Wird ein Embargo verhängt oder werden Sanktionen eingeführt, kann der Handel mit einem Staat empfindlich gestört werden. Ein Dauerbrenner bei den Sanktionen sind insbesondere die Iran Sanktionen. Seit einigen Jahren zählen auch die Sanktionen gegen Russland dazu. Werden neue Sanktionen eingeführt, stellt sich für Unternehmen oft die Frage, wie bestehende Lieferverträge noch mit dem Handelspartner erfüllt werden sollen. Embargo.

Merke: Zu unterscheiden ist stets, ob ein Totalembargo, Teilembargo oder bloße Sanktionen vorliegen.

Zunächst muss man natürlich einmal unterscheiden, ob tatsächlich ein Embargo oder nur Sanktionen vorliegen. Ein Embargo ist das umfassende Verbot, mit einem bestimmten Staat Handel zu treiben. Ein Embargo in Form eines Totalembargos kommt äußerst selten vor. Meist bezieht sich das Embargo nur auf einen Teilbereich, wie zum Beispiel ein Waffenembargo oder Finanzembargo.

Ein Totalembargo hatten in der Vergangenheit lediglich die vereinigten Staaten von Amerika gegenüber Kuba verhängt.

Meist werden nur einzelne Sanktionen verhängt, sodass bestimmte Geschäftszweige von der Wirtschaftsaktivität abgeschnitten werden sollen. Auch bei den Maßnahmen gegen den Iran oder Russland handelt es sich lediglich um Sanktionen für bestimmte Bereiche und nicht um ein Totalembargo. Der Handel mit diesen Ländern ist also grundsätzlich möglich, wenn auch im Detail mitunter stark eingeschränkt.

Zusammenfassung:

Im Falle von unerwartet verhängten Sanktionen oder Embargos gilt folgendes

  • Nach deutschem Recht liegt Unmöglichkeit vor, die Leistungspflichten werden aufgehoben
  • Ob deutsches Recht gilt muss aber erst ermittelt werden
  • kann keine Partei etwas für die Sanktionen, sind Schadensersatzansprüche nach deutschem Recht ausgeschlossen
  • erhält der Verkäufer eine bloße Ausfuhrlizenz des BAFA nicht und schuldet er nach dem Vertrag den Export, macht er sich schadensersatzpflichtig, wenn der Vertrag keine Exportklausel enthält

Höhere Gewalt bei Embargos

Werden Sanktionen oder ein Embargo verhängt, versuchen Kaufleute sich oft auf höhere Gewalt (force majeure) zu berufen.

Ob dieses möglich ist, hängt von verschiedenen Voraussetzungen ab. Zunächst stellt sich einmal die Frage, welches Recht auf den Vertrag überhaupt anwendbar ist. Das muss nicht unbedingt deutsches Recht sein, sondern kann im grenzüberschreitenden Handel beispielsweise auch das UN-Kaufrecht sein.

Ist also das anwendbare Recht ermittelt und kommt man zu deutschem Recht, so liegt im Falle eines Ausfuhrverbot durch Sanktionen oder Embargos im Regelfall eine sogenannte Unmöglichkeit vor. Diese entbindet die Partei von ihrer Leistungspflicht. Auch Ansprüche auf Schadensersatz sind ausgeschlossen, weil im Falle einer Unmöglichkeit im Regelfall das deutsche Unternehmen nichts dafür kann, dass Sanktionen verhängt worden sind.

Die Rechtsprechung in Deutschland hat anerkannt, dass Unmöglichkeit grundsätzlich bei der nachträglichen Einführung von Ausfuhrverboten, Einfuhrverboten oder Handelsembargos angewendet werden kann.

Eine bloße Erhöhung der Zollsätze ist kein Fall von force majeure

Dabei ist aber zu bemerken, dass eine bloße Erschwerung des Imports, z.B. bei der Erhöhung von Zollsätzen (so wie im Handelskonflikt zwischen der EU und den USA) Nicht zu höherer Gewalt führt. Höhere Gewalt liegt nur dann vor, wenn der Import schlichtweg unmöglich ist, nicht aber wenn er bloß erschwert oder unwirtschaftlich geworden ist.

In diesen Fällen sind sogenannter hat Hardship-Klauseln einschlägig, sofern der Vertrag für den beinhaltet.

