Der Europäische Gerichtshof hat in einem aktuellen Urteil entschieden, dass Spediteure unter Umständen nicht berechtigt sind, die Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer abzuziehen. Das Urteil des Gerichtshofs vom 25. Juni 2015 (Rechtssache C‑187/14) dürfte sich für viele Spediteure bereits als richtungsweisend darstellen.

Im Versandverfahren entzogene Ware

Dem Urteil des Gerichtshofes lag die Klage einer dänischen Spedition zugrunde. Diese hatte 148 bzw. 703 Packstücke mit Elektronikprodukten vom Freihafen in Kopenhagen (Dänemark) nach Jönköping (Schweden) im externen Versandverfahren zu transportieren. Da der Empfänger die Annahme in Schweden verweigert hatte, wurde die Ware wieder zurück nach Dänemark transportiert. Dabei wurde die Ware aber nicht ordnungsgemäß gestellt. Später erfolte dann ein erneuter Transport nach Schweden und die Ware wurde angenommen. Der EuGH äußerte sich unter anderem zu der Frage, ob die Durchführung eines zweiten Versandverfahrens das erste, fehlerhaft durchgeführte Versandverfahren, heilen konnte.

Der EuGH führte dazu aus, dass ein Entziehen aus der zollamtlichen Überwachung nicht vorliege, wenn Waren nach einem erfolglosen Lieferversuch in den Ausgangsfreihafen zurückgebracht werden, ohne der Bestimmungszollstelle oder der Zollstelle des Freihafens gestellt worden zu sein. Voraussetzung ist aber, dass erwiesen sein muss, dass es sich beim zweiten Versandverfahren um dieselben Waren handelte, die erneut an ihren Bestimmungsort befördert wurden. Da dieses teilweise nicht der Fall war, waren die Einfuhrabgaben teilweise entstanden.

Kein Vorsteuerabzug für Spediteure bzgl. Einfuhrumsatzsteuer

Das dänische Mehrwertsteuerrecht sah vor, dass der Spediteuer oder Frachtführer, der weder Eigentümer noch Einführer ist, die Einfuhrumsatzsteuer nicht abziehen dürfe. Dagegen hatte sich die klagende Spedition gewandt. Sie argumentierte, dass diese Regelung gegen die Mehrwertsteuerrichtlinie verstoße.

Der Europäische Gerichtshof äußerte, dass die Mehrwertsteuerrichtlinie im vorliegenden Fall gar nicht anwendbar war. Denn gem. Art. 168 Buchst. e der Mehrwertsteuerrichtlinie besteht ein Recht auf Vorsteuerabzug nur, soweit die eingeführten Gegenstände für die Zwecke der besteuerten Umsätze des Steuerpflichtigen verwendet werden. Dieses sei bei einem Spediteur aber nicht der Fall, weil sich der Wert der Ware nicht bei den in Rechnung gestellten Frachten widerspiegele.

Der EuGH hat die dänische Regelung daher nicht beanstandet, sodass der Spediteur nach dänischem Recht keinen Vorsteuerabzug geltend machen konnte.

Anhängiges Verfahren des FG Hamburg zur EUSt

Derzeit ist beim Europäischen Gerichtshof auch ein weiteres Verfahren anhängig, das sich mit der Frage beschäftigt, ob ein Spediteur die Einfuhrumsatzsteuer im Wege des Vorsteuerabzuges geltend machen kann. Das FG Hamburg war der Meinung, dass dieses möglich sein müsse. Das Verfahren ist derzeit beim Bundesfinanzhof anhängig. Wie hier vor dem Hintergrund dieser Entscheidung entschieden wird, muss abgewartet werden.

Dieser Artikel wurde am 13. Juli 2015 erstellt. Die fachliche Zweitprüfung hat Rechtsanwalt Dr. Tristan Wegner durchgeführt.

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  • Rechtsanwalt Anton Schmoll berät im Zollrecht, zum Außenwirtschaftsgesetz und zur Verbrauchssteuer. Er ist seit 2013 für die Kanzlei tätig und hat seitdem in zahlreichen Verfahren vor dem Bundesfinanzhof und der Europäischen Kommission das Zollrecht maßgeblich weiterentwickelt.