht worden sein.

Außerdem muss es sich dabei um eine Güterliste handeln, die die Ausfuhr aufgrund von Menschenrechtserwägungen oder der öffentlichen Sicherheit verbietet oder einer Genehmigungspflicht unterwirft.

Da das Risiko einer möglichen Sanktionierung bei Verstoß gegen die Dual-Use-Verordnung hoch ist, empfiehlt sich für Unternehmen daher eine umfassende Prüfung der Ausfuhrvorgänge gegen sämtliche Güterlisten.

Weil das in größeren Unternehmen schnell sehr umfangreich ausfallen kann, ist auch eine externe Prüfung und Auslagerung der Exportkontrolle sinnvoll.

Dual-Use-Verordnung 2021: Folgen für die Praxis

Auch im Punkt Harmonisierung hat sich etwas getan: Viele Definitionen in der neuen Dual-Use-Verordnung stimmen mit denen aus dem EU-Zollrecht überein. Dies sorgt auf jeden Fall für mehr Klarheit und Struktur bei der Anwendung von EU-Recht.  

Einige Punkte allerdings sorgen für Rechtsunsicherheit und müssen wohl im Wege der Praxis, ggf, durch Gerichtsverfahren geklärt werden.

Denn: Wann eine Menschenrechtsverletzung als schwerwiegend einzuordnen ist, geht bislang noch nicht aus der neuen Verordnung hervor.

Zudem finden sich keine Anhaltspunkte dafür, wann eine einschlägige Technologie dazu geeignet, die Sicherheitsinteressen der Union oder ihrer Mitgliedstaaten zu bedrohen.

Ausführer: Innerbetriebliche Compliance-Programme updaten!

Weil die neue Dual-Use-Verordnung u.a. den Artikel 4 der alten Dual-Use-Verordnung neu sortiert hat und auch Güterlisten anderer EU-Mitgliedstaaten bei der Ausfuhrkontrolle relevant werden, sollten Ausführer alte Compliance-Prozesse anpassen.

Ein Internal Compliance Program (ICP) ist bisher keine Pflicht für Ausführer, für die Verwendung der AG EU 007 aber zwingend Voraussetzung und daher ausgesprochen sinnvoll und effizient.

Außerdem gibt es Bedenken im Hinblick auf die Regelungen zur Erbringung technischer Unterstützung:

Insbesondere akademische und Forschungseinrichtungen könnten hiervon betroffen sein, sofern man den freien Austausch von Ideen in einem Hochtechnologieumfeld als kontrollierte Technologie auffasst.

Die EU-Kommission hat angekündigt, Leitlinien zur Verfügung zu stellen, um diesbezüglich mehr Klarheit zu schaffen.

Eins hat die Europäische Kommission außerdem im Gesetzgebungsverfahren bekräftigt: Die Ausfuhr von Informations- und Kommunikationstechnik, die z.B. für die Strafverfolgung und die Forschung im Bereich der Internetsicherheit verwendet wird, soll durch die neue Verordnung nicht erschwert werden.

Ausführer, vor allem Unternehmen, die in der Branche für digitale Überwachungstechnik tätig sind oder die Allgemeingenehmigung AG EU 007 für die Ausfuhr konzerninterner Software und Technologie verwenden wollen, sollten sich mit dem Regelwerk vertraut machen und interne Compliance-Strukturen anpassen – bis zum 09. September 2021 ist noch Zeit.

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Dieser Artikel wurde am 6. Juli 2020 erstellt. Die fachliche Zweitprüfung hat Rechtsanwalt Dr. Tristan Wegner durchgeführt.

Ihr Ansprechpartner

  • Anton Schmoll

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  • Rechtsanwalt Anton Schmoll berät im Zollrecht, zum Außenwirtschaftsgesetz und zur Verbrauchssteuer. Er ist seit 2013 für die Kanzlei tätig und hat seitdem in zahlreichen Verfahren vor dem Bundesfinanzhof und der Europäischen Kommission das Zollrecht maßgeblich weiterentwickelt.