Handelsvertrag kann bei Sanktionsverstoß nichtig sein

Die Gerichte haben sich auch damit beschäftigte, dass unter Umständen ein gesamter Liefervertrag nichtig sein kann, wenn dieser nur unter Missachtung von Vorschriften des Außenwirtschaftsgesetzes erfüllt werden kann. Unter Umständen ist auch denkbar, dass der Vertrag wegen Sittenwidrigkeit nichtig ist. Ebenso ist bei Sanktionen ein Wegfall der Geschäftsgrundlage denkbar. Das ist aber stets eine Frage des Einzelfalls.

Kommt nicht das deutsche Recht zur Anwendung, sondern beispielsweise das UN-Kaufrecht, so kennt auch dieses eine Bestimmung, wonach bei höherer Gewalt die Leistungspflichten ausgesetzt werden. Auch hier sind Handelssanktionen grundsätzlich als ein Grund höherer Gewalt anerkannt.

Force majeure Klausel geht vor

Die betroffenen Unternehmen sollten allerdings stets prüfen, ob der ausgehandelte Vertrag auch noch eine Klausel zum Aspekt höherer Gewalt beinhaltet. Mitunter sind diese Klauseln so formuliert, dass eine Berufung auf höhere Gewalt nur dann möglich ist, wenn eine rechtzeitige Benachrichtigung erfolgt. Auch hier können Risiken im Einzelfall bestehen.

Keine höhere Gewalt bei fehlender Ausfuhrgenehmigung

Anders mag die Situation freilich aussehen, wenn die Lieferung nicht aufgrund eines Embargos oder konkreter Sanktionen allgemein blockiert wird, sondern der Verkäufer beim BAFA schlichtweg keine Ausfuhrgenehmigung erhält und deswegen nicht liefern kann. Schuldet der Verkäufer nach den Vertragsbedingungen oder Incoterms auch den Export, so trägt er das Risiko, wenn er die Ausfuhrgenehmigung nicht erhält. Insofern muss der internationale Handelsvertrag zwingend eine Exportkontrollklausel enthalten, damit der Verkäufer sich vom Vertrag lösen kann, wenn er die Ausfuhrgenehmigung nicht erhalten hat. Anderenfalls macht er sich schadensersatzpflichtig.

Diese Klausel ist insbesondere dann wichtig, wenn langfristige oder Rahmenverträge abgeschlossen werden. Denn während der Lebensdauer eines Vertrages kann sich die politische und rechtliche Lage durchaus ändern, sodass bei Folgelieferungen keine Ausfuhrerlaubnis mehr erteilt wird.

Vertragsgestaltung rechtzeitig im Blick behalten

Zeichnet sich ab, dass neue Sanktionen im internationalen Handel drohen, so sind Unternehmen gut beraten schon bei der Vertragsgestaltung diese Konstellation mit zu bedenken und im Rahmen einer besonderen Klausel oder bei der Anpassung der force majeure Klausel zu berücksichtigen

Dieser Artikel wurde am 4. Mai 2019 erstellt. Er wurde am 29. Juni 2023 aktualisiert. Die fachliche Zweitprüfung hat Rechtsanwalt Dr. Tristan Wegner durchgeführt.

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  • Dr. Tristan Wegner ist seit 2013 als Rechtsanwalt im internationalen Handels- und Transportrecht tätig und hat über 10 Jahre Erfahrung. Er ist Fachanwalt für Transport- und Speditionsrecht. Er ist geschäftsführender Partner der Kanzlei. Herr Dr. Wegner war für eine international führende Kanzlei im Zoll– und Außenwirtschaftsrecht sowie für die Zollfahndung tätig und hat zum internationalen Handel promoviert. Rechtsanwalt Dr. Wegner ist regelmäßig in der Fachpresse und veröffentlicht Aufsätze. Er ist Mitglied im Versicherungswissenschaftlichen Verein Hamburg, der Deutschen Initiative junger Schiedsrechtler (DIS40) sowie dem Europäischen Forum für Außenwirtschaft, Verbrauchsteuern und Zoll, dem Verein für Seerecht und der GMAA. Er ist zudem Dozent und Lehrbeauftragter an der Universität Hamburg